Jean-Daniel Pasche, Präsident Verband CH-Uhrenindustrie: «Eine Uhr kann nie vollständig kopiert werden»

Moneycab: Herr Pasche, die Uhrenexporte aus der Schweiz haben im ersten Halbjahr2005 gegenüber dem Vorjahr um 11 Prozent auf 5,6 Milliarden Franken zugelegt. Vor allem Amerikaner und Chinesen tragen Schweizer Uhren. Was macht unsere Uhren im Ausland gegenüber Fabrikaten anderer Länder so attraktiv?


Jean-Daniel Pasche: Der Erfolg unserer Uhren ist auf die Suche nach hochwertiger Qualität und auf die vielseitigen Designs zuzuführen. Die Marken versuchen laufend die Modelle zu erneuen oder anzupassen. Dieser Wille nach ständiger Entwicklung betrifft auch die technischen Innovationen.

«In China haben wir vor ein einigen Jahren Massnahmen ergriffen, um Fälschungen beschlagnahmen und zerstören zu können. Dieses Programm werden wir noch verschärfen.» Jean-Daniel Pasche, Präsident Verband Schweizer Uhrenindustrie FH

Auf der anderen Seite weisen die Exporte nach Thailand (-14,9%) und Russland (-6,2%) im abgelaufenen Halbjahr rückläufige Zahlen auf. Wo sind die Gründe dafür zu suchen?

Die Exporte nach Thailand und nach Russland sind im 2004 um 4,5 Prozent, bzw. 17,1 Prozent gewachsen. Die Rückgänge im ersten Halbjahr sind vorläufig und wir bleiben zuversichtlich, dass sich diese beiden Märkte zukünftig noch entwickeln werden.

Anlässlich des Besuchs von Bundesrat Joseph Deiss in Peking hat der chinesische Handelsminister Bo Xilai auf eine Anmerkung aus Ihrer Delegation lächelnd erwidert, er denke, dass die Schweizer Uhren so hoch entwickelt seien, dass sie fälschungssicher sind. Teilen Sie diese Ansicht?

Herr Xilai ist voll von Humor. Man kann nur das Aussehen einer Uhr nachahmen, um ihr die Illusion eines Schweizer Fabrikats zu verleihen. Aber man kann aber eine Uhr als solche nicht vollständig kopieren. Das beginnt schon mit dem Uhrwerk, das bei Fälschungen nie ein Original ist.

Gibt es Ansätze zu einer Zusammenarbeit mit China, um dem grassierenden Problem der Fälschungen von Schweizer Uhren Herr zu werden und wo sehen Sie Handlungsbedarf?

In China haben wir vor ein einigen Jahren Massnahmen ergriffen, um Fälschungen beschlagnahmen und zerstören zu können. Dieses Programm werden wir noch verschärfen. Die Kooperation mit den Behörden ist in der Zwischenzeit besser geworden, aber es wird noch viele Anstrengungen erfordern, bis wir dieses Problem in China eindämmen können. Das Land ist so gross.

Nach Einschätzung der UBS dürfte die Schweizer Wirtschaft im zweiten Halbjahr 05 merklich zulegen. Wie beurteilen Sie die Entwicklungschancen auf dem hiesigen Uhrenmarkt?

Der Uhrenmarkt in der Schweiz ist ein schwieriger Markt; er hängt von der Konsumlust der Bevölkerung ab. Bekanntlich ist diese Lust zurzeit ziemlich gedämpft. Wir rechnen aber auch mit den Touristen. Immerhin scheint der Markt heuer besser zu sein als im letzten Jahr, aber er bleibt insgesamt trotzdem verhalten.

Damit einhergehen dürften auch die um satte 23,3 Prozent gestiegenen Werbeausgaben für Schweizer Uhren im Inland. Sind wir allgemein zu wenig informiert über eines unserer Aushängeschilder?

Der Schweizer Markt ist generell sehr umkämpft. Trotz ihrer Berühmtheit sind die Marken daher gezwungen, viel zu kommunizieren. Die Uhr steht in Konkurrenz mit anderen Produkten und Dienstleistungen.


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Ende 2004 beschäftigte die Schweizer Uhrenindustrie noch 39´998 Angestellte, 1,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend fortsetzt und woran liegt das?

Der Zahl der Angestellten ist seit mehreren Jahren eher stabil geblieben. Bis 2003 verzeichneten wir während mehreren Jahren stets einen leichten Anstieg der Beschäftigtenzahl. Ich glaube daher nicht, dass sich die Abnahme von 2004 fortsetzen wird.

Mit dem Verweis, die Konkurrenz mache es auch so, halten grosse Schweizer Uhrenfabrikanten ihre genauen Umsatzzahlen jeweils unter Verschluss. Wäre aus Sicht des Verbandes mehr Transparenz nicht wünschenswert?

Für uns ist die Entwicklung der Schweizer Uhrenindustrie als solche wichtig. Die Politik der Marken stört uns nicht.

Kürzlich haben die Präsidenten von fünf Wirtschaftsverbänden, darunter auch der Verband der Schweizer Uhrenindustrie FH, vor den Medien die Wichtigkeit der Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Länder unterstrichen. Aufgrund welcher Überlegungen engagiert sich Ihr Verband für ein Ja am 25. September?

Unsere Industrie braucht Ausländer, um sich zu entwickeln. Es sind zu wenige Schweizer, die sich in der Uhrenindustrie einsetzen. Viele Marken sind in der Schweiz tätig und alle sind auf fähiges Personal angewiesen. Die erweiterte Personenfreizügigkeit hilft daher unserer Industrie. Bei einem Nein am 25. September wäre zudem ein Guillotine-Effekt zu befürchten: die Personenfreizügigkeit mit den Nachbarländern ist für uns aber unabdingbar. Die Personenfreizügigkeit ist auch wichtig, damit Schweizer in der ganzen EU arbeiten können, um zum Beispiel um Vertriebsnetze und Kundendienste zu etablieren.


Eine persönliche Frage zum Schluss: Verraten Sie uns, was für eine Uhr das Handgelenk des Verbandspräsidenten ziert?

Ich habe mehrere Uhren. Aber ich trage gerne eine Omega Constellation. Sie ist ein Geschenk von meinen Eltern. Mein Vater hat bei Omega gearbeitet.

Herr Pasche, wir bedanken uns für dieses Interview. (stö)





Jean-Daniel Pasche
Jahrgang 1956 von Servion (VD)

Doktor der Rechtswissenschaften, Universität Neuenburg 

1982-1993 nbsp; Eidg. Institut für Geistiges Eigentum als Anwalt, Leiter der Abteilung Handelsmarken  und anschliessend als Vize-Direktor
1993-2002 nbsp; Direktor des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie FH
Seit 2002 Präsident des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie FH 

Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH
Der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH, mit Hauptsitz in Biel, ist die führende Schweizer Uhren-Handelsorganisation. Der private Non-Profit-Verband repräsentiert mit mehr als 500 Mitgliedern über 90 Prozent der Schweizer Uhrenhersteller. Die Organisation trägt zur Entwicklung der Schweizer Uhrenindustrie bei, schafft dauerhafte Verbindungen unter den Mitgliedern und vertritt die gemeinsamen Interessen. Zudem vertritt der Verband die Uhrenindustrie gegenüber in- und ausländischen Behörden und Organisationen und wahrt die Interessen der Mitglieder sowohl in Gesetzgebungsprozessen als auch in internationalen Verhandlungen.

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