John Weguelin, Executive und Managing Director der European Islamic Investment Bank (EIIB), London: «Islamic Finance ist kein Nischenmarkt mehr».

von Gérard Al-Fil


 


Herr Weguelin,&was hat die European Islamic Investment Bank (EIIB) in den ersten zwölf Monaten ihres Bestehens erreicht und welche Ziele verfolgen Sie?


Die EIIB mit Sitz in London ist die erste islamische Investmentbank in Europa. Wir erhielten im März 2006 von der britischen Financial Services Authority (FSA) eine Lizenz und nahmen im Folgemonat die operative Geschäftstätigkeit auf. Unser Business entwickelt sich erfreulich: 2006 war die EIIB an der Platzierung von 22 Islamic Bonds (Sukuk) und an vier mittelfristigen Finanzierungsprojekten beteiligt sowie an mehreren Konsortialkrediten. Im ersten Quartal dieses Jahres konnten wir drei Transaktionen abschliessen, darunter eine Murabaha-Transaktion auf Rohstoffe (Rohstoffkauf und zinslose Arbitrage). Auf der Grundlage solcher Operationen wollen wir unser Geschäft fortsetzen und ausbauen.


 


Welches sind die Geschäftsschwerpunkte Ihrer Bank?



Die EIIB setzt ihren Fokus auf drei Sparten:


 


 Der Bereich Treasury & Capital Markets operiert im Liquiditätsdisposition, im Währungshandel, Scharia-konforme Derivate, Sukuk-Strukturierung und Platzierung. Hier haben wir ein hervorragendes Team zusammengestellt, dass seine Expertise aus dem konventionellen Bankenbereich in die EIIB einbringt.


 


Das Asset Management konzentriert sich insbesondere auf grenzüberschreitende Investments für islamische Anleger. Hierbei verzeichnen wir ein wachsendes Interesse nicht-muslimischer Kunden.


 


Schliesslich betreut unser Corporate Finance die drei Geschäftsfelder Fusionen und Akquisitionen (M&A), Private Equity und Immobilien.


 


Wer sind die Anteilseigner der EIIB?



Wir haben etwa 215 Aktionäre, 85% davon sind aus dem Mittleren Osten, vermögende Privatkunden im oberen Segment (HNWIs) und institutionelle Anleger. Die Aktionärsstruktur wird nicht von einem bestimmten Anteilseigner oder einer Gruppe dominiert, der grösste Aktionär hält 11.3%. Staatliche Anteile existieren nicht.
EIIB-Papiere sind im Segment «Alternative Investment Market» (AIM) der London Stock Exchange (LSE) kotiert.


 


Beobachten Sie, dass sich Islamic Finance vom Nischenmarkt zum allgemein akzeptierten Banking entwickelt?



Ja, insbesondere in Grossbritannien gilt es unter konventionellen Banken als logische Geschäftserweiterung eine islamische Produktpalette zu etablieren und diese auch auf globaler Ebene anzubieten. Islamic Finance ist sicher kein Nischenmarkt mehr.


 


Wird dieser Trend in ihrem Heimatmarkt vom Gesetzgeber unterstützt?



Absolut, nehmen Sie nur die jüngste Initiative von Schatzkanzler Gordon Brown, der bei der Veröffentlichung des neuen Haushalts Sukuk mit konventionellen Anleihen gleichgestellt hat, im Hinblick auf deren Besteuerung. So rechnen bei uns mit einer wachsenden Nachfrage zinsloser islamischer Anleihen, nicht nur von Seiten der knapp zwei Millionen Muslime, die im Vereinigten Königreich leben, sondern auch von Seiten der öffentlichen Hand. Damit hat Gordon Brown, denke ich, auch entscheidende Weichen gestellt, um London als Mekka des Islamic Finance in Europa zu etablieren, was der Schatzkanzler bereits Mitte 2006 als Ziel formuliert hat.


 


Planen Sie Niederlassungen in Kontinentaleuropa?



Nein, derzeit planen wir keine Zweigstellen in anderen Ländern, obgleich wir als FSA-reguliertes Unternehmen dazu die Möglichkeit hätten. Wir sind allerdings offen für strategische Partnerschaften ausserhalb unseres Heimatmarktes. Auf diese Weise könnte die EIIB ihre Expertise als islamische Investmentbank einbringen und mit allfälligen Partnerbanken als Vertriebskanal die potentielle muslimische Klientel in den jeweiligen Märkten erreichen.

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