Klaus Oesch, CEO Orell Füssli Gruppe: «Wir sehen bei Atlantic Zeiser genügend Potenzial, um bequem zu wachsen»
Von André Schäppi Moneycab: Herr Oesch, Orell Füssli hat letzte Woche die Übernahme der Videodata bekannt gegeben, die in den Geschäftsbereich Verlage integriert werden wird. Zu diesem gehören unter anderem Online-Datenbanken mit Firmen- und Personeninformationen Teledata und Kompass. Lohnt es sich für Orell Füssli im Zeitalter des Internets überhaupt noch, diese Dienste anzubieten? Klaus Oesch:
Können Sie in diesem Bereich denn überhaupt noch zulegen?
Ja, wir können da noch zulegen. In einem weiten Teil unterstützen wir die Prozesse unserer Kunden direkt, zum Beispiel den Kreditanalyseprozess einer Bank. Dort liefern wir ins hauseigene Intranet gezielt Informationen zur Unterstützung dieser Prozesse. Da der kundenseitige Bedarf an schnellen Informationen weiter steigt, haben wir für unsere Dienste noch ein interessantes Potenzial.
Ganz aktuell ist der Weihnachtsverkauf, der hoffentlich auf vollen Touren läuft. Wie entwickelt sich der Verkauf bei Büchern, DVDs, Software und Hörbüchern?
Wir hatten das ganze Jahr eine Nachfrage unter den Erwartungen. Und das ist bis jetzt auch im Weihnachtsverkauf nicht viel besser geworden. Wir haben Erscheinungen wie zunehmende Frequenzen, aber trotzdem einen stagnierenden Umsatz. Das heisst, es wird durchschnittlich weniger Erlös pro Buch erzielt oder auch pro Warenkorb. Das hängt sicher mit Preissenkungstendenzen zusammen, die zum Teil den Wettbewerb in Deutschland reflektieren. Wir betrachten dies als möglichen Hinweis darauf, dass die Leute preisbewusster einkaufen, bei Sachbüchern nicht das teuerste kaufen, bei Romanen vielleicht eher das Paperback statt gebundene Bücher. Und nicht zuletzt macht uns die Tatsache zu schaffen, dass wohl immer weniger gelesen wird.
Auf der anderen Seite stellen wir jetzt im Weihnachtsverkauf auch fest, dass teuerer eingekauft wird, was der obigen Aussage teilweise widersprechen würde. Das ist aber im Einklang mit der generellen Beobachtung, dass Geld für Luxusartikel ausgegeben wird. Es wird nicht gespart, es wird bewusst auch auf Prestige geachtet.
Zusammengefasst ist es im Moment noch schwierig zu beurteilen, wie das Weihnachtsgeschäft abschliessen wird, denn im Buchhandel sind die letzten zwei Wochen vor Weihnachten entscheidend. Bücher kauft man oft erst zuletzt. Wir hoffen natürlich, dass wir davon noch profitieren werden in einem Umfeld, das sich ja konsumfreudiger darstellt als im letzten Jahr.
Sie haben ja auch einen Onlineshop. Sehen Sie denn eine Verlagerung hin zum Internet?
Ja, das ist jetzt seit einigen Jahren so. Nicht nur bei uns. Verlagerung ist nur ein Teil des Interneterfolges. Dazu kommen neue Kundensegmente, die erst durch das Internet erschlossen werden konnten.
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Sie bieten unter anderem auch das Herunterladen von Hörbüchern für den iPod an. Ein Geschäft, das sich lohnt?
Ausgehend von einem bescheidenen Basisvolumen war der Zuwachs bei Hörbüchern in den letzten zwei, drei Jahren stattlich. Das Herunterladen von Hörbüchern ist eine interessante Ergänzung zur Förderung der Hörbücher.
Wie haben sich die Auslastung und der Auftragsbestand im Sicherheitsdruck im zweiten Halbjahr entwickelt und wie sehen die Aussichten für 2007 aus?
Wir arbeiten aktuell fast vierschichtig, damit wir die Aufträge termingerecht erledigen können. Letztes Jahr waren die Resultate unter anderem weniger gut, weil wir beim Umstellen von Papier auf Polymersubstrat technische Probleme hatten, was zu Wertschöpfungsverlust geführt hat. Wir haben diese Prozesse jetzt im Griff und sind am Aufholen. Auch im nächsten Jahr wird die Auslastung hoch sein.
Die SNB plant, ab 2010 eine neue Banknotenserie einzuführen. Ein technologisch und finanziell interessanter Auftrag für Orell Füssli?
Z.Zt. läuft ein Gestaltungswettbewerb, der anfangs des nächsten Jahres entschieden werden wird. Im Anschluss daran wird über eine neue Emission befunden. Eine neue Noten-Emission ist durchaus interessant für uns, da die SNB mit einer neuen Emission regelmässig Innovationen bringt, insbesondere auch neue Sicherheitselemente. Das heisst, die neuen Noten werden einen höheren Sicherheitsstandard haben, als die jetzigen. Für uns ist das natürlich gut, weil wir uns mit innovativen Elementen auch profilieren können.
Wie sieht es mit den Margen im Sicherheitsdruck aus?
Im Moment sind sie stabil, weil auch die Nachfrage relativ gut ist. Das hängt insbesondere damit zusammen, dass die Eurodruckereien bereits wieder in einem hohen Umfang nachdrucken müssen. Dadurch sind einige hochqualifizierte Druckereien in Europa gut ausgelastet, was den Markt für andere wie uns entlastet.
