In der Stadt Zürich findet in einer von fünf Wohnungen jährlich ein Wechsel statt. Somit suggeriert die jüngste veröffentlichte offizielle Leerwohnungszifferstatistik des Bundesamts für Statistik (BFS) eine zu geringe Verfügbarkeit von Wohnraum.
Hohe Umzugshäufigkeit
Um ein zuverlässiges Bild über die aktuelle Dynamik im Schweizer Wohnungsmarkt zu gewinnen, hat die Zürcher Kantonalbank (ZKB) im Auftrag von homegate.ch erstmals eine Auswertung der Nachsendeaufträge vorgenommen, welche der Schweizer Post zwischen Juni 2009 und Juni 2010 gemeldet wurden. Hinzu kommen aktuelle Daten zur Migration aus dem Ausland in die Schweiz. Damit lässt sich ein aktuelles Bild über die Dynamik des Schweizer Wohnungsmarktes gewinnen, der durch eine hohe Umzugshäufigkeit gekennzeichnet ist. Ein Mieter- oder Eigentümerwechsel findet beinahe eine halbe Million Mal (493’000) pro Jahr statt. Dies entspricht 12,7 Prozent des Wohnungsbestandes.
Dynamische Deutschschweiz, sesshafte Genfer
Die grösseren Agglomerationen der Deutschschweiz zeichnen sich trotz tiefem Leerwohnungsbestand durch eine besonders hohe Umzugsfrequenz aus.
In Zürich wird am meisten umgezogen
Im Kanton Zürich wechselten zwischen Juni 2009 und Juni 2010 100’000 Haushalte ihren Wohnsitz. Dies entspricht einer jährlichen Umzugsrate von 15,2 Prozent. In 88 Prozent der Fälle handelte es sich um eine Binnenwanderung: Die neuen Bewohner kamen also aus dem Kanton Zürich oder aus der übrigen Schweiz. Bei den weiteren 12 Prozent handelt es sich um Haushalte, die direkt aus dem Ausland zugezogen sind. Vorläufige Schätzungen für die Stadt Zürich zeigen, dass der Anteil der Zuzüge aus dem Ausland in die Stadt wesentlich höher ist (ca. 25 Prozent). Genauere Ausgaben können allerdings nur auf Kantonsstufe gemacht werden.
Zug, Basel-Stadt und Fribourg: Rege Umzugsdynamik
Während der Untersuchungsperiode fielen die Kantone Zug (14,8 Prozent), Basel-Stadt (14,5 Prozent) und Fribourg (13,9 Prozent) ebenfalls durch eine rege Umzugsdynamik auf.
Genf, Uri, Graubünden und Wallis: Tiefe Umzugshäufigkeit
Deutlich sesshafter waren die Haushalte im Kanton Genf, wo lediglich 11,3 Prozent der Haushalte ihre Bleibe wechselten. Damit entspricht die gemessene Umzugshäufigkeit im Kanton Genf jene des eher ländlich geprägten Kantons Jura. Im Gegensatz zum Kanton Jura ist der Genfer Wohnungsmarkt jedoch sehr international: Der Anteil Zuzüge aus dem Ausland ist mit 27 Prozent schweizweit am höchsten. Die tiefsten Umzugsquoten werden in den Bergkantonen Uri (8,2 Prozent), Graubünden (8,5 Prozent) und Wallis (9,4 Prozent) verzeichnet. Die tiefe Umzugshäufigkeit in diesen drei Kantonen und im Tessin (8,4 Prozent) dürfte auf die hohen Eigenheimquoten zurückzuführen sein.
Verzerrtes Bild der Leerwohnungsstatistik
In der Schweiz hat die Zählung der leerstehenden Wohnungen eine lange Tradition. Bereits in den 1920er-Jahren wurden entsprechende Erhebungen durchgeführt. Die heute vom Bundesamt für Statistik (BFS) veröffentlichte Zahl von 0,94 Prozent stellt jedoch in vielen Regionen kein aussagekräftiges Mass für die Verfügbarkeit von Wohnraum dar. Die offizielle Leerwohnungsstatistik des BFS wird gemeinhin als Indikator für die Verfügbarkeit von Wohnraum interpretiert. Nicht zuletzt dank Online-Inseraten konnte jedoch die Zeit zwischen zwei Vermietungen in den letzten Jahren stark reduziert werden, so dass es meistens zu einem Mieterwechsel ohne Leerstand kommt.
