Herr Asshauer, Mövenpick hat letztes Jahr einen Reinverlust von 2,1 Mio. Franken erlitten ? gleichzeitig aber erstmals seit 2001 operativ wieder schwarze Zahlen geschrieben. Auch der Gesamtumsatz legte zu. Sind Sie mit dem Gesamtergebnis des vergangenen Geschäftsjahres zufrieden?
Jörg Assauer: Ja, wir sind mit dem Ergebnis insofern zufrieden als dass wir es als erstes Etappenziel auf dem Weg zur weiteren Verbesserung der Rentabilität betrachten.
«Der Fokus liegt gleichermassen auf Business-Hotels in Citylagen oder Flughafennähe und Resorts an aussergewöhnlichen Feriendestinationen.» Jörg Assauer, CEO Mövenpick
Massgeblichen Anteil an der Umsatzsteigerung hatte das starke Wachstum der Management- und Franchise-Betriebe (+ 16,5 %). Wie kam diese Steigerung zu Stande?
Als primären Grund sehen wir das gute Management. Bei Mövenpick Hotels & Resorts zeigt sich, wie viele Hoteleigner die hohe Qualität, hervorragende Gastronomie und die ausgewählten Führungskräfte schätzen und anerkennen, die wir für das Management eines Betriebes stellen.
Über ein gutes Geschäftsjahr konnte sich Mövenpick Hotels freuen. Gegenüber 1999 hat sich die Anzahl angebotener Zimmer auf mittlerweile 12’000 fast verdoppelt, alleine 2004 fand ein Wachstum um 25,4 % statt. Wie wird in diesem Bereich die Entwicklung weitergehen, einerseits im Bereich Business- und Konferenzhotels, andererseits bei den Ferienresorts?
Mövenpick Hotels & Resorts wird die eingeschlagene Expansionsstrategie weiterhin konsequent verfolgen und weiter wachsen. Dabei wird sich die internationale Hotelkette mit Schweizer Wurzeln auf die drei Zielmärkte Europa, Mittlerer Osten und Afrika konzentrieren. Vorgesehen ist ein organisches Wachstum von 8 bis 10 Hotels pro Jahr mit Managementverträgen ohne Investitionen ? bei strategisch besonders attraktiven Destinationen werden auch Managementverträge mit Kapitalbeteiligungen in Betracht gezogen. Bei derzeit 51 Hotels & Resorts in 18 Ländern wird sich die Anzahl Hotels bis 2007 auf mindestens 70 erhöhen. Die Anzahl angebotener Zimmer wird somit auf ca. 17’000 steigen. Der Fokus liegt dabei gleichermassen auf Business-Hotels in Citylagen oder Flughafennähe und Resorts an aussergewöhnlichen Feriendestinationen.
«Marché International» legt ein um 7,4 Mio. Franken verbessertes Betriebsergebnis vor und trägt mit mittlerweile einem Drittel den grössten Teil zum Mövenpick-Umsatz bei. Wo liegen die Gründe für die Steigerung im letzten Geschäftsjahr?
Die im Vorjahr eingeleitete Reorganisation und Verschlankung wurde weiter vorangetrieben. Marché International konsolidierte seine Standorte und trennte sich von weiteren defizitären Stadtbetrieben in Deutschland. Der Unternehmensbereich konzentriert sich massgeblich auf hoch frequentierte Verkehrslagen an Autobahnen und Flughäfen in der Schweiz, Deutschland und in Österreich.
Wie sieht es mit dem Bereich «Bediente Gastronomie» aus, wo die Umsätze hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind? Was waren die Eckpfeiler im vergangenen Jahr?
Die verhaltene Konsumstimmung generell, aber insbesondere in Deutschland, beeinflusst den Geschäftsgang der gesamten Branche und auch den von Mövenpick Bediente Gastronomie weiterhin negativ. Wir arbeiten deshalb mit hoher Priorität an Massnahmen zur Steigerung der Kundenfrequenz, dem Ertrag sowie der Optimierung der betrieblichen Abläufe.
Gleichzeitig erneuern wir zurzeit die vier tragenden Pfeiler der Gastronomie: Speisen, Wein, Service und Interieur. Bei der Gastronomie setzen wir dabei auf das System der individuellen System-Gastronomie. Das heisst, dass wir Gerichte der nordalpinen und mediterranen Küche, mit klarem saisonalem und lokalem Bezug, servieren. Die berühmten Mövenpick-Klassiker (wie z.B. Tatar) bleiben aber nach wie vor fester Bestandteil der Karte.
