Denn die grosse Kammer hatte sich auf Antrag der SVP und der FDP bislang geweigert, die für das Massnahmenpaket gegen Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit nötigen Gelder freizugeben. Eindringlich appellierten die Fraktionssprecher der SP, der Grünen, und der CVP, nach den Konjunkturpaketen für die Finanz- und Bauwirtschaft nun auch etwas für die Opfer der Krise – die Arbeitslosen – zu tun.
Knappe qualifizierte Mehrheit
Volkwirtschaftsministerin Doris Leuthard forderte die SVP und die FDP auf, die Sachpolitik über die Parteipolitik zu stellen. Das Parlament schulde es den jungen Menschen in diesem Land, ihnen Perspektiven aufzuzeigen und sie nicht im Stich zu lassen. Schliesslich stimmte der Nationalrat dem Kompromiss mit 103 gegen 87 Stimmen bei einer Enthaltung zu. Damit erreichte das dritte Konjunkturpaket ganz knapp auch die qualifizierte Mehrheit von 101 Stimmen, die für die Lockerung der Ausgabenbremse nötig war. Der Ständerat hatte den Kompromiss kurz vorher mit 32 zu 4 Stimmen gutgeheissen.
Kaufkraftspritze von 650 Mio Franken
Laut Leuthard enthält das Konjunkturpaket noch Massnahmen im Umfang von 300 bis 330 Mio CHF sowie eine Kaufkraftspritze von 650 Mio CHF durch die vorzeitige Rückerstattung der CO2-Abgabe an die Bevölkerung. Die Vorlage soll Anfang 2010 in Kraft treten. Beide Räte stimmten der Dringlichkeitsklausel zu. Am umstrittensten erwiesen sich auch am Donnerstag die Massnahmen zugunsten von etwa 8000 Langzeitarbeitslosen. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, Nonprofit-Organisationen (NPO) insgesamt 238 Mio CHF zur Verfügung zu stellen, damit sie für Langzeitarbeitslose Sechs-Monats-Jobs schaffen.
Einigungskonferenz schlichtet
Der Ständerat hatte diese Massnahme bereits auf 192 Mio CHF zurückgestutzt. Da SVP und FDP diesen Punkt der Vorlage am schärfsten kritisierten – ihnen war vor allem die Unterstützung von NPO ein Dorn im Auge -, griff die Einigungskonferenz nochmals korrigierend ein. Nur noch Kantons- und Gemeindeverwaltungen sowie Organisationen und Unternehmen, die von der öffentlichen Hand einen Leistungsauftrag haben, sollen von den Finanzhilfen profitieren dürfen. Zudem sollen die Gelder erst fliessen, wenn die nationale Arbeitslosenquote 5% erreicht. Zurzeit liegt die Quote bei 3,8%. Für nächstes Jahr wird ein Anstieg auf 5,5% prognostiziert.
Weiterbildungen für Schul- und Lehrabgänger ohne Anschlussstelle
Trotz diesen Einschränkungen, die die Rechnung auf noch 120 Mio CHF drücken, wollten FDP und SVP nichts von dem Kompromiss wissen. Für die Zustimmung durch die FDP-Fraktion hätte dieser Vorschlag ganz gestrichen werden müssen, erklärte FDP-Präsident Fulvio Pelli. In der vorliegenden Form sei das Paket «unangebracht und zu teuer». Zwar bekämpften SVP und FDP im Nationalrat auch alle anderen Vorschläge des Bundesrats zur Linderung der Arbeitslosigkeit. Unter dem Strich setzte sich in der Einigungskonferenz aber der Ständerat durch. So sollen Schul- und Lehrabgänger ohne Anschlussstelle in den Genuss von Weiterbildungen kommen. Dafür sind etwa 50 Mio CHF vorgesehen.
Einführung der SuisseID-Karten gebilligt
Weiterbildungen im Wert von 30 Mio CHF sollen auch Menschen finanziert werden, die von Kurzarbeit betroffen sind. Und für Umschulungen im Gebäude- und Energiebereich sind 15 Mio CHF vorgesehen. Weiter stimmten beide Räte Finanzhilfen im Umfang von 25 Mio CHF zur Einführung von sogenannten SuisseID-Karten sowie 25 Mio CHF zur Stützung von exportorientierten Industrienetzwerken zu. Bei ersteren handelt es sich um einen elektronischen Identitätsnachweis, der den Geschäftsverkehr im Internet erleichtern soll. (awp/mc/ps/19)