Kommentar: Reden ist bestenfalls Silber

Von Peter Stöferle


Dass er sich schämen würde, müsste er im Namen seiner Bank den Bittgang nach Berlin antreten, hat Josef Ackermann mittlerweile zurückgenommen und dem Rettungspaket der Bundesregierung seine offizielle Unterstützung zugebilligt. Nichtsdestotrotz muss sich Josef Ackermann vorwerfen lassen, dass er sich einen selten ungünstigen Moment ausgesucht hat, um ins Fettnäpfchen zu treten. Einher mit seiner Aussage im «Spiegel» vom Montag geht daher die unumstössliche Voraussetzung, dass die Deutsche Bank unter keinen Umständen in Schieflage geraten wird, auch wenn das Institut nach Eigenbekunden Ackermanns «hart an der Krise vorbeigeschrammt» ist. Man erinnere sich: Auch die UBS und deren Vorgängerinstitutionen galten über Jahrzehnte als Felsen in der Brandung. Und obendrein ist bekanntlich dem einen oder anderen Sturz vom Olymp ein Victory-Zeichen vorausgegangen… Andererseits ist es beruhigend zu wissen, dass die Deutsche Bank in jeder Hinsicht konjunkturresistent zu sein und keinerlei grössere Abhängigkeiten mehr gegenüber der globalen Finanzmarktkrise zu haben scheint.


Auch eine Frage des gesunden Empfindens
Nicht weniger fragwürdig ist Novartis-Konzernchef Daniel Vasella am Montag gegenüber der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens ins Zeug gefahren. Er, der hierzulande zu den absoluten Top-Verdienern gehört, unterstellt mit seiner Bemerkung ausgerechnet dem Bundesrat, der zusammen mit der SNB nolens volens ein Rettungspaket für die UBS geschnürt hat, eine populistische Attitüde. Nur: Dass die Landesregierung auf die Aussage Peter Kurers, wonach die UBS weiterhin Boni in zweistelliger Millionenhöhe auszuzahlen gedenkt, reagieren musste, hat mit Populismus wenig zu tun, dafür viel mit gesundem Empfinden. Und genau dieses scheint bei Vasella Mangelware zu sein. Nicht zuletzt profitiert auch er in der Öffentlichkeit von der gegenwärtigen Fokussierung der Diskussion auf die Finanzmarktkrise, zumal unter anderen Umständen durchaus schleppende Aktienkurse bei steigenden Top-Manager-Gehältern wieder zum Thema werden könnten.


Halali auf Ospel & Co.
Ebenso stossend wie die unbedachten Äusserungen der beiden Top-Manager ist allerdings das Halali, zu dem nun auf Ospel & Co. geblasen wird. Hier entlädt sich keineswegs nur der vielzitierte «Volkes Zorn auf die Abzocker», sondern auch schlicht kollektiv Verdrängtes – sprich Neid -, der von bestimmten Medien bewusst und zu eigenen Zwecken geschürt wird und mit der Person Ospels und weiteren letztendlich nicht viel zu tun hat. Das ist fraglos Populismus pur, rechtfertig jedoch ein pauschales Abkanzeln sämtlicher in die Finanzmarktkrise involvierten Institutionen und Exponenten unter keinen Umständen.


Die einen schämen sich, wo sie sich nicht zu schämen bräuchten, während sich andere nicht schämen wollen, wo sie sich schämen müssten. In der aktuell angeheizten Situation ist Reden mitunter bestenfalls Silber, schweigen wäre sicherlich Gold.

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