Klima- und Innovationsgesetz: Anzündhilfe für ein schon brennendes Feuer und Machtzuwachs für Behörden
Glaubt man den Politikerinnen und Politikern (fast allen, ausser SVP-Vertretern), den laut- und reichweitenstärksten Experten in den sozialen Medien, kann die Schweiz nur mit einem Ja zum «Klimaschutzgesetz» den Gletscherschwund im eigenen Land, die Hitze- und Dürrewellen in südlichen Ländern und die Überschwemmungen in Norditalien oder Pakistan stoppen. Zudem sichern wir mit einem Ja die Zukunft der alpinen Skiprofis und ganz allgemein der nächsten Generationen (auch die der vermeintlich «letzten Generation»).
Kommentar von Helmuth Fuchs
Und überhaupt ist, wer nicht Ja stimmt, natürlich ein moralisch schon sehr verkommenes Subjekt und zudem nicht solidarisch.
Die gegnerische Seite, nach Lesart der Befürworter also nur die SVP und einige Vorgestrige und Klimaleugner, warnt nicht weniger schrill, vor dem «Stromfresser»-Gesetz, Verboten (die so explizit nicht im Gesetzt definiert sind) und hohen Kosten für die Bürger (die sich auf ein rein theoretisches Szenario der kompletten Energie-Autarkie der Schweiz stützen und ebenso falsch sein dürften, wie die vom Bundesrat vor der Abstimmung zum Energiegesetz 2017 propagierten 40 CHF pro Haushalt und Jahr).
Cui bono?
Wie immer lohnt es sich, wenn es so schrill, laut und ideologisch in den Medien tost und die Bevölkerung sich in zwei fast unversöhnliche Lager spaltet, die einfache Frage zu stellen: Cui bono? Wem nützt es? Und was kostet es?
Zuallererst kann das Gesetz theoretisch in der Tat helfen, den CO2-Ausstoss der Schweiz zu senken und so das Paris-Ziel (Netto Null) 2050 zu erreichen. Dies, weil durch die Ausschüttung von 200 Millionen Franken pro Jahr über 10 Jahre der Umbau von Heizungen von Öl/Gas/Elektro zu Wärmepumpen (oder Holz) gefördert werden soll. Wärmepumpen machen vor allem dort Sinn, wo gleichzeitig Solarenergie einen Teil der Energie liefert, die für den Betrieb der Wärmepumpe benötigt wird. Sowohl Solaranlagen, als auch Wärmepumpen sind in der Schweiz jedoch heute schon boomende Geschäftsbereiche.
Quelle Photovoltaik: Swissolar; Quelle Wärmepumpen: Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz
Es stellt sich also die Frage, weshalb heute schon erfolgreiche Bereiche, deren grössten Probleme fehlende Komponenten (vorwiegend aus Asien) und ein Mangel an verfügbaren Spezialisten sind, zusätzlich mit Bundesgeldern unterstützt werden sollen. Selbstverständlich wehren sich Unternehmen nicht, wenn es zusätzliches Geld gibt, weshalb von ihnen das Gesetz auch unterstützt wird. Sie haben nichts zu verlieren, nur zu gewinnen.
Dasselbe gilt für die Bauern, eine der wichtigsten Kräfte bei allen Abstimmungen. Ihnen werden im Text zur Abstimmung auf der offiziellen Bundesseite («Die Landwirtschaft soll von Massnahmen zur Bewältigung von Trockenheitsphasen profitieren.») und auch explizit im Gesetzestext («Wo eine besondere Ausgangslage für Berg- und Randgebiete besteht, werden zusätzliche Unterstützungen vorgesehen.») grosszügige Zahlungen in Aussicht gestellt.
Alles nur Gewinner und ohne Kosten?
In diesem Sinne hat der Bundesrat seine Lektion aus dem Scheitern des CO2-Gesetzes vom 13. Juni 2021 gelernt und beim vorliegenden Gesetz darauf geachtet, dass es praktisch nur Gewinner geben kann und dies scheinbar ohne Kostenfolge für die Bürgerinnen und Bürger.
«Die Massnahmen sollen aus den allgemeinen Bundesmitteln finanziert werden. Die Vorlage enthält keine neuen Steuern, Gebühren oder Abgaben. Es gibt darin auch keine neuen Vorschriften oder Verbote.» (Abstimmungstext des Bundes)
Wenn etwas zu gut tönt, um wahr zu sein, ist es meistens auch so. Die 3.2 Milliarden Franken, (2 Milliarden Heizungsumbauten, 1.2 Milliarden für neue Technologien), die durch das Gesetz verteilt werden sollen, werden natürlich an einem anderen Ort fehlen. Das heisst, es wird einfach anderswo zu neuen Steuern, Gebühren oder Abgaben kommen.
Kreide essen jetzt, Zähne zeigen in der Zukunft
Wichtiger als das Gesetz an sich ist der sich daraus ergebende Machtzuwachs des Bundesrates und der Behörden, wenn es um die Umsetzung und den Einhalt des im Gesetz festgelegten Fahrplans geht. Mit der Annahme des Gesetzes werden auch die Einhaltungen der einzelnen Schritte verpflichtend. Hier werden der Bundesrat und die zuständigen Behörden dann darauf pochen, dass das Volk dem zugestimmt hat und es jetzt halt die notwendigen Schritte braucht, um das Gesetzt umsetzen. Diese umfassen dann eben Anpassungen bestehender Gesetze, neue Vorschriften, Abgaben, Steuern, Gesetze etc.
«Vorschriften anderer Bundeserlasse und kantonaler Erlasse, insbesondere in den Bereichen CO2, Umwelt, Energie, Raumplanung, Finanz-, Land-, Wald- und Holzwirtschaft, Strassen- und Luftverkehr sowie Mineralölbesteuerung, sollen so ausgestaltet und angewendet werden, dass sie zur Erreichung der Ziele dieses Gesetzes beitragen.» (Art. 12 Verhältnis zu anderen Erlassen)
Neue Gesetze statt der Anwendung von bestehenden
Prinzipiell hätten der Bundesrat und die Behörden heute schon sämtliche Gesetze, Verordnungen und Vorschriften, um zum Beispiel den neuen Einbau von Ölheizungen faktisch zu verunmöglichen und technologische Innovationen fördern. Das scheint ihnen aber zu mühsam, also wird ein neues Gesetz geschaffen, das in der ersten Phase nur Geldausschüttungen und einen zeitlichen Rahmen definiert und alle wahren Kosten und negativen Anpassungen in die Zukunft verschiebt, dann aber durch das neue Gesetzt legitimiert. Salamitaktik und ein weiterer schleichender Machtzuwachs für Behörden und den Bundesrat. In Zeiten, in denen der Bundesrat als Gesamtgremium so schwach wie schon lange nicht mehr aufgestellt ist und die zunehmende Gesetzesdichte das Leben der Bürgerinnen und Bürger immer und oft unnötigerweise komplizierter macht, keine allzu erfreulichen Aussichten.