Jean-Pierre Roth zieht mehrheitlich positive Bilanz der Geldpolitik
Auf politischer Ebene habe die Preisstabilität gewährleistet werden können, ohne dass sich die konjunkturelle Entwicklung in grösserem Masse verschlechtert habe, so der SNB-Präsident weiter. Dennoch habe das Umfeld einige Schocks miterlebt. Dabei verweist der oberste Währungshüter auf die Schaffung des Euros, internationale Turbulenzen und die Finanzkrise.
Inflationsprognosen erlauben überlegtes Handeln
Die quartalsweise Inflationsprognose mit Hilfe einer breiten Palette von Indikatoren und Modellen habe sich als äusserst nützlich erwiesen, so Roth weiter. Die SNB habe sich von den Inflationsprognosen bei ihren Leitzins-Entscheidungen erfolgreich leiten lassen. Darüber hinaus hätten die Inflationsprognosen auch bei einem Zinsniveau nahe der Null-Prozentmarke eine grobe Inflationssteuerung mit Hilfe unkonventioneller Massnahmen ermöglicht, sagte der SNB-Präsident im Hinblick auf das so genannte «quantitative easing». Die Inflationsprognose habe zu überlegtem Handeln angehalten und zeige damit auch den Weg auf, welcher die SNB mit ihrer Politik weiter gehen wolle.
«Kühnes Wagnis»
Auf die operative Ebene bezogen, sagte Roth, die Entscheidung, den Dreimonats-Libor zu steuern sei ein kühnes Wagnis gewesen, habe sich aber ausbezahlt. Der SNB-Präsident verwies dabei auf die Schwierigkeit, Einfluss auf den Libor zunehmen. Dies sei über die Kredittätigkeit der SNB nicht direkt möglich und grösstenteils von den Marktkräften abhängig und daher von der Wahrnehmung der Politik der Nationalbank.
Keine magische Formel
Es habe sich aber gelohnt, weil die SNB damit die Kreditkonditionen in der Schweiz habe beeinflussen können, was vor allem während der Finanzkrise sehr nützlich gewesen sei. Im Verlauf der letzten zehn Jahre habe die SNB immer versucht, den Dreimonats-Libor so zu beeinflussen, dass die besten Konditionen für die Entwicklung der Schweizer Wirtschaft entstünden, so Roth. Trotzdem habe die SNB die magische Formel der Geldpolitik sicher nicht gefunden. Auch wenn sich das Konzept der letzten zehn Jahr als widerstandsfähig erwiesen habe, sei es vor allem eine Arbeitsmethode, deren Komponenten aufgrund der Erfahrung und der Prognose der Wirtschaftswissenschaften weiterentwickelt würden.
Vernünftigen Entscheidungsrahmen bereitstellen
Roth zieht daraus den Schluss, dass die Geldpolitik nicht durch die Einschätzung jener Personen ersetzt werden kann, die mit der Entscheidungsfindung betreut sind. Der grosser Vorteil bestehe vielmehr darin, einen vernünftigen Entscheidungsrahmen bereitzustellen, eine wissenschaftliche Diagnose der aktuellen Situation vorzunehmen und die möglichen politischen Optionen zu diskutieren. Dadurch werde eine wichtige Unterstützung für die Entscheidungsfindung des Direktoriums zur Zinssteuerung geschaffen, die Massnahmen würden aber nicht vorgegeben, so Roth. (awp/mc/ps/12)