Jürg Mettler, Hotel Misani Celerina: Vom Zuckerbäcker-Palazzo zum Hotel

Von Tanja Hess

Moneycab: Herr Mettler, Sie sind Gastgeber im Hotel Misani, was machen Sie anders als die Konkurrenz in der Tourismus-Region Oberengadin?

Jürg Mettler:
Ich mache nichts grundlegend Neues, ich interpretiere aber viele überlieferten Dinge neu. Wir sind hier in einem der ältesten Häuser in Celerina. Es ist eigentlich ein Palazzo. Die Engadiner kannten eine Zeit, als die Arbeit nicht üppig war in diesem Hochtal, damals sind viele Männer in die Städte gegangen, dort haben sie sich eine Existenz aufgebaut und sind als gemachte Männer wieder in ihre Heimat zurückgekehrt. In den Städten haben sie eine neue Welt kennen gelernt, sie hatten Architekturformen gesehen, die ihnen vorher nicht bekannt waren. Diese Kultur haben sie dann ins Engadin gebracht, sie haben sich Häuser gebaut und ebendiese fremden Ideen mit ihren eigenen Traditionen gemischt. Das Selbe machen auch wir hier in unserem neuen Hotel Misani.
Damit unterscheiden wir uns natürlich schon von den Hotels mit den Arvenzimmern, wie sie hier üblich sind. Nach ersten Sondierungen und Erfahrungen haben wir aber gesehen, dass der Kunde es sehr liebt auch einen Touch Fernost in der Einrichtung des Zimmers zu haben. Bei der Einrichtung schauten wir auf eine warme Farbwahl. Das Engadin ist ein kühles Tal, da soll das Haus ein warmer Schutz sein.

Moneycab: Wo positionieren Sie sich im stark umkämpften Hotelleriefeld? Was sind Ihre Spezialitäten, die nur Sie bieten können?

Jürg Mettler:
Wenn Sie einen Blick auf meinen Lebenslauf werfen, dann sehen Sie, dass ich in den Jahren, als ich mit Freddy Burger zusammen gearbeitet habe, sehr viele kreative Leute kennen gelernt habe.
Diese Zeit hat mich geprägt. Wir haben unser Haus nach den Gesichtspunkten von Feng Shui gestaltet. Der Innenarchitekt Edoardo Coretti hat mit seiner warmen Sprache, welche sich durch seine brasilianische Herkunft erschliesst dem Interieur ein kreatives Aussehen verliehen. Wir machen hier Ausstellungen von Künstlern, überall hängen Bilder und wir laden unsere Gäste ein zur Vernissage. Unser Gast ist immer und überall von Kunst und Kunsthandwerk umgeben. In diesem Bereich sind wir sicher unschlagbar.


Moneycab: Das Hotel Misani hat just zu Beginn der Krise im Jahre 2000 die Tore geöffnet? Wie hat sich das Geschäft in dieser schwierigen Zeit angelassen? Wie gehen Sie um mit dem veränderten Ferienverhalten, also dem Trend zu mehr Kurzferien im Inland?

Jürg Mettler: Als wir im Jahre 2000 mit dem sorgfältigen Umbau des Hotels begonnen haben, haben wir eine Pilotphase für unsere kunstorientierten Zimmer gemacht. Wir haben fürs Erste acht Zimmer umgebaut und haben diese und auch die Traditionellen vermietet. Wir haben sehr viel positives Echo bekommen und so haben wir unser Konzept weitergeführt. Bei uns bezahlt der Gast eigentlich nur das, was er auch wirklich braucht. Damit können wir die Kosten für den Aufenthalt unserer Gäste gut anpassen. Will jemand eine echtseidene Bettwäsche aus feinstem Satin, so kann er das bei uns haben, und er bezahlt dann auch dafür. Oder wenn jemand eine wirklich tolle Stereoanlage haben möchte, bekommt er sie. Sogar beim Frühstück haben wir eine solche Lösung gefunden. Die Italiener, die ja gern gesehene Gäste sind im Engadin haben die Angewohnheit, nur einen Kaffee zu trinken am Morgen. Mit einem individuellen Frühstück können wir auch da auf den Kunden zugeschnittenen Lösungen bieten. Die Extras werden auch sehr geliebt und rege gebraucht. Man will sich ja verwöhnen lassen in den Ferien.

Moneycab: Weitere Trends sind die Erlebnisferien. Was bieten Sie da? Und planen Sie Neues? Wohin geht der neue Trend?

