Die Motion verlangt zum einen, dass Unternehmen bei Kartellabsprachen milder bestraft werden können – und zwar dann, wenn sie über ein sogenanntes Compliance-Programm verfügen, ein Programm zur Beachtung der Gesetze. Zum anderen sollen neu natürliche Personen strafrechtlich verfolgt werden können. Die Gegner befürchten, das Kartellrecht würde damit ausgehöhlt, sodass Unternehmen sich einer Strafe entziehen könnten.
«Generalangriff auf das Kartellrecht»
Eugen David (CVP/SG) sprach von einem «Generalangriff auf das Kartellrecht». Unternehmen würden aus der Verantwortung genommen. Zudem werde es schwieriger, Kartellabsprachen aufzudecken. Dies gelinge nämlich nur, wenn Mitarbeitende als Zeugen aussagten – was sie nicht tun würden, wenn ihnen eine Strafe drohe. Auch der Bundesrat stellte sich gegen die Neuerung. «Man kann mir nicht vorwerfen, dass ich nicht wirtschaftsfreundlich bin», sagte Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard. Mit dem Wunsch nach milderer Bestrafung von Unternehmen und härterer von Mitarbeitenden sende der Rat aber ein fragwürdiges Signal aus.
Präventive Wirkung bezweifelt
Leuthard bezweifelt auch die präventive Wirkung der Massnahme. Bei der ersten Verurteilung würden Gerichte wohl kaum mehr als eine bedingte Strafe aussprechen, sagte sie. Damit hätte die strafrechtliche Verfolgung kaum abschreckende Wirkung. Ein Unternehmen handle immer über seine Mitarbeitenden, gab Leuthard weiter zu bedenken. Jede Kartellabsprache würde somit künftig von Mitarbeitenden und nicht von Unternehmen begangenen. «Wollen Sie tatsächlich eine Amerikanisierung?», fragte Leuthard. In den USA verwanze das FBI Räume verdächtiger Unternehmen und nehme medienwirksam Manager vorläufig fest. Nur wenige landeten aber tatsächlich im Gefängnis.
«Effektives Mittel»
Schweiger hatte darauf hingewiesen, dass in den USA die Strafbarkeit von natürlichen Personen als effektives Mittel gegen Kartellabsprachen betrachtet werde. Auch die EU-Kommission und das EU-Parlament hätten eine entsprechende Richtlinie beschlossen. Im Übrigen betonte Schweiger, es gehe vor allem um die Bestrafung von Managern. Mit dem Ja zur Motion verlange der Rat nichts anderes, als dass der Bundesrat Regeln ausarbeite. Es bleibe ihm überlassen, wie er diese ausgestalte.
Auch Strafmilderungen umstritten
Laut Leuthard wären verschiedene Varianten denkbar. Für die strafrechtliche Verfolgung wäre demnach entweder die Bundesanwaltschaft oder die Wettbewerbsbehörde zuständig. Auch eine Behörde analog zur Finanzmarktaufsicht (FINMA) käme in Frage. Umstritten war in den Räten nicht nur die Strafverfolgung von Mitarbeitenden, sondern auch die Strafmilderung für Unternehmen mit Compliance-Programm. Ursprünglich hatte der Ständerat sogar zulassen wollen, dass solche Unternehmen von Strafe befreit werden können. Der Nationalrat wollte aber höchstens eine Strafmilderung und änderte die Motion ab. Deshalb ging sie nochmals an den Ständerat. (awp/mc/ps/17)