Jack Abramoff genoss es , als «Super-Lobbyist» mit Kontakten in höchste US-Regierungskreise, wenn er seine Macht zeigen und die Puppen, sprich Parlamentarier, auf Capitol Hill tanzen lassen konnte. Damit dürfte es für den 46jährigen vorerst vorbei sein. Abramoff ging nach monatelangen Verhandlungen jetzt mit dem US-Justizministerium einen Deal ein. Er «packt aus» und erzählt dem Generalstaatsanwalt, welche Politiker er mit wieviel Geld und Gefälligkeiten «unterstützt» hat. Sie sollten im Gegenzug für Gesetze stimmen, die Abramoffs Geschäftspartnern nützten. Zum Beispiel Steuererleichterungen.
Geringere Haftstrafe als Lohn für die Kooperation
Dafür erhielt Washingtons bekanntester Ex-Lobbyist die Zusicherung, dass er eine weitaus geringere Haftstrafe als sonst üblich bekommt. Der unter anderem wegen Betrug, Verschwörung und Steuerhinterziehung angeklagte Abramoff muss sich jedoch trotzdem noch darauf einrichten, daß er die nächsten zehn Jahre hinter Gittern verbringt und eine Geldstrafe von 25 Millionen Dollar (21 Millionen Euro) zahlen muss.
Zittern auf dem Kapitol
Im Kapitol der US-Hauptstadt geht nach dem Handel Abramoffs mit der Justiz die Angst um. Man spricht davon, dass «mindestens 20 Abgeordnete und Helfer» von dem Lobbyisten unterstützt wurden. Die Nachricht, dass Abramoff quasi als Kronzeuge auftreten würde, kam völlig überraschend. Über ein Jahr lang hatte er in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen und zahlreichen Vernehmungen durch Beamte der Bundespolizei FBI immer wieder jede Schuld abgestritten.
«Grand Old Party» (GOP) dürfte Schaden nehmen
Auf Anraten seiner Anwälte gab der Mann, der mit seinem breitkrempigen Hut und dem schwarzen Trenchcoat oft an einen Mafioso erinnert, jetzt doch klein bei. Die Drohung der Staatsanwaltschaft, ihn für «mindestens 30 Jahre, vielleicht sogar lebenslang» hinter Gitter zu bringen, haben den Mann, der im vergangenen Jahrzehnt die Lobbying-Szene in Washington beherrschte und zahlreiche Politiker mit Wahlspenden, teuren Reisen, Golfausflügen und anderen Geschenken gewogen machte, wohl doch weichgekocht. Washington-Insider halten es für möglich, dass Abramoffs Aussagen für den grössten politischen Korruptionsskandal in der Geschichte der USA sorgen könnten. Die Staatsanwaltschaft nennt keine Namen, doch bekannt ist, daß grösstenteils Parlamentarier der republikanischen «Grand Old Party» (GOP) von US-Präsident George W. Bush verstrickt sind.
Bush distanziert sich via Pressesprecher
So ist es kein Geheimnis, dass Abramoff ein enger Freund des ehemaligen GOP-Fraktionsvorsitzenden Tom DeLay ist. DeLay musste vergangenes Jahr von seinem Posten zurücktreten, nachdem er in anderer Sache der Geldwäscherei und des Betruges angeklagt wurde. Auch Bob Ney, der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses des US-Repräsentantenhauses, wird zu erklären haben, warum er auf Einladung Abramoffs zum Urlauben in die Südsee und zum Golfen nach Schottland geflogen ist. Die grosse Frage in Washington ist nun, ob auch der Präsident in dem korrupten Netzwerk von Abramoff eine Rolle gespielt hat. Scott McClellan, der Pressesprecher des Weissen Hauses, wies solche Verdächtigungen entschieden zurück, nannte Abramoffs Verhalten «verwerflich» und forderte, dass der Lobbyist «mit der vollen Härte des Gesetzes» bestraft werden müsse. Darüber, dass sich George W. Bush und Abramoff persönlich kennen, wollte McClellan nicht sprechen. Auch nicht darüber, dass der zukünftige Häftling die Kampagne zur Wiederwahl Bushs im Jahre 2004 mit über 100 000 Dollar unterstützt hat.
(Hamburger Abendblatt/mc/hfu)