Bei Atlantic Zeiser sind die Restrukturierungsarbeiten Mitte Jahr weitgehend abgeschlossen, ein neuer CEO wurde eingesetzt. Wie wird der Abschluss dieses Jahr aussehen?
Abgesehen davon, dass wir die Zahlen nicht einzeln bekannt geben, gehen davon aus, dass in diesem Jahr der Umsatz gegenüber letztes Jahr leicht zunehmen wird. Ertragsmässig sollten wesentlich bessere Zahlen geschrieben werden, weil die Sonderbelastungen letztes Jahr einmalig waren.
Und das soll auch in den nächsten Jahren so weiterlaufen oder wollen Sie noch zulegen?
Wir wollen die Marge halten, aber wir wollen vor allem auch wachsen. Wenn Sie wachsen, können Sie in der Regel nicht gleichzeitig die Marge nach oben treiben. Wir haben eine komfortable Marge und wir könnten deshalb auch eine Margeneinbusse in Kauf nehmen.
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Also Wachsen mit organischem Wachstum?
Wir sehen bei AZ genügend Potenzial, um bequem wachsen zu können. So ist beispielsweise die Nachfrage nach Individualisierungsmerkmalen auf Produkten steigend.
Es würde ja nicht viel Sinn machen, wenn Sie in diesem Bereich bereits wieder Akquisitionen tätigen würden.
Da sind wir neutral. Dies ist mehr eine Frage, ob ein derartiger Schritt qualitativ zu unserer Strategie passen würde.
Planen Sie denn konkret eine Akquisition?
Wir haben keine konkreten Pläne.
Wohin soll denn die Reise mit Atlantic Zeiser gehen?
Die Vision ist die gleiche wie immer, d.h. Individualisieren von Produkten oder auch von Verpackungen. Wir sind der Meinung, dass mit dieser Vision ein grosses Feld offen ist. Und wir haben das klare Ziel zu wachsen. Die Reise heisst also wachsen, aber profitabel wachsen.
In welchem Umfang gibt es eigentlich bei Atlantic Zeiser Synergien mit dem Sicherheitsdruck?
Es gibt Projekte, bei denen wir Spezialisten der beiden Firmen zusammenziehen. Aber das beschränkt sich auf ausgewählte Projekte. Ob zu einem späteren Zeitpunkt die Aktivitäten enger zusammengeführt werden, ist nicht entschieden, aber auch nicht ausgeschlossen.
Sie werden aller Voraussicht nach an der GV 2007 neuer VR-Präsident der OF Holding. Als langjähriger CEO kennen Sie alle Geschäfte bestens und haben sie auch auf Vordermann gebracht. Sind da Veränderungen der strategischen Ausrichtung der OF zu erwarten?
Mein Wechsel ins Verwaltungsratspräsidium wird per se keine Strategieänderung bringen. Dass ein neuer CEO jedoch neue Ideen bringt, ist erwünscht und schliesst nicht aus, dass im Nachgang gewisse Dinge neu beurteilt werden. Dass sich daraus Strategieänderungen ergeben können, will ich nicht ausschliessen.
Wie weit ist denn die Suche nach Ihrem Nachfolger als CEO fortgeschritten?
Die Findung ist weit fortgeschritten.
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Sind interne und externe Kandidaten in Prüfung?
Mit grosser Wahrscheinlichkeit wird ein externer Kandidat meine Nachfolge antreten. Einer der Gründe, die für diese Variante sprechen, ist die «Auffrischung», die ein externer Kandidat bringt. Wir haben als relativ kleine Unternehmung wenig Kaderreserven. Das Nachziehen eines hausinternen Kadermannes könnte Lücken auf der nächsten Stufe, die das operationelle Geschäft führt, provozieren.
Herr Oesch, Sie sind jetzt 62. Welchen Zeithorizont haben Sie für Ihre Aktivitäten als VRP?
Ich würde jetzt davon ausgehen, dass ich mindestens bis 65 im Verwaltungsrat sein werde. Nachher wird man weiterschauen.
Wird durch den Wechsel im VR-Präsidium der OF Holding, die künftig nicht mehr durch ein Mitglied der SNB präsidiert werden wird, nicht deren Einflusssphäre geschmälert?
Diese Lösung wurde auch von der SNB gewünscht. Vermutlich hängt das damit zusammen, dass die Nationalbank sich eigentlich nicht dazu berufen fühlt, Industriebetriebe zu führen. Die Beteiligung bei OF hatte und hat den Hintergrund des Banknotendruckes, für die Nationalbank ein wichtiges Geschäft. In der Zwischenzeit ist OF gewachsen und der Umsatzanteil, der die Nationalbank betrifft, ist relativ viel kleiner geworden. Aus diesem Blickwinkel bringt der Wechsel für die SNB eine gute Möglichkeit, ihren Führungsanspruch bei der börsenkotierten OF Gruppe zu relativieren.
Ausblick OF nächstes Jahr?
Wir gehen davon aus, dass wir gegenüber diesem Jahr keine grossen Umsatzsprünge machen werden. Unsere Anstrengungen gehen in Richtung Effizienzsteigerung, d.h. wir werden uns auf weitere Ertragsverbesserungen konzentrieren.
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