Konsumenten fordern nachhaltige Detailhändler

Die Schweizer Grossverteiler Coop und Migros erweisen sich im Vergleich der Studie als Vorreiter beim Thema Nachhaltigkeit. Das geht aus einer Studie der Managementberatung A.T. Kearney und der Universität zu Köln hervor. Für die Studie wurden rund 40 der umsatzstärksten Lebensmitteldetailhändler in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich sowie über 200 Kunden befragt.


Jeder hält sich für nachhaltiger als die Konkurrenz
Die Bedeutung der Nachhaltigkeit wurde von der Mehrheit der für die Studie befragten Detailhändler erkannt: 39 Prozent messen nachhaltigem Wirtschaften einen hohen, 44 Prozent sogar einen sehr hohen Stellenwert bei. Entsprechende engagieren sie sich mit Projekten, die ökonomisch, ökologisch und sozial ausgerichtet sind. Über drei Viertel (78 Prozent) der befragten Unternehmen haben Abteilungen innerhalb ihrer Organisation bezeichnet, die für diese Fragestellungen verantwortlich sind. Und zwei Drittel (64 Prozent) der befragten Händler glauben, dass sie nachhaltiger sind als die Wettbewerber.


Wahrnehmung von Handel und Konsumenten geht auseinander
«Unsere Studie zeigt allerdings, dass sich die Wahrnehmung von Unternehmen und Konsumenten stark unterscheidet. Die Kunden sind meist noch unzufrieden damit, wie der Einzelhandel Nachhaltigkeit umsetzt und kommuniziert», sagt Dr. Mirko Warschun, Partner bei A.T. Kearney und verantwortlich für den Handelssektor in Mittel- und Zentraleuropa: «Nur 12 Prozent der befragten Kunden denken, dass ihre Händler sich ausreichend mit Nachhaltigkeit beschäftigen.» Die Befragung ergab, dass die Kunden die Nachhaltigkeitsbemühungen bei Discountern höher einschätzen als bei Supermärkten und Drogerien. Zudem fühlen sich die Kunden über die Initiativen der Detailhändler schlechter informiert als diese annehmen. Besonders zu den Themen Energiesparen und Emissionsreduktion wünschen sie mehr Transparenz.


Coop und Migros führend bei Nachhaltigkeit 
Vorbildlich verhalten sich in dieser Hinsicht Coop und Migros. So setzt Coop auf erneuerbare Energie, kompensiert den CO2-Ausstoss nicht vermeidbarer Flugtransporte von Coop-Produkten und unterstützt Naturaplan-Betriebe finanziell bei der Installation von Biogasanlagen. Die Migros ist eine freiwillige Vereinbarung mit der Energieagentur der Wirtschaft (EnAW) eingegangen, die verbindliche Klimaschutz- und Energieziele für alle Migros-Filialen, Zentralen, die eigenen Industriebetriebe sowie den Transport definiert. Coop und Migros gehören im internationalen Vergleich zu den Vorreitern beim Thema Nachhaltigkeit. Beide Unternehmen haben eine verbindliche Umwelt- und Sozialpolitik formuliert. Sie verfügen über eine breite Palette von Marken, unter denen sie ihren Kunden ökologisch oder sozial hergestellte Produkte anbieten (Coop z.B. Naturaplan, Naturaline oder Slow Food; Migros z.B. Bio, Eco oder Max Havelaar). In den Bereichen Einkauf, Produktion, Transport, Verpackung und Entsorgung von Gütern streben sie nachhaltige Lösungen an. Die besondere Stärke der Schweizer Grossverteiler liegt aber darin, dass sie ihr Engagement für Nachhaltigkeit gegenüber ihren Kunden umfassend kommunizieren.


Nachhaltige Händler sind für Konsumenten attraktiver
Nachhaltigkeit birgt für den Handel Chancen, denn die Konsumenten wählen ihre Händler auch nach diesen Gesichtspunkten aus: 91 Prozent der Befragten halten nachhaltige Einzelhändler für attraktiver, 80 Prozent würden dort häufiger einkaufen und die befragten Konsumenten wären bereit, für nachhaltige Lebensmittel einen Preisanstieg zu tolerieren. Dass Nachhaltigkeit trotz Krise ein wichtiger Erfolgsfaktor bleibt, zeigte sich auch in einer Strategiesimulation (Business Wargaming), die A.T. Kearney Anfang 2009 für verschiedene Produktionsbetriebe der Migros durchführte. Für den Verkauf von sogenannten «White Label»-Produkten an ausländische Retailer sind zwar Preis, Zuverlässigkeit und Qualität nach wie vor die wichtigsten Faktoren, aber mit Blick auf die Bedürfnisse der Konsumenten bildet das Thema Nachhaltigkeit ein wichtiges und effektives Differenzierungsmerkmal.


Umweltschutz Ja – mehr bezahlen Nein
«Im aktuellen Wirtschaftsumfeld geht es weniger darum, Premium-Produkte im Nachhaltigkeitssegment zu platzieren und darauf zu zählen, dass die Kunden mehr dafür bezahlen», sagt Daniel Oriesek, Leiter des Schweizer Büros von A.T. Kearney. «Im Vordergrund steht heute, die einfachen Dinge, die man aus grundsätzlichen Kostenüberlegungen sowieso tun sollte, richtig zu machen.» Dazu gehört beispielsweise, die Logistik zu optimieren oder umweltschonende Verpackungen und Produktformulierungen einzusetzen, die zu einer Reduktion des CO2- oder des Wasserverbrauchs führen. Gelingt dies, ohne dass zusätzliche Kosten für den Kunden entstehen, dann kann sich der Händler gegenüber der Konkurrenz vorteilhaft positionieren. «Die Konsumenten wollen etwas für die Umwelt tun. Aber die Bereitschaft respektive die Möglichkeit, dafür zu bezahlen, hat sich mit der Krise verändert», so Oriesek.


Umsetzung einer Gesamtstrategie
«Das Thema Nachhaltigkeit wird im Lebensmitteleinzelhandel in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung zunehmen», ergänzt Warschun. «Unternehmen müssen verstehen, welche Kundenbedürfnisse in Bezug auf Nachhaltigkeit für das jeweilige Handelsformat erfüllt werden müssen. Hinzu kommt, dass Unternehmen die Nachhaltigkeit gesamtheitlich in ihre Unternehmensstrategie integrieren und dies ihren Kunden auch kommunizieren sollten.»


Transparenz entlang gesamter Wertschöpfungskette
Es gilt, nicht nur nachhaltige Produkte anzubieten, sondern Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu schaffen ? von der Herstellung der Produkte über den Vertrieb bis hin zum Endkunden in den Filialen und zur anschliessenden Verwertung. Die Verwendung umweltgerechter Verpackungen und eine klare Offenlegung und Optimierung des CO2-Verbrauchs bei der Produktherstellung und -lieferung zählen dazu ebenso wie die unternehmensinternen Themen Energiesparen, Emissions- und Abfallreduktion. (a.t.kearney/mc/ps)

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