Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Asbrede, Peoplesoft, Retek, Oblix. Oracle befindet sich auf grosser Einkaufstour. Nach der Übernahme ist jeweils die gewinnbringende Integration die grösste Herausforderung. Peoplesoft hat die Übernahme von JD Edwards nicht kapitalisieren können. Wo stehen Sie mit der Integration von Peoplesoft und JD Edwards in der Schweiz und in Österreich, wie viele Mitarbeiter werden übernommen und welche Effekte sind absehbar?
Joachim Asbrede: Die gewinnbringende Integration ist in der Tat die grösste Herausforderung. Deshalb freuen wir uns, dass wir neuen Kunden, neue Partner und Kontakte und auch leistungsorientierte Mitarbeiter bekommen haben.
Gegenwärtig leiten unser Finance Director, Lindsay Johnston und ich als Geschäftsführer die PeopleSoft GmbH, die dann planmässig in die Oracle Software (Schweiz) GmbH einfliesst.
Wir freuen uns, dass wir in den PeopleSoft Mitarbeitern neue qualifizierte und motivierte Mitarbeiter gefunden haben. Ihr Knowhow ist uns sehr wichtig. Wir haben eine «Application Sales Business Unit» gegründet, unsere Produkte pro Segment positioniert und unsere Ressourcen zu 90% alloziert.
«Interessant ist, dass SAP für solche Migrationen entsprechende Discounts im Lizenzbereich anbietet. Ich hoffe, dass auch bestehende Kunden diese Discounts entsprechend erhalten. Allerdings ist die Total Cost of Ownership (TCO) bei einem Faktor 3-5 höher als bei einer Oracle Installation.»
Joachim Asbrede, Managing Director Oracle Schweiz und Österreich
Oracle hat den bestehenden Kunden von Peoplesoft die Entwicklung und den Support bis ins Jahr 2013 zugesichert. Für eine amerikanische Softwarefirma eine Zeitspanne von fast biblischer Dimension. Somit müssen die Anwendungen von Oracle, Peoplesoft und JD Edwards weiterentwickelt werden. Wäre es nicht einfacher, die Produkte zusammenzuführen und als ein einziges Produkt weiter zu entwickeln?
Den Produktesupport weiterzuführen und die Produkte auch weiterzuentwickeln schützt die Investitionen unserer PeopleSoft Kunden. Beim Entscheid, den Support bis mindestens 2013 zu garantieren, stand dieser Aspekt ganz vorne.
Oracle ist bemüht, die gemachten Invesitionen nicht nur zu schützen, sondern auch weiterzuführen. Deshalb werden die PeopleSoft Enterprise und JD Edwards EnterpriseOne Produktelinien weiterentwickelt und wir werden in den kommenden zwei Jahren neue Releases lancieren. Dabei werden Feedbacks unserer Kunden und Ratschläge der User Groups eine zentrale Rolle spielen.
Mit dem Projekt «Fusion» haben wir begonnen, ein Nachfolgeprodukt zu entwickeln. Dabei werden bestehende Workflows übernommen. Unser Ziel ist es, die besten Features von Oracle und PeopleSoft Produkten in dieses neue standardbasierte Produkteset einzubauen. Wir erwarten, dass das neue Produkt sich über Zeit ständig weiterentwickeln wird und moderne, service-orientierte Architektur beinhalten wird. Gleichzeitig wollen wir unsere Stärke als «Information Company» als Grundlage für das Design unserer Applikationen nehmen. Das Resultat wird ein Produkt sein, das das Beste aus beiden Welten in sich vereint: äusserst flexible Prozessautomatisierung und saubere Informationen in Echtzeit. Bereits heute können wir einige der Integrationen in unserem Democenter in Grossbritannien zeigen.
Übernahmen führen meist bei den Kunden des übernommenen Anbieters zu grosser Verunsicherung. SAP hat den Peoplesoft Kunden aggressive Migrationsangebote unterbreitet. Wie haben die Kunden auf die Übernahme reagiert und wie verhindern Sie eine massive Abwanderung?
