Julius-Bär-Chef Alex Widmer verstorben – Spekulationen über Selbstmord
Der Tod Widmers löste in Bankkreisen und an der Börse nichts desto trotz Spekulationen über mögliche Probleme bei Julius Bär aus. Laut «20 Minuten online» hat Widmer Selbstmord begangen und beruft sich auf zwei unabhängige Quellen, die den Suizid bestätigt hätten. Die Bär-Aktie verlor bis 12.40 Uhr 6,2% auf 34,70 CHF.
Letztes Interview am Dienstag
Sein wohl letztes Interview hat Alex Widmer am letzten Dienstag der Nachrichtenagentur «Bloomberg» gewährt, die Aufzeichnung des Gesprächs wurde am Mittwoch publiziert. Darin gab er sich für die Branche wenig zuversichtlich; auch Julius Bär müsse einige seiner Expansionspläne anpassen. Die Bank drehe an der Kostenschraube: So würden Reise- und Marketingkosten gekürzt. Gleichzeitig wolle Bär weitere Mitarbeiter für das Private-Banking-Geschäft anwerben, auch wenn das Ziel von 60 Mitarbeitern für dieses Jahr erreicht sei. «Wir sind so stark gewachsen, dass es nicht immer so weiter gehen kann», erläuterte Widmer. Ab einem gewissen Niveau sei ein Plateau erreicht und 2009 berge eine Reihe von Unsicherheiten. Das bisherige Geschäftsmodell von Julius Bär stosse daher an Grenzen. Ein gewisser Druck auf die Bruttomarge sei nicht auszuschliessen, sagte er mit Blick auf die Ergebnispublikation konkurrierender Institute.
Besser behaupten als Konkurrenten
Die Bank dürfte sich jedoch besser behaupten als ihre Konkurrenten, sagte der ehemalige der Bär-Chef. Langfristig peile die Private-Banking-Sparte unverändert Nettokapitalzuflüsse von mehr als 6% jährlich an, so Widmer. Dazu sollen alle Regionen beitragen. Die Investment-Product-Sparte soll hingegen, wie bereits früher angekündigt, gestrafft und besser in die Gruppe eingepasst werden. Das Ziel eines Nettoneugeldzuflusses von über 8% könnte indes gefährdet sein: «Wir bewegen uns in einem zu unsicheren Umfeld, um Prognosen für einen Zeitraum von 24 Monaten zu machen», sagte Widmer.
Erfolgreicher Privat Banker
Widmer war dem Vernehmen nach bis zuletzt aktiv und fällte bis vor kurzem operative Entscheide. Der Chef der drittgrössten Schweizer Bank genoss in der Branche einen guten Ruf. Die Bank betont in ihrer Mitteilung denn auch, Widmer habe das Private Banking von Julius Bär «mit grossem Erfolg in neue Dimensionen geführt». Raymond J. Bär, Verwaltungsratspräsident der Bank Julius Bär, wird in der Mitteilung mit den Worten zitiert, die Bank habe «einen lieben Freund, guten Kollegen und charismatischen Chef verloren». Sein «enormes Engagement für die Mitarbeitenden, seine gelebte Nähe zu den Kunden und seine Leidenschaft für das Banking werden für uns immer Vorbild sein».
Massgeblich für den Aufbau des Geschäftsmodells verantwortlich gewesen
Alex Widmer war 2005 nach fast 20 Jahren bei der Credit Suisse zur Julius Bär Gruppe gewechselt. Dort war der promovierte Wirtschaftswissenschafter zunächst Leiter des Private Banking, ehe er im November 2007 Chef der Bank Julius Bär wurde. Widmer sei massgeblich für den Aufbau des Geschäftsmodells verantwortlich gewesen, auf dem «der anerkannte und anhaltende Erfolg der Bank Julius Bär aufbaut», heisst es in der Mitteilung weiter. Für Kollegen und Kunden gleichermassen, aber auch für die Branche, sei Alex Widmer «der Inbegriff des Schweizer Private Bankers» gewesen.
Aufstieg nach Karriereknick
Dem Ein- und Aufstieg bei Bär war ein Karriereknick vorausgegangen. Bei der Credit Suisse erwarb sich Widmer zunächst in New York, Tokio und Singapur einen hervorragenden Ruf als Private Banker. Danach kehrte er 2002 als Chef des Private Banking der gesamten Gruppe nach Zürich zurück und nahm Einsitz in der Geschäftsleitung der Grossbank. 2004 dann der Bruch: Widmer wurde vom damaligen Konzernchef Oswald Grübel abgesetzt. Er schied aus der Geschäftsleitung aus und wurde auf die Funktion eines «Senior Adviser» zurückversetzt. 2005 erfolgte dann der Wechsel zu Julius Bär. Im März desselben Jahres starb Widmers Frau an Krebs. Mit ihr zusammen hatte der Aargauer drei Kinder.
Johannes de Gier übernimmt
Die Leitung der Bank Julius Bär übernimmt wieder Johannes de Gier. Er war im September als Konzernchef der Julius Bär Gruppe zurückgetreten. Sein Posten war nicht mehr neu besetzt worden, da nach der Umwandlung der Julius Bär Gruppe in eine reine Finanzholding diese Funktion nicht mehr nötig war. Es sei «ein Glücksfall», dass die Bank nun wieder auf De Gier zurückgreifen könne, sagte Bank-Bär-Sprecher Bielinski. De Gier kenne das Private-Banking-Geschäft sehr gut, und er kenne als ehemaliger Konzernchef natürlich auch Julius Bär sehr gut. Der nach den Grossbanken UBS und Credit Suisse drittgrösste Vermögensverwalter der Schweiz verwaltete per Ende Juni 364 Mrd CHF an Kundengeldern. (awp/mc/gh)