Julius Bär: Finanzkrise hinterlässt Spuren – Gerüchte belasten Aktie

So verbuchte das Institut auf Gruppenebene erstmals seit langer Zeit wieder einen Geldabfluss. Auch 2009 dürfte im Urteil des Managements schwierig werden.


Gerüchte über geschönte Zahlen
Überschattet wurde die Ergebnispublikation vom Freitag allerdings von Gerüchten über geschönte Zahlen, so dass die Aktien der Bank phasenweise im freien Fall waren. Der Kursverfall der Aktie sei offenbar das Resultat eines anonymen Briefes an die Finanzmarktaufsicht, meinte die Bankführung auf entsprechende Fragen an der Bilanzmedienkonferenz am Freitag in Zürich. Das Schreiben beziehe sich aber auf einen unbedeutenden Vorfall und sei finanziell unbedeutend, präzisierte Johannes de Gier, CEO der Bank Julius Bär. Die Vorwürfe entbehrten jeglicher Grundlage. Gleichzeitig versicherte das Management, die vorgelegten Zahlen seien geprüft und man stehe zum präsentierten Zahlenset.


Im Schreiben von Ende Dezember, das AWP vorliegt und dessen Existenz die Finanzmarktaufsicht bestätigt hat, berichten Julius-Bär-Mitarbeiter von Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der Verbuchung von Nostropositionen.


Finanzkrise hinterlässt tiefe Spuren im Ergebnis
Aber auch operativ hat der Vermögensverwalter im vergangenen Geschäftsjahr zu kämpfen gehabt. Der Betriebsertrag fiel um 14,8% auf rund 2’939 Mio CHF ein. Da gleichzeitig der Geschäftsaufwand lediglich um 7,2% auf knapp 1’857 Mio CHF zurückging, verschlechterte sich die wichtige Cost/Income Ratio auf 61,6% gegenüber 56,7% im Vorjahr. Und dem Strich brach der Konzerngewinn im Vergleich zum Vorjahr um 25% auf 852,3 Mio CHF ein. Dennoch will die Bank ihren Aktionären eine unveränderte Dividende in der Höhe von 0,50 CHF pro Aktie auszahlen.


Enttäuschende Zahlen zu Neugeld und AuM
Während das operative Zahlenset in etwa im Rahmen der Erwartungen ausfiel, enttäuschten die Zahlen zu Neugeld und verwalteten Kundenvermögen (AuM). Die Krise an den Aktienmärkten und die Frankenstärke haben hier tiefe Spuren hinterlassen und liessen die Vermögensbasis per Ende Jahr um 32% auf 274,5 Mrd CHF schrumpfen. Wenig erfreulich fällt auch das Fazit bezüglich Neugeld auf Gruppenebene aus. Das Institut verzeichnete einen Geldabfluss von 5,4 Mrd CHF, nachdem 2007 noch 35,5 Mrd CHF zugeflossen waren.


Hedge Fund-Tocher GAM im «perfekten Sturm»
Dafür verantwortlich ist der massive Abfluss von Geldern aus dem Asset Management, insbesondere aus GAM. So flossen aus der Sparte insgesamt 27 Mrd CHF ab. Die Hedge Fund Tochter erlebte nach Angaben von David Solo, CEO Asset Management, im vergangenen Jahr den «perfekten Sturm». Viele Kunden seien im Herbst in Panik ausgebrochen und hätten alles abgestossen, was liquide gewesen sei. Er rechne vor diesem Hintergrund auch im ersten Quartal mit weiteren Abflüssen. Weiterhin gut entwickelte sich demgegenüber das Neugeld im Segment Bank Julius Bär mit einem Zufluss von 22 Mrd CHF. Entsprechend soll der Wachstumskurs fortgesetzt werden. Neu sprach die Bank auch von Übernahmemöglichkeiten, die sich im aktuellen Umfeld eröffnen könnten. Auch grössere Übernahmen seien in diesem Zusammenhang denkbar, sagte de Gier. Konkrete Pläne für Übernahmen bestünden derzeit aber nicht.


Vor dem Hintergrund einer erneuten Anpassung der Konzernstruktur hat Bär zudem auch seine finanziellen Zielsetzungen bis 2011 überarbeitet. Darüber hinaus mochte das Management jedoch keinen konkreten Ausblick abgeben.


Aktie durch Spekulationen getrieben
Die Bär Aktien erlebten am Freitag eine Berg- und Talfahrt. Nachdem Bär nach Vorlage der Zahlen für das Geschäftsjahr 2008 fast unverändert eröffneten, verloren die Papiere danach von Gerüchten getrieben in der Spitze zeitweise über 40%. Bis gegen 15.10 Uhr löste sich die Aktie jedoch wieder von ihren Tiefstständen und verliert noch 14,2% auf 28,50 CHF. So oder so stösst das Zahlenset bei der Analystengemeinde auf wenig Begeisterung. Bemängelt werden neben der stark geschrumpften Vermögensbasis auch der Nettogeldabfluss auf Gruppenebene sowie die schlechtere Cost/Income Ratio. Kritisiert wird auch die neuerliche Änderung der Segmentberichterstattung, die einen Vergleich mit dem Vorjahr schwierig macht. (awp/mc/pg/01)

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