KOF Sommerprognose: Europa als Stolperstein für Schweizer Aufschwung
Die erfreuliche Entwicklung des Arbeitsmarktes hält an, der private Konsum wird etwas weniger stark wachsen (1.5%). Seit der letzten KOF-Prognose vom März ist die Wirtschaftsentwicklung erfreulich verlaufen. Befürchtungen, dass der Aufschwung nur vorübergehend und die Rezession noch nicht überwunden sein könnten, waren unbegründet. Der private Konsum erweist sich mit einer Wachstumsrate von 1.8% in diesem Jahr einmal mehr als Stütze der Schweizer Konjunktur ? trotz stagnierender Lohneinkommen. Seit einem Jahr steigt die inländische Produktion an. Der Arbeitsmarkt hat sich schnell vom Konjunktureinbruch erholt. Bereits im Dezember 2009 stieg die Beschäftigung wieder und die Arbeitslosigkeit sinkt seit Jahresbeginn; 2010 sollte die Arbeitslosenquote auf 3.8% fallen (siehe G 1). Allerdings ist diese Entwicklung vor allem dem Gesundheitswesen und der Öffentlichen Verwaltung geschuldet, also grösstenteils staatsnahen Branchen.
Unternehmen beginnen wieder zu investieren
Die Bau- (0.8%) und die Ausrüstungsinvestitionen (2.0%) wachsen in diesem Jahr moderat. Die Hochphase der Bauwirtschaft der vergangenen Jahre schwächt sich nun langsam ab. Die Wohnbauinvestitionen werden in diesem Jahr aufgrund der etwas geringeren Einwanderung nur noch leicht steigen. Der Wirtschaftsbau hat sich mit der anziehenden Konjunktur wieder etwas erholt und wird im laufenden Jahr um 1.5% zunehmen. Ein Teil dieses Wachstums ist auf einen Nachholbedarf zurückzuführen. Gleiches gilt für die Ausrüstungsinvestitionen. Im Zuge der leicht zunehmenden Kapazitätsauslastung beginnen die Unternehmen wieder zu investieren.
Wo bleibt Europa?
Ein stetiger, selbsttragender Aufschwung in Europa ist nach wie vor nicht zu beobachten. In vielen Ländern sind die öffentlichen Haushalte durch die getätigten Fiskalausgaben zur Konjunkturstützung in erhebliche Schieflage geraten (siehe Artikel «Schuldenkrise in Europa»). Dadurch haben sich die Risiken für die weitere Konjunkturerholung erhöht. Die Nervosität an den Finanzmärkten hat durch die Defizite und das Schuldenniveau einzelner Länder wieder zugenommen.
CH-Haushaltspolitik steht vergleichsweise gut da
Die Schweiz steht mit ihrer Haushaltspolitik vergleichsweise gut da. Den Turbulenzen, die durch zu hohe Defizite und Anpassungsmassnahmen ausgelöst wurden, kann sie sich aber nicht entziehen. Frühzeitiger als noch im Frühling angenommen hat eine Reihe von Ländern Konsolidierungsmassnahmen beschlossen. Diese vertrauensbildenden Schritte werden die konjunkturelle Erholung in Europa belasten, was die Aussichten der schweizerischen Exportwirtschaft verschlechtert. Dagegen kann die Schweiz dank ihrer diversifizierten Exportstruktur von der anziehenden Wirtschaftsentwicklung in Asien und den USA profitieren. Dies dürfte auch die negativen Auswirkungen der Frankenaufwertung ? 20% gegenüber dem Euro seit Ende 2007 ? etwas abfedern. Insgesamt wachsen die Schweizer Exporte dieses Jahr um 6.6% und 2011 noch um 3.8% (siehe G 2).
Privater Konsum bleibt Konjunkturstütze
Der private Konsum bleibt 2011 Konjunkturstütze; die Konsumlaune der Verbraucher wird sich angesichts einer leicht schwächeren Einkommensentwicklung aber etwas verschlechtern. Im nächsten Jahr kommt es im Bau zu einem geringen Rückgang (?0.4%), der allerdings von den Ausrüstungsinvestitionen (6.4%) mehr als kompensiert wird. Der Rückgang in der Bauwirtschaft ist auf eine Abschwächung bei den öffentlichen Bauinvestitionen zurückzuführen. Dank des Vorziehens einiger grösserer Infrastrukturprojekte im Rahmen der Konjunkturpakete waren die Investitionen 2009 stark angestiegen.
BIP im nächsten Jahr mit 1.6% Wachstum
Insgesamt wird das BIP im nächsten Jahr um 1.6% wachsen. Das ist gegenüber der Frühjahrsprognose eine Abwärtskorrektur um 0.6 Prozentpunkte. Trotz der hohen Liquidität auf dem Geldmarkt erwartet die KOF aufgrund des schwächeren Aufschwungs nur einen geringen Preisauftrieb. Zu Beginn des nächsten Jahres wird sich zwar die Mehrwertsteuererhöhung in den Preisen niederschlagen, doch auch 2011 dürfte die Teuerung mit 0.9% tief bleiben. (kof/mc/gh)