Jeffrey R. Culpepper, Head & Managing Director Mittlerer Osten und Nordafrika (MENA), Merrill Lynch: «Wir wollen die beste Auslandsbank in Mittelost werden.»
von Gérard Al-Fil
Moneycab: Herr Culpepper, welche Ziele verfolgt Merrill Lynch im Mittleren Osten?
Jeffrey R. Culpepper: Für Merrill Lynch, als eine der führenden Investmentbanken der Welt, ist der der Mittlere Osten ein Schlüsselmarkt in ihrer globalen Strategie. Unser Ziel ist es jedoch nicht in der Region zur grössten Auslandsbank heran zu wachsen. Da gibt es bereits Mitbewerber, die mehr Gewicht auf die Waage bringen. Aber wir wollen die beste Auslandsbank werden! Wir wollen in unseren Kerngeschäften, also im Private Banking, bei Global Markets und im Investment Banking den bestmöglichen Service für unsere Kunden anbieten. Wir sind in der Region jetzt seit 45 Jahren präsent und stolz darauf, in diesem Markt weiter zu wachsen.
An welchen Standorten und mit wie vielen Mitarbeitern insgesamt ist Merrill Lynch im Mittleren Osten vertreten?
Mit unserer neuen Niederlassung in Riad, die wir am 19. Juni 2007 eröffneten, beschäftigen wir insgesamt 100 Mitarbeiter. Hier in Dubai unterhalten wir drei Niederlassungen, eine davon im Dubai International Financial Centre (DIFC). Ausserdem ist Merrill Lynch in Bahrain und in Beirut vertreten. Unsere Produktentwickler für die Region sitzen in London und New York.
Welche Leistungen bieten Sie im Islamic Banking?
Im Islamic Banking haben wir uns auf die Entwicklung massgeschneiderter Lösungen für vermögende Privatkunden spezialisiert. Normalerweise kommt der Kunde auf uns zu mit einer Investmentgelegenheit, die er im Rahmen der koranischen Rechtsprechung, der Scharia, wahrnehmen möchte.
Der Mittlere Osten und Ostasien wachsen wirtschaftlich immer enger zusammen. Beobachten Sie, dass Investoren aus der Golfregion den Westen mehr und mehr vernachlässigen und dafür beispielsweise auf China setzen?
Dies können wir so nicht bestätigen. Unser Research schätzt zwar, dass bis 2020 arabische Anleger, vorangig aus der Golfregion, rund 300 Milliarden Dollar in chinesische Aktien an den Börsen Shanghai und Hongkong («Red Chips») investieren werden. Ich würde aber eher von neuen, zusaätzlichen Cashflows sprechen, die zur traditionellen Nord-Süd-Richtung hinzukommen. Ein neuer Fluss ist der Liquiditätsstrom von West nach Ost, und dieser hat seinen Ursprung eben nicht mehr allein in Europa und den USA, sondern auch im Mittleren Osten. Deshalb würde ich nicht von «vernachlässigen» sprechen. Vielmehr tritt eine neue Generation von Investoren auf den Plan, die global nach den aussichtsreichsten Anlageoptionen sucht: eine der attraktivsten ist eben Fernost und diese neue Generation bedeutet für uns als global aufgestellte Investmentbank mehr Operationsmöglichkeiten als je zuvor.
Laut Ihrer Visitenkarte haben Sie ihr Büro in London, betreuen die Region Mittlerer Osten also offenbar aus der Ferne. Sind aber die Zeiten des pendelnden Bankiers, das sogenannte «Suitcase Banking», nicht längst vorbei?
Nein. Mein Hauptsitz befndet sich zwar bei Merril Lynch in der King Edward Street in London, ich habe aber auch ein Büro in Riad und hier in Dubai.
Zur Person:
Jeffrey R Culpepper kann auf nunmehr 21 Jahre Erfahrung mit Kunden aus dem Mittleren Osten zurückblicken. Vor seiner Zeit bei Merrill Lynch, zeichnete er bei der Deutsche Bank AG für das Investment Banking Mittlerer Osten verantwortlich. In dieser Funktion war er auch CEO der Deutschen Bank in Dubai und in Riad. Jeffrey R Culpepper beriet einige Zeit lang das Büro für auswärtige Beziehungen des Vatikan in Rom. Zudem diente er in einem UN-Friedenscorps in Westafrika.