Noch im Juni war die KOF lediglich von einer konjunkturellen Eintrübung ausgegangen. Es habe einen «dramatischen Einbruch» bei den Stimmungsindikatoren in der Eurozone gegeben, sagte Volker Nitsch – beim KOF für Internationale Wirtschaft zuständig – an einer Medienkonferenz in Zürich anlässlich der Herbstprognose. Die durch hohe Rohstoffpreise getriebene Inflation sowie die schwelende Finanzkrise hätten die konjunkturellen Perspektiven erheblich verschlechtert. In den USA gebe es immerhin einen Hoffnungsschimmer; die Schwellenländer zeigten sich dagegen robust.
Noch 0,3 Prozent Wachstum für 2009
Neu wird hierzulande für 2008 mit einem BIP-Wachstum von 1,9 (bisher 2,0)% gerechnet. Im vierten Quartal dieses Jahres und im ersten Quartal 2009 werden Negativraten prognostiziert. Damit sind die Kriterien erfüllt, um von einer Rezession zu sprechen. Dies hat auch Folgen für die Jahresprognose 2009 mit einem BIP-Wachstum von nur noch 0,3 (1,8)%. Für das Jahr 2010 lautet die Wachstumsprognose auf 1,5%.
SNB vor Zinssenkung?
Dem erwarteten Wirtschaftseinbruch im Winter könne auch die Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) nichts entgegensetzen, sondern nur die Erholung beschleunigen. «Wir gehen davon aus, dass die SNB im Winterhalbjahr das Zielband für den Dreimonats-Libor in zwei Schritten um je 25 Basispunkte senken wird», so die KOF. Das Währungspaar CHF/EUR sehen die Forscher bei etwa 1,60. Dagegen sollen der Dollar, das Pfund und der Yen weiter an Wert gegenüber dem Franken gewinnen.
Teuerungsprognose unverändert
Die Prognose für den Landesindex der Konsumentenpreise im laufenden Jahr liegt unverändert bei 2,6%. Mit der Beruhigung an den Rohwarenmärkten soll die Teuerung dann langsam wieder sinken. Dazu dürfte auch die schwächer werdende Konjunktur beitragen, schreibt die KOF und veranschlagt für 2009 eine durchschnittliche Jahresteuerung von 1,5 (1,4)% und für 2010 von 1,3%.
Handelsbilanz 2010 mit Defizit?
Im laufenden Jahr gehen die KOF-Experten von bestenfalls stagnierenden Investitionen und einem schwachen Finanzsektor aus. Der Aussenhandel dürfte sich dann stark abschwächen, in den Jahren 2009 und 2010 soll die Handelsbilanz gar ein Defizit ausweisen. Die Marktsituation der exportorientierten Unternehmen werde auch auf die eher binnenorientierten Wirtschaftszweige übergreifen, heisst es.
Arbeitslosigkeit: Unterer Wendepunkt erreicht
Bei der Arbeitslosigkeit sei der untere Wendepunkt erreicht; die Arbeitslosenquote werde von 2,5% im laufenden Jahr auf 2,8% (2009) bzw. 3,1% (2010) steigen. Dabei seien jedoch keine konjunkturbedingten Entlassungen zu erwarten, vielmehr gebe es eine verhaltene Neubesetzung von freiwerdenden Stellen. Stützend soll sich im laufenden Jahr noch der – verlangsamte – Anstieg des privaten Konsums auf die Schweizer Wirtschaft auswirken. Die Konsumnachfrage lässt nach Meinung der Experten dann jedoch allmählich nach. Auch die Ausrüstungsinvestitionen sinken, Bauinvestitionen sollen auf heutigem Niveau bleiben.
Weltwirtschaft vor moderater Erholung?
Was die internationalen Rahmenbedingungen angeht, dürfte es ab Jahresende 2008 zu einer leichten Stabilisierung und moderaten Erholung der Weltwirtschaft kommen. Nach Meinung der KOF gibt es bisher jedoch keine Anzeichen für ein baldiges Ende der Finanzmarktturbulenzen. Dies belaste den konjunkturellen Ausblick zunehmend. (awp/mc/ps/22)