Katar steigt bei Volkswagen und Porsche ein
Einen entsprechenden Vertrag unterzeichneten Ministerpräsident Scheich Hamad bin Dschassim bin Dschaber al-Thani sowie Porsche-Aufsichtsratschef und VW-Aufsichtsratsmitglied Wolfgang Porsche und Aufsichtsratsmitglied Hans Michel Piëch am Freitag in Stuttgart. Zudem besiegelte der Scheich eine Vereinbarung, nach der sein Land Porsche einen Grossteil der Optionen auf VW-Aktion abkauft.
Katar neu drittgrösster VW-Aktionär
Das Emirat wird damit zum drittgrössten Aktionär bei Volkswagen nach den Familien Piëch und Porsche sowie dem Land Niedersachsen. Die Familien Porsche und Piëch haben damit erstmals in der Unternehmensgeschichte Stammaktien an der Porsche Holding an einen externen Investor abgegeben. Wolfgang Porsche sagte dazu: «Das fällt mir nicht schwer, der Familie fällt es nicht schwer.» Es sei eine «gute Entscheidung» und ein «historischer Tag».
Technologietransfer in die Wüste
Der Scheich sagte: «Der erste Grund für den Einstieg ist das Geldverdienen.» Als Weitere Gründe nannte er gute Beziehungen zu Deutschland und den Transfer von Technologie in den Wüstenstaat, der sich für die Zeit nach dem Versiegen seiner Ölquellen rüsten will. Es gelte, den Wohlstand des Landes für die kommenden Generationen zu sichern. Er sehe das Land als strategischen Partner des neuen Automobilkonzerns. «Porsche gehört zu den wertvollsten Automobilmarken der Welt.» Sein Land wolle gemeinsam mit den Familiengesellschaftern dazu beitragen, «dass die Erfolgsgeschichte von Porsche auch in Zukunft gemeinsam mit Volkswagen fortgesetzt wird».
Weniger Kredit für Porsche als erhofft
Durch den Verkauf der Aktien-Optionen würden für Porsche deutlich über eine Milliarde Euro Mittel frei, die vorher als Sicherheit bei den Banken gebunden waren, teilte die Holding weiter mit. Dem Vernehmen nach kann das Emirat 17 Prozent an VW erwerben, wenn es die Optionen realisiert. Katar hat auch zugesagt, den durch ein Bankenkonsortium gewährten Kreditrahmen für Porsche von derzeit 10,75 Milliarden um bis zu 265 Millionen Euro aufzustocken. Ursprünglich hatte sich Porsche bei Katar um einen Kredit über 750 Millionen Euro bemüht. Porsche hatte im Zuge der missglückten Mehrheitsübernahme zehn Milliarden Schulen angehäuft.
VW-Porsche-Konzern strebt mit Macht an Weltspitze
Am Donnerstagabend hatten Volkswagen und Porsche eine Grundlagenvereinbarung geschlossen. Nach einem monatelangen und erbitterten Übernahme-Machtkampf machten die Aufsichtsräte beider Unternehmen den Weg für ein neues Autoimperium frei. Im Laufe des Jahres 2011 sollen die beiden Autobauer miteinander verschmelzen. Mit dem kleinen, aber ertragsstarken Sportwagenbauer als zehnter Marke im Konzern will VW bei der Jagd auf den weltgrössten Autobauer Toyota Gas geben. Die Familien Piëch und Porsche blieben grösster VW-Aktionär, sagte Winterkorn. Das Emirat Katar werde der dritte VW-Grossaktionär neben dem Land Niedersachsen.
VW steigt vorerst mit 42 Prozent bei Porsche ein
Die Vereinbarung zwischen den beiden Autobauern sieht vor, dass VW zunächst für rund 3,3 Milliarden Euro mit 42 Prozent beim Porsche-Automobilgeschäft (Porsche AG) einsteigt. Ausserdem soll das österreichische Autohandelsgeschäft von Porsche mit Sitz in Salzburg für rund drei Milliarden Euro an VW verkauft werden. An der Spitze des integrierten Automobilkonzerns steht als neuer starker Mann VW-Chef Winterkorn. Der Konzernsitz ist Wolfsburg. Die bei Volkswagen geplante Kapitalerhöhung zur Refinanzierung der Beteiligung an Porsche solle ein Volumen von rund vier Milliarden Euro haben, sagte Finanzchef Hans Dieter Pötsch. Die Zustimmung der Aktionäre solle auf einer ausserordentlichen Hauptversammlung bis Ende des Jahres eingeholt werden.
VW bleibt handlungsfähig
Pötsch betonte, Volkswagen bleibe nach dem Einstieg bei Porsche «finanziell und strategisch voll handlungsfähig». Er versicherte: «Wir wissen, worauf wir uns einlassen.» Porsche werde die Ertragskraft des VW-Konzerns deutlich stärken. Das operative Ergebnis werde jährlich um 700 Millionen Euro steigen. Die Synergien entsprechen laut Pötsch einem Barwert von 3 Milliarden Euro. «Porsche und VW machen einen grossen Schritt in Richtung Weltspitze.»
Mitarbeiterbeteiligung
Der VW-Betriebsrat strebt unterdessen eine Mitarbeiterbeteiligung an Volkswagen in der Grössenordnung zwischen einem und fünf Prozent an, wie Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte. Es gehe darum, die Belegschaft langfristig am Unternehmen zu beteiligen. Die Dividende sei für soziale Zwecke vorgesehen. Demnächst würden Verhandlungen über die Mitarbeiterbeteiligung beginnen.
Entwicklungsauftrag für Karmann
Volkswagen bestätigte unterdessen in Wolfsburg, dass der Hersteller einen Entwicklungsauftrag an den insolventen Osnabrücker Autobauer Karmann vergeben hat. VW denke ständig über neue Cabrios nach, sagte Winterkorn. Karmann habe nach wie vor eine hohe Kompetenz. Winterkorn äusserte sich nicht zu Spekulationen, dass VW Karmann übernehmen könnte. Karmann hatte sich mit der Produktion diverser Cabrios und Coupés im Auftrag von VW weltweit einen Namen gemacht. Die Autokrise hatte den bereits angeschlagenen Osnabrücker Hersteller schwer erwischt. Ende Juni war das Insolvenzverfahren eröffnet worden. (awp/mc/ps/22)