John A. Sandwick, Gründer und Managing Director der Encore Management S. A., Genf: «Heute sind schätzungsweise 200 Milliarden US-Dollar arabischen Vermögens in der Schweiz angelegt»
Von Gérard Al-Fil
Moneycab: Herr Sandwick, welche Ziele verfolgen Sie in der arabischen Golfregion?
John A. Sandwick: Die Encore Management S. A. berät, wie jeder Schweizer Vermögensverwalter, der im Mittleren Osten aktiv ist, wohlhabende Familien in Fragen des Asset- und Wealth Managements. Wir unterscheiden uns von unseren Mitbewerbern aber dahingehend, dass wir unseren Kunden neben internationalen Anlagemöglichkeiten auch regionale, innerhalb des GCC (des Gulf Cooperation Council, dem Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Qatar, die V. A. E. und der Oman angehören, Anm. d. Red.) aufzeigen. Dabei sind wir nicht auf eine Anlageklasse fokussiert, sondern decken das Spektrum in seiner gesamten Breite ab: Anleihen, Aktien, Fonds und Immobilien. Unsere Beratung basiert auf 30 Jahren Erfahrung mit Klienten der Golfregion.
«Wenn die Schweizer Banken ihr Know-How in Bezug auf die arabischen Kapitalmärkte und im Islamic Finance nicht bald vertiefen, besteht die Gefahr, dass ein Grossteil dieser Gelder sehr schnell wieder abgezogen wird.» John A. Sandwick, Gründer und Managing Director der Encore Management S. A., Genf
Moneycab: Die Encore Management S. A. hat ihren Sitz in Genf. Spüren Sie aufgrund des Börsen-Booms in den GCC-Staaten ein nachlassendes Interesse arabischer Klienten an der Schweiz als sicheren Hafen für ihr Kapital?
John A. Sandwick: Das ist ein wichtiger Punkt, den ich in Genf und Zürich immer wieder predige. Heute sind schätzungsweise 200 Milliarden US-Dollar arabischen Vermögens in der Schweiz angelegt. Wenn die Schweizer Banken ihr Know-How in Bezug auf die arabischen Kapitalmärkte und im Islamic Finance nicht bald vertiefen, besteht die Gefahr, dass ein Grossteil dieser Gelder sehr schnell wieder abgezogen wird. Geld aus dem Mittleren Osten ist heute viel beweglicher als noch vor fünf Jahren, weil Investments an den Börsen der GCC-Staaten hochattraktive Renditen bieten.
Moneycab: Warum aber sollte man jetzt noch investieren? Sind die GCC-Aktienmärkte bei Indexsteigerungen von über 100% im 2005 und bei einem Kurs-Gewinnverhältnis von 35 wie im Fall Saudi-Arabien nicht überbewertet?
John A. Sandwick: Ich denke, im kurzen Zeitrahmen haben Sie mit Ihrer Einschätzung Recht. Langfristig stufe ich jedoch die momentanen Zuwachsraten von 6 – 8 % beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) aller GCC-Staaten als nachhaltig ein – und da können Sie die Region nur schwer ignorieren. Allerdings hinkt die Produktivität in den Golfstaaten dem BIP-Wachstum hinterher. Diese Diskrepanz wird sich aber stetig verkleinern, weil immer Familienunternehmen ein Going Public wagen. 2004 hatte der IPO-Markt ein Volumen von 3.5 Milliarden Dollar, im letzten Jahr waren es bereits 7.4 Milliarden (bei 35 IPOs). 2006 werden wir voraussichtlich 60 IPOs in den GCC beobachten. Diese börsennotierten Firmen sind dann gezwungen, auf konstanter Basis solide Zahlen zu liefern, was sie nur mit einer höheren Produktivität als der jetzigen erreichen können. Ich persönlich würde aber mit einem Investment noch abwarten, bis sich die Indizes auf ein vernünftiges Niveau abkühlen.
Moneycab: Sie stammen aus Kalifornien, reisten 1975 das erste Mal nach Dubai und gründeten 1998 die Encore Management S. A. in Genf. Würden Sie die Rhone-Stadt auch als Ihre Heimat bezeichnen?
John A. Sandwick: Ja, und Ende März werde ich die Schweizer Staatsbürgerschaft beantragen. Dieser Prozess wird ein paar Jahre dauern, aber früher oder später werde ich den roten Pass mit dem weissen Balkenkreuz stolz in den Händen halten.