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Weniger zufrieden dürften Sie mit dem Bereich Wein sein, wo sowohl der Umsatz als auch das operative Ergebnis leicht rückläufig waren. Wo lagen die Schwierigkeiten und was erwarten Sie für eine Entwicklung in diesem Bereich?
Wir müssen differenzieren. Der Verkauf an den privaten Endverbraucher hat 2004 sogar ein erfreuliches Umsatzwachstum von 8.7 % aufgewiesen. Probleme bereitet aber die Entwicklung des Drittgeschäftes (Verkauf an Gastronomie und Wiederverkäufer). Dieses entsprach nicht den Erwartungen. Die Gründe lagen beim generellen Überangebot an Weinen aus praktisch allen Provenienzen und dem damit verbundenen Preisdruck, welche sich hier schlecht auf das Ergebnis auswirkten.
Mövenpick hat im vergangenen Jahr weitere Verlustquellen beseitigt. Ist die Restrukturierung damit abgeschlossen, oder können Sie sich vorstellen, weitere Teile des Konzerns abzustossen und/oder Akquisitionen zu tätigen?
Mövenpick setzt den strategischen Akzent auf Gastronomie, Hotellerie und den Weinhandel sowie der Vertrieb von Premium Produkten. Im diesem Zusammenhang besteht weder eine Verkaufs- noch eine Einkaufsliste.
Wie sehen Ihre Erwartungen für die kommenden zwei bis drei Jahre aus?
Die Projektion für 2006/2007 sieht wie folgt aus (Jörg Assauer legt die nachstehende Tabelle vor):
(In Mio. CHF) | 2004 | 2006/2007 | |
Konzernumsatz | 670 | 800-850 | |
Umsatz Management- und Franchise-Betriebe | 400 | 500-550 | |
Gesamtumsatz | 1?070 | 1?300-1?400 | |
EBITDA | 28 | 70-75 | |
EBIT (ROS)* (bezogen auf Konzern-Umsatz) | 1 | 35-40 | 4-5% |
CAPEX | 45 | 35-40 | |
Eigenkapitalrendite | 12-15% |
Letzte Frage: Sie sind nur rund zwei Jahre als CEO von Mövenpick tätig. Wie haben Sie diese intensive Zeit der Restrukturierung erlebt?
Es war, ist und bleibt komplex.
Jörg Asshauer
CEO Mövenpick-Holding
Alter: 53 Jahre
Zivilstand: Verheiratet, drei Kinder
Nationalität: Deutschland
Berufliche Tätigkeit
Jörg Asshauer ist seit mehr als 20 Jahren erfolgreich im Food-, Restaurations- und Dienstleitungsbereich tätig. Er begann seine berufliche Laufbahn bei Nestlé Deutschland in Frankfurt, wo er eine kaufmännische Lehre absolvierte und sich im Abendstudium zum Betriebswirt und Diplom-Aussenhandelskaufmann weiterbildete.
Anschliessend übernahm er das Controlling und die Unternehmensplanung für den Bereich Chambourcy sowie die Administrationsleitung für moderne Menu Systeme (Cook & Chill Zentralküche).
Ab 1980 war Jörg Asshauer bei EUREST Deutschland tätig, welche in der Folge eine Tochtergesellschaft von Nestlé/Wagon Lits, später Accor bzw. der Compass Group wurde. Dort begann er als kaufmännischer Leiter und Regionaldirektor. Ab 1986 übernahm er als CEO die operative Leitung von EUREST Deutschland und den Aufbau des Russland Geschäftes mit einem Joint-Venture in Moskau. 1998 wurde er zum European Director of Vending Development in Paris ernannt, von wo aus er die Übernahme und Integration der Selecta AG in die Compass Gruppe vorbereitete. Nach einer Periode als selbständiger Konsulent übernahm er die Position des CEO von Randstad Deutschland, dem Marktführer für Zeitarbeit.
Kurzporträt Mövenpick
Mövenpick ist eine multinationale Unternehmensgruppe mit Schweizer Wurzeln. Die Mövenpick Gruppe setzt ihren strategischen Akzent auf das Hospitality-Geschäft mit Gastronomie, Hotellerie und Weinhandel. Sie ist als Holdinggesellschaft organisiert mit den vier operativ selbstständigen Unternehmensbereichen Bediente Restaurants, Marché International, Hotels & Resorts und Wein. Die Hauptausrichtung der Gruppe liegt auf Zentraleuropa und dem Mittleren Osten. Das Unternehmen wurde 1948 vom Schweizer Hotelierssohn Ueli Prager gegründet. Heute zählt es weltweit rund 13’600 Mitarbeitende. Die Aktien der Mövenpick-Holding werden an der Schweizer Börse SWX Swiss Exchange in Zürich gehandelt.