Statistik registriert nur Erhebungstag
Weiter registriert die amtliche Statistik nur die Zustände am Erhebungstag (1. Juni). Die Verfügbarkeit von Wohnraum hängt jedoch auch von der Geschwindigkeit ab, mit der leer stehende Wohnungen vom Markt absorbiert werden bzw. wieder vermietet oder verkauft werden. In den Grossstädten bleiben Wohnungen bekanntlich weniger lange leer als an peripheren Lagen. Der tiefere Leerwohnungsbestand in den Städten wird also mindestens teilweise durch den hohen Umschlag der Wohnungen wettgemacht. Dies wäre zu berücksichtigen, wenn aussagekräftige Vergleiche zwischen den Kantonen oder zwischen den Gemeinden angestellt werden müssen.
Die Tücken der Leerwohnungsziffer
Der Kanton Genf weist eine Leerwohnungsziffer von 0,2 Prozent auf, drei Mal tiefer als die der Kantone Basel Stadt und Basel Land, wo sie insgesamt 0,6 Prozent beträgt. Der Wohnungsbestand ist in Genf und in den beiden Basel in etwa gleich gross. Kann man daraus schliessen, dass die Chance, in einem bestimmten Jahr eine leere Wohnung in Basel zu finden, drei Mal höher ist als in Genf? Keineswegs. Auf homegate.ch beträgt die Verweildauer einer Genfer Mietwohnung durchschnittlich 10 Tage – in der Region Basel sind es 30 Tage. Nimmt man an, dass die 496 am 1. Juni 2010 leer stehenden Genfer Wohnungen nach 10 Tagen einen Nachmieter gefunden haben, beträgt die Anzahl der in einem Jahr im Kanton Genf neu belegten Wohnungen 18’100. In den beiden Basel liegt die entsprechende Zahl bei 20’100 – also nur unwesentlich mehr.
Umzugsziffer als Alternative
Die Tücken der Leerwohnungszählung – und die Vorteile der Verwendung einer Umzugsziffer als Alternative – sind insbesondere in der Stadt Zürich auffallend, wo am 1. Juni offiziell nur 136 Wohnungen leer standen. Am gleichen Tag waren jedoch alleine auf homegate.ch 1’071 Wohnungen zur Vermietung ausgeschrieben. Die von der offiziellen Statistik suggerierte Wohnungsknappheit ist also zu relativieren: In der Stadt Zürich dürfte die tatsächliche Verfügbarkeit von Wohnraum zehn Mal höher liegen als durch die Leerwohnungsziffer impliziert. In der Tat beträgt die von der ZKB für homegate.ch berechnete Umzugsziffer in der Stadt Zürich hohe 19 Prozent – pro Jahr zieht einer von fünf Stadtzürcher Haushalten um.
Jede zweite Wohnung auf homegate.ch
Die erste zuverlässige Schätzung der Anzahl Umzüge in der Schweiz erlaubt ebenfalls Rückschlüsse zum Insertionsverhalten von Vermietungen und von Mietern auf der Suche nach einem Nachmieter. So zeigt sich, dass 61 Prozent aller während der Untersuchungsperiode neu vermieteten Wohnungen im Kanton Zürich auf homegate.ch angeboten wurden. Im Kanton Basel-Stadt beträgt dieser Anteil 58 Prozent, im Waadt 53 Prozent. Am wenigsten im Internet angeworben wurden die Mieter und Eigentümer der Kantone Obwalden (17 Prozent), Uri (16 Prozent) und Appenzell Innerrhoden (9 Prozent). Insgesamt wurden ca. 53 Prozent der letztes Jahr in der Schweiz neu zur Vermietung oder zum Verkauf angebotenen Wohnungen auf homegate.ch inseriert. (homegate.ch/mc/ps)
Über den homegate.ch-Umzugsreport
Der Umzugsreport von homegate.ch wird halbjährlich von der ZKB-Immobilienresearch berechnet. Grundlage bilden alle der Post gemeldeten Adressänderungen sowie die Angaben des Bundesamts für Migrationen zur Einwanderung nach Kantonen.