Jürg Mettler: Unser Gast ist zwischen 25 und 60 Jahre alt. Wir sind in einer der schönsten Naturlandschaften und einem einzigartigen Hochtal. Wenn im Bergfrühling, das ist der Juni, Edelweiss und Enzian blühen, dann blühen sie zu Tausenden. Unser Gast nimmt nicht selten das Mountain Bike mit, oder er geht Wandern oder Bergsteigen. Wenn ein Gast oftmals am späteren Nachmittag anreist und sich dann die Frage stellt, wie er den Nachmittag jetzt noch geniessen könne, dann gebe ich ihm den Rat mit der Zahnradbahn auf den Muottas Muragl zu fahren, von dort aus hat er nicht nur einen atemberaubenden Ausblick über das ganze Oberengadin, dort erlebt man auch die wundervollsten Sonnenuntergänge über den Seen von St.Moritz bis Maloja. Das ist jedes Mal ein Erlebnis, welches einen tiefen Eindruck der monumentalen Natur gibt.


$$PAGE$$



Celerina nennt sich in einem Atemzug mit St. Moritz?

Jürg Mettler: Die Idee dahinter ist, dass St. Moritz ein weltweit bekannter Begriff ist. Sowohl das Skigebiet als auch das Wandergebiet, die Mountainbikewege und noch vieles mehr haben wir mit St. Moritz gemeinsam. Von unserem Hotel zu den Pisten ist es gerade mal einige wenige Schritte und dann ist man schon auf den Pisten von Celerina- St.Moritz. Celerina ist das kleinere Dorf mit mehr Cachet, aber dies ist ja nur von Vorteil.

Wie sieht der typische Misani-Gast aus. Woher kommt er, was sucht er bei Ihnen und im Oberengadin?


Jürg Mettler: Der heutige Gast plant seine Ferien in der Schweiz meist kurzfristig. Deshalb findet man bei uns immer viele kurzfristigen Angebote. Dann bleibt er auch oft nur einige Tage. Die Arbeit lässt es oft nicht zu längere Zeit fernzubleiben. In dieser kurzen Zeit bieten wir dem Gast möglichst viel. Diese Zeit darf er sich bei uns verwöhnen lassen und seine Wünsche werden erfüllt.
Sechzig Prozent unserer Gäste sind Schweizer, hauptsächlich Zürcher, Basler, Innerschweizer und Ostschweizer, aber wir haben auch einen hohen Anteil von Wetaschweizern. Dann kommen auch viele Deutsche, Österreicher und Italiener. Das Hotel Misani hat 240 Tage im Jahr offen, das ist eine lange Zeit für diese Region, und wir haben eine gute Auslastung von 66%.

Moneycab: Wie macht man denn aus einem Zuckerbäckerpalazzo ein Hotel?

Jürg Mettler: Das Hotel Misani war schon früher ein Hotel, aber es hat sich nicht so ausgeprägt von den andern Hotels abgesetzt. Wir haben dann einen Umbau von gut drei Millionen gemacht. Davon ist ein guter Anteil in die Planung und Realisation der Inneneinrichtung gegangen. Wir haben das historische belassen und mit Neuem Konfrontiert. Die Fassade fällt durch ein tiefes Rot auf, das ist einerseits Tradition hier im Engadin, aber natürlich auch ein Eye-Catcher.
Wir haben 22 Stylerooms von Künstlern einrichten lassen, zwei Superstylerooms und eine Familiensuite geschaffen, daneben haben wir je sieben Basic Stylerooms und Basic Rooms. Mit diesen 39 Zimmern, der Bar und den drei Restaurationsbetrieben im Haus haben wir Kunstoasen kreiert.

Moneycab: Wenn man in einer der schönsten Ferienregionen lebt, wohin führen Sie dann Ihre Ferienträume?


Jürg Mettler: Meine Ferienwünsche gehen immer der Sonne entgegen. In meinen Ferien fahre ich nach Andalusien und geniesse die Sonne, das Essen, den Wein, ja einfach das Leben. Und natürlich auch die schöne Landschaft.






Der Gesprächspartner
Geboren 1966 in Richterswil am Zürichsee.
1983 Ausbildung bei Arthur W. Moergeli, Max Kehl, Syrille Solioz und Heinz Witschi.
1989-90 Hotelfachschule Belvoirpark Zürich.
1990 -93 Kronenhalle AG von Gustav Zumsteg, Auftragsgebiet F&B und Nonfood.
1993 Wechsel zu Fred Tschanz Hotel- und Restaurationsbetriebe Zürich, El Sombrero.
Ab 1995 stellvertretender Direktor bei FBM Gastro Management AG, Zürich. Betreuung von acht Restaurants, Nightclubs und Hotels. FIFA-Restaurant Sonnenberg Zürich, Nightclub Adagio, Hotel Flora Luzern, Café Grössenwahn sowie die Veranstaltung Cirque du Soleil.
Seit 1999 Planung und Konzeption Hotel Misani St. Moritz-Celerina

Exit mobile version