Wissen Sie, ein ERP-System zu migrieren, ist nicht ein Entscheid, den ein Unternehmen von heute auf morgen trifft. Wir haben unsere Kunden regelmässig informiert und tun das auch weiterhin, um ihnen aufzuzeigen, wie unsere Pläne für den Support und die Weiterentwicklung der Produkte aufzuzeigen, die sie momentan einsetzen. Die meisten PeopleSoft Kunden kennen Oracle ja bereits von der Technologie-Seite. Uns muss es nun gelingen, die PeopleSoft Kunden zu überzeugen, dass wir ein vertrauenswürdiger Partner sind. Bisher ist uns das glücklicherweise gut gelungen. Es gibt sicherlich Kunden, die eine Migration planen und jetzt auch zu SAP schauen ? aber bisher sehen wir keine Abwanderung, wie unsere Konkurrenz das gerne darstellt. Im Gegenteil: Wir konnten sogar mehrere Neukunden gewinnen.
Interessant ist hier allerdings, dass SAP für solche Migrationen entsprechende Discounts im Lizenzbereich anbietet. Ich hoffe, dass auch bestehende Kunden diese Discounts entsprechend erhalten. Allerdings ist die Total Cost of Ownership (TCO) bei einem Faktor 3-5 höher als bei einer Oracle Installation.
Die Zusammenführung von verschiedenen Firmen führt oft auch zu einer Neusegmentierung der Kundenbasis. Welche Segmente und Industrien werden Sie mit dem neuen Anwendungsportfolio bedienen?
Alle Kunden werden mit ihren jeweiligen Produktelinien betreut, die nach Fahrplan auch weiterentwickelt werden. Diese Produkte werden ab 2008 mit «Fusion» in ein neues Produkt integriert ? es sei denn, der Kunde entscheidet sich, bis 2013 bei seiner Produktelinie zu bleiben.
Alle Neukunden werden mit der Oracle E-Business Suite bedient, mit Ausnahme einiger Fachbereiche, wie zum Beispiel HCM für den Public Sector und Financial Services, CRM-Lösungen für Telekommunikationsanbieter.
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Für die Verkäufer erwiesen sich schon die Oracle Applications als Herausforderung. Jetzt kommen weitere Anwendungen dazu, die sich teilweise noch überschneiden. Wie werden Sie die Sales Mitarbeiter organisieren, damit diese schnell erfolgreich sein werden und bei den Kunden möglichst wenig Verwirrung stiften?
Wir sind überzeugt, dass unser Verkauf keine Verwirrung stiftet, sondern unseren Kunden einen echten Mehrwert bieten. Pro Bereich (Technologie, Middleware, Applikationen) haben praktisch alle Kunden unterschiedliche Ansprechpartner ? nämlich Mitarbeiter, die auf ihrem Produkt spezialisiert sind und mit dem Verkauf gemeinsam als Team agieren.
Schon bevor die Übernahme von PeopleSoft bekannt war, haben wir angefangen, uns neu aufzustellen. Da ist uns unsere Cluster-Organisation sehr hilfreich gewesen: Da neben der Schweiz auch Österreich zu meinem Verantwortungsgebiet gehört, können wir ausgenzeichnet Synergien nutzen.
Neu sind wir aufgestellt in drei Bereichen ? gemeinsam für die Schweiz und Österreich: Technologie (geleitet von René Probst), Middleware (Verantwortung Helmut Eichert) und Applications (Jürg Maurer). Auf diese Weise stellen wir sicher, dass unsere Kunden zu jeder Zeit den richtigen und kompetentesten Ansprechpartner haben.
