Nationalrat Dominique de Buman (CVP/FR) bestätigte am Dienstag eine Meldung des Westschweizer Radios, dass Gurría zu einer Anhörung bestellt wurde, um Erläuterungen abzugeben. Die WAK werfe der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vor, mit dem beitragszahlenden Mitgliedsland Schweiz schlecht umgesprungen zu sein. Gurría habe auf die Anfrage der WAK noch nicht geantwortet, sagte de Buman.
Schweiz auf der Grauen Liste
Bundesrätin Leuthard hatte schon vor drei Wochen bei der OECD protestiert. Die Organisation habe die Schweiz «ungehörigerweise weder ins Bild gesetzt, noch konsultiert», als sie