KOF Herbstprognose: Aufschwung gebremst ? Aussichten intakt

Der private Konsum nimmt 2011 um 1.6% zu. Die Arbeitslosenquote sinkt im nächsten Jahr auf 3.2%, weie die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich am Montag in Aussicht gestellt hat. 


Deutschland überrascht positiv
Dank der starken Erholung der letzten Monate konnte die Schweizer Wirtschaft den BIP-Einbruch während der jüngsten Rezession weitgehend ausgleichen. Mittlerweile präsentiert sich auch das internationale Konjunkturumfeld etwas freundlicher. Der überraschend guten Entwicklung in Deutschland im 2. Quartal 2010 stehen zwar negative Schlagzeilen aus anderen europäischen Ländern gegenüber (Stichwort: Staatsverschuldung) ? und über Stärke und Nachhaltigkeit des US-Aufschwungs wird weiterhin diskutiert. Die Befürchtungen, der seit Mitte 2009 wieder einsetzende Aufschwung der Weltkonjunktur könnte in einem W-förmigen Konjunkturverlauf enden (Double Dip), haben sich indes nicht bestätigt. Zu verdanken ist dies in erster Linie den boomenden Volkswirtschaften Asiens.


Produktion in der Schweiz wieder hochgefahren
Die wirtschaftliche Aktivität in der Schweiz hat in diesem Jahr wieder deutlich zugenommen. Die Weltwirtschaft hat einen rasanten Aufholprozess von Produktion und Handel erlebt, nicht zuletzt dank der in vielen Ländern geschnürten Konjunkturpakete und der Bereitschaft der Firmen, ihre während der Krise abgebauten Lagerbestände wieder aufzustocken. Die Produktion in der Schweiz wurde hochgefahren und die vorhandenen Produktionskapazitäten konnten besser ausgelastet werden. Die Arbeitslosigkeit ist seit der Jahreswende kontinuierlich gesunken. Im Jahresdurchschnitt erwartet die KOF eine Arbeitslosenquote von 3.8%. Die verfügbaren Einkommen sind während der Rezession stärker gestiegen als die Konsumausgaben und die Bevölkerung nimmt weiter zu. Das verhilft dem privaten Konsum zu einem ansehnlichen Wachstum von 1.9% im laufenden Jahr. Die KOF-Stimmungsindikatoren deuten ebenfalls auf eine Fortsetzung des Aufschwungs bis zum Jahresende hin. Das BIP-Wachstum wird 2010 somit erfreuliche 2.7% betragen.


«Safe haven»-Währung
Dass die hiesige Konjunktur dieses hohe Tempo auch 2011 halten kann, ist unwahrscheinlich. Zurzeit erleidet die Weltwirtschaft einen Dämpfer ? hervorgerufen durch Sparpakete und das Ende eines ausgeprägten Lagerzyklus. Zudem werden die kommenden Monate massgeblich durch die Entwicklung des Schweizerfrankens bestimmt. Dieser geriet gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung unter starken Aufwertungsdruck. Dahinter steht die Kombination zweier Entwicklungen. Die Schweiz hat sich zum einen in der Finanz- und Wirtschaftskrise als krisenresistenter erwiesen als manch andere Industrienation. Andererseits hat der Schweizerfranken seine Funktion als «Safe haven»-Währung wieder einmal eindrucksvoll wahrgenommen. Seit Juni dieses Jahres ist nun auch eine zunehmende Aufwertung des Frankens gegenüber dem US-Dollar und dem britischen Pfund festzustellen.


Exportorientierte Firmen zunehmend unter Druck
Der hohe Frankenkurs belastet die exportorientierten Firmen zunehmend. Zwar blieben dank des gleichzeitigen Anstiegs der Wirtschaftsaktivität in den bedeutendsten Schweizer Exportdestinationen die Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft bisher gering. Der Tourismussektor spürt aber bereits eine rückläufige Nachfrage der Gäste aus dem Euro-Raum. Hält die Stärke des Frankens weiter an, wird sich diese Tendenz verstärken und weitere Herkunftsländer betreffen. Dies gilt gleichermassen für die übrigen exportabhängigen Wirtschaftszweige. Nach starken Wachstumsraten von 9.3% im laufenden Jahr werden die gesamten Exporte 2011 entsprechend nur noch mit 3.3% zunehmen, 2012 dürfte dann allerdings wieder eine Beschleunigung eintreten (6.5%). Die Importe verzeichnen hingegen auch im nächsten Jahr aufgrund der für sie positiven Wechselkursentwicklung und einer robusten inländischen Nachfrage ein relativ hohes Wachstum von 6.4%, 2012 werden sie um 6.5% zunehmen.


Weder Inflations- noch Deflationsgefahr
Nur mässig werden die Preise steigen. Nennenswerte Inflations- oder Deflationsrisiken bestehen derzeit keine. Die KOF geht davon aus, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) Anfang 2011 die Zinsen etwas anheben wird. Der Eingriff der SNB könnte allenfalls durch die Entwicklung am Immobilienmarkt rascher erfolgen. Die Häuserpreise sind weiter gestiegen und die Hypothekarkredite verzeichnen ebenfalls hohe Wachstumsraten. Sollten die Immobilienpreise oder die Wohnbauaktivität verstärkt zunehmen, könnte eine Zinserhöhung dämpfend wirken.


Deutlich weniger als 3 Prozent Arbeitslose 2012?
Die Erholung des Arbeitsmarktes setzt sich im kommenden Jahr fort. Die KOF rechnet mit einer weiteren Reduktion der Arbeitslosenzahlen mit Quoten von 3.2% (2011) beziehungsweise 2.8% (2012). Gleichzeitig werden die Löhne in den nächsten Jahren nicht stark steigen, 2011 dürfte real sogar eine Abnahme resultieren. Dafür verantwortlich sind unter anderem die aufgrund des Wechselkurses schwindenden Margen der exportierenden Firmen. Wenig betroffen von der Wechselkursentwicklung sind die privaten Konsumenten ? sie profitieren teilweise sogar von der günstigen Nachbarwährung. Für den privaten Konsum prognostiziert die KOF Wachstumsraten von 1.6% beziehungsweise 1.7% für die Jahre 2011 und 2012, was in etwa dem Mittelwert der letzten zehn Jahre entspricht.


Nachholfeffekt bei Ausrüstungsinvestitionen
Steigende Wachstumsraten sind bei den Ausrüstungsinvestitionen zu erwarten, die vom Nachholeffekt nach den rückläufigen Investitionen während der Rezession profitieren. Etwas schwächer ? aber weiterhin positiv ? entwickeln sich die Bauinvestitionen, die sich auch während der Krise als robust erwiesen haben: 2011 wachsen sie um 1.0% beziehungsweise 1.2% im Jahr 2012.


Risiko Frankenkurs
Das grösste Risiko für die Prognose betrifft den Frankenkurs. Die KOF rechnet damit, dass der Franken/Euro-Kurs erst zum Ende des Prognosezeitraums einen Wert von 1.40 erreichen wird. Rutscht der Wechselkurs weiter Richtung 1:1-Parität, wird die Wirtschaft im nächsten Jahr stärker getroffen als eben dargestellt. Ein «Aufwärtsrisiko», mit einem schwächeren Franken als diesem Szenario zufolge, besteht ebenfalls: Ein Wechselkurs von 1.50 würde dem jetzt prog nostizierten Wirtschaftswachstum zusätzlichen Schwung verleihen. (kof/mc/ps)

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