Im Kerngeschäft der Datenbank hat Oracle den Marktanteil gemäss IDC um ein Prozent auf 41.3 % zugelegt, während IBM von 31.8 auf 30.6 sank. Mit Grid Computing (Zusammenschluss kleinerer Server zur Lösung komplexer Aufagben) hat Oracle die Bastion der grossen Mainframes erschüttert. Wie wurde Oracle 10g in der Schweiz aufgenommen, welche Grosskunden konnten Sie auf die neueste Datenbankversion migrieren?
Grid Computing ist das grosse Thema der Zukunft, davon sind wir überzeugt. Als wir Oracle 10g mit den Gridfunktionalitäten im Herbst 2003 lanciert haben, waren wir unserer Zeit etwas voraus. Das heisst, es war zwar überall ein Thema, doch umsetzen mit einer sofort verfügbaren Lösung konnte ausser uns niemand. Inzwischen ist Grid Computing nicht mehr nur ein Trend. Wie eine von Oracle in Auftrag gegebene weltweite Umfrage ergeben hat, ist die Akzeptanz von Grid Computing stetig gestiegen ist. Das Jahr der Umsetzung hat begonnen und wir können bereits etliche Kunden zu unseren «early adopters» zählen.
Oracle möchte «the most admired Software Company» (die am meisten bewunderte Softwarefirma) werden. Wie möchten Sie das bewerkstelligen und wie können Sie das messen?
Lassen Sie mich kurz erklären, was dahinter steckt: Wir wollen unsere Position als vertrauenswürdiger Partner, der sowohl Kunden und Partnern einen Mehrwert bietet, weiter verstärken. Dies geschieht einerseits durch einen hohen Standard an Business-Ethik, stetige Innovation und soziale Verantwortung. Wir erreichen das durch eine offene, ehrliche und transparente Geschäftspolitik und nicht zuletzt durch stetiges Lernen.
Es gib mehrere Formen der Messbarkeit: zum einen machen wir regelmässige Kundenbefragungen, deren Bewertung sich jährlich verbessert. Darüberhinaus haben wir für jeden Bereich einen «program»-owner». Zum Beispiel «Innovation» wird dann schliesslich daran gemessen und auch belohnt, wie häufig eine neue Lösung, die in der CH entwickelt wurde, auch in anderen Ländern durch vermarktet werden kann. Ethische Kriterien werden von Kunden und auch Mitarbeitern direkt messbar zurückgemeldet. Wenn wir, wie im Jahr 2004, als einer der besten Arbeitgeber der CH ausgezeichnet werden und wir keine Kundenreklamationen bekommen und wie aktuell der Fall immer mehr Partner sich auf positive Referenzen anderer stützen und mit Oracle zusammenarbeiten wollen, ja dann sind wir weiterhin auf dem richtigen Weg. Schlussendlich mündet dies in das kommerzielle Measurement, nachdem wir in den letzten Jahren das Neugeschäft verdreifacht haben, wollen wir bis 2010 uns nochmals verdoppeln. Das heisst auch, dass wir heute schon beginnen müssen.»
Für Ihren Verantwortungsbereich (Schweiz und Österreich) haben Sie auch nach sieben Jahren als Managing Director noch ehrgeizige Ziele. So soll der Umsatz bis 2010 nochmals verdoppelt werden. Wie viele zusätzliche Mitarbeiter werden Sie dazu benötigen und wie viel sollen die Partnerfirmen dazu beitragen?
Es stimmt, dass wir für die Zukunft ehrgeizige Ziele haben. Wenn wir 100% wachsen, werden die Kosten nicht über 35% wachsen dürfen. Daraus ergibt sich auch der geplante Headcount.
Ich bin mir sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind: Wir verfügen über ausgezeichnete und motivierte Mitarbeiter, die unseren Kunden einen echten Mehrwert bringen können. Das Partnergeschäft ist für uns seit jeher von grosser Bedeutung gewesen und wir bauen diesen Bereich stetig aus. So möchten wir in nicht allzu ferner Zukunft erreichen, dass wir mit unseren Partnern rund 50% des Umsatzes erreichen können. Ein ambitioniertes Ziel, aber realistisch. Denn gerade im KMU-Markt vertreiben wir unsere Produkte exklusiv über unsere Partner ? ein Modell, das uns als das Richtige erscheint (und von der Konkurrenz vor kurzem auch so übernommen wurde ? ein gutes Zeichen für uns).
