Daher ist Vorsicht geboten, eine zu schnelle Erholung anzunehmen. Ein Ende ist erst in Sicht, wenn unter anderem die systemischen Risiken der Banken konkreter angegangen werden. Dies schreibt die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich in ihrem Bulletoin vom 3. Juni 2009.
Erste Anzeichen einer Bodenbildung
Demnach lassen sich jüngsten Zahlen und Umfragen zufolge indes erste Anzeichen vermelden, die auf eine Bodenbildung hin schliessen lassen könnten. So fielen verschiedene Daten besser aus als erwartet. Die Stimmung der Einkaufsmanager im verarbeitenden Gewerbe in den USA erholte sich im April stärker, als es Umfragen zuvor suggerierten. Auch in Deutschland verbesserte sich der Geschäftsklimaindex des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung im April leicht. Aber auch hier gilt es, abzuwarten. Solange die Ursachen der Krise im Finanzsektor nicht behoben sind, kann noch keine Entwarnung gegeben werden.
Weiterhin grosser Aufräumbedarf bei Banken
Weiterhin im Fokus stehen dabei die Banken, bei denen Aufräumbedarf besteht. Der Stresstest, der von der amerikanischen Regierung in Auftrag gegeben wurde, barg für mehr als die Hälfte der geprüften Kreditinstitute schlechte Nachrichten. Diese sollen ihr Eigenkapital um weitere $ 74.6 Mrd. aufstocken. Zudem wurde Kritik über diesen Test laut, da das unterstellte Szenario fraglich und zu optimistisch sei. In der EU wird nun ein solcher Stresstest in abgeänderter Form bis September durchgeführt.
Strohfeuer oder längerfristige Erholung?
Für eine allgemein freundlichere Stimmung sorgte die Aktienmarktrallye der letzten zwei Monate, die auch zum Teil auf besser als erwartete Zahlen aus den Industrienationen zurückzuführen ist. Es bleibt abzuwarten, ob es sich nur um eine kurzfristige Erholung handelt oder wirklich um den Anfang eines neuen Aufschwungs. Gleicht man zum Beispiel den jetzigen Stand des Deutschen Aktienindexes (DAX) mit demjenigen in vorherigen Krisen ab, zeigt sich, dass die momentanen Stände noch nicht so stark abgesackt sind wie bei vorausgegangenen Einbrüchen.
Spezialisierte Investmentboutiquen im Trend
Ein neuartiger Trend hat sich in den letzten Monaten entwickelt, der eventuell zur Entlastung der Banken beitragen könnte. Kleine, spezialisierte Investmentboutiquen werden immer häufiger gegründet, die Risikopositionen von Banken übernehmen. Andere spezialisieren sich auf das Broker- und Beratungsgeschäft und tragen somit zu einer Stabilisierung des Marktes bei, indem sie für erhöhte Liquidität sorgen und Vertrauen kreieren.
Banken im Stresstest
Die im April veröffentlichte Umfrage der amerikanischen Notenbank Fed «Senior Loan Officer Opinion Survey» (SLOOS) liess Hoffnungsschimmer wegen zwar verbesserten, aber immer noch strengen Kreditbedingungen aufkommen. Jedoch wurde hierbei auch deutlich, dass sich eventuell neue Problemherde bei den Banken auftun könnten. Über 70% der befragten Banken gaben an, dass sich die Qualität ihrer Kreditportfolios dieses Jahr wahrscheinlich verschlechtern wird.
Neue Rangordnung im Finanzsektor
Des Weiteren bleibt der Ausblick im Bankensektor verhalten. Einzelne Erfolgsmeldungen bei Quartalsberichten aus dem ersten Quartal machten in den letzten Wochen Schlagzeilen, wobei andere Banken enttäuschende Zahlen lieferten. Im Bankensektor zeichnet sich eine neue Rangordnung ab, die gewisse Banken gestärkt aus der Krise hervorkommen lassen wird, andere müssen zuerst den Prozess der «Gesundschrumpfung» durchlaufen. Dadurch werden sie ? bei einer Erholung ? wichtige Profitchancen in spezialisierten Segmenten gegenüber Mitbewerbern verpassen.
«Bad Bank»-Konzept auch in Deutschland
Weitere Neuigkeiten sind mit dem «Bad Bank»-Konzept aus Deutschland zu vermelden. Demnach können deutsche Banken toxische Wertpapiere in eine eigens kreierte Zweckgesellschaft auslagern. Die Banken erhalten im Tausch für diese Papiere nach einem Abschlag staatlich garantierte Anleihen. Jedoch müssen die Banken 20 Jahre für eventuelle Verluste der ausgelagerten Papiere mit ihren Gewinnen haften. Dies ist zwar gut für den Steuerzahler, da dieser erst dann Verluste übernehmen muss, wenn die Banken auch nach Risikoentlastung nicht hinreichend Gewinne machen, jedoch ist es fraglich, ob dieses «Herauszögern» auf 20 Jahre nachhaltig zur Stabilisierung beitragen kann.
Probleme noch nicht gelöst
Die Probleme sind somit nicht gelöst, sondern lediglich ausgelagert und zeitlich verschoben. Die Situation der Banken bleibt angespannt. Die Volumina im operativen Geschäftsbereich nehmen allmählich ab, da die Einbrüche in der Realwirtschaft nun immer mehr zum Tragen kommen. Dieser Prozess tritt erfahrungsgemäss verzögert ein. Es muss sich zeigen, ob die Konjunktur- und Hilfsprogramme der Regierungen greifen und ob die jüngsten positiven Anzeichen sich bestärken. (kof/mc/ps)