Weltweit und auch im KMU Markt der Schweiz sind Partner für die Implementation und den Wiederverkauf ein wichtiger Erfolgsfaktor. Was machen Sie, um die Basis der Partner zu verbreitern und an Oracle zu binden?
Mit dem Oracle Partner Network (OPN) fördern wir unsere Partner intensiv. Als Mitglied des OPN erhalten Geschäftspartner Zugang zu Oracle Softwarelizenzen, technischen und vertrieblichen Schulungen, Marketing-Funds und Co-Marketing-Angeboten. Wir unterstützen Partner dabei, ihre Lösungen als Online-Service-Modell anzubieten und die Chancen, die das Internet bietet, optimal auszuschöpfen. Das Oracle PartnerNetwork gruppiert Partner in verschiedene Stufen und Partnerkategorien, um den individuellen Bedürfnissen von Kunden gerecht zu werden.
Nicht zu vergessen sind an dieser Stelle Schulungen und Know-how Transfer im allgemeinen.
Umsatz von rund 10,2 Milliarden Dollar im vergangenen Fiskaljahr (Steigerung von 23%), eine hohe Profitabilität (34.3 % über die letzten 12 Monate), viel versprechende Gewinnaussichten nach dem Rückgang im letzten Quartal. Bei Oracle scheint Alles eitel Sonnenschein zu sein. Wo sehen Sie Bereiche, die Sie verbessern möchten?
Unser Datenbankgeschäft ist noch immer unser Zugpferd. Obwohl wir im Middlewarebereich deutlich zulegen konnten und uns Analysten immer wieder bestätigen, dass unser Produktportfolio das richtige für die Zukunft ist, müssen wir in dem Bereich noch zulegen.
Im Applikationsgeschäft sind wir weltweit die Nummer 2 (und in den USA gar die Nummer 1), doch im europäischen Raum können wir uns mit Sicherheit noch verbessern. Durch unser erweitertes Produktportfolio konnten wir unsere Position stärken ? und unsere Produktroadmap stimmt mich zuversichtlich, dass wir unsere Position bedeutend verbessern können.
Auch heute haben Sie zum Schluss zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?
Ich wünsche mir privat für meine Familie und mich in erster Linie Gesundheit. Geschäftlich wünsche ich mir zufriedene Kunden. Wenn sich diese zwei Wünsche erfüllen, dann ist das mit Sicherheit mehr als nur «zwei Wünsche».
Der Gesprächspartner
VP & Managing Director Oracle Schweiz, Österreich und Griechenland, Mitglied des Advisory Boards von Oracle
1998: Managing Director Oracle Schweiz
Joachim Asbrede ist ein anerkannter IT Experte. Er begann seine Karriere 1979 bei Honeywell Bull. Danach verschiedene Positionen als Consulting Manager, Sales Manager, Marketing- und Business Unit Manager.
Verantwortung für das gesamte Europäische Software- und Dienstleistungsgeschäft. Partnergeschäft mit SAP und Baan.
1996: Managing Director Deutschland für Baan Business Systems.
Joachim Asbrede ist im Beirat der simsa (Swiss Interactive Media and Software Association), Mitglied er INGCH (Vereinigung Schweizer Ingenieure).
Der Diplom-Oekonom ist verheiratet und Vater von drei Kindern. In der Freizeit kümmert er sich gerne um die Kinder, fährt Ski und Mountainbike, spielt Tennis und Golf.
Joachim Asbrede unterstützt aktiv ein Programm zur Krebsbekämpfung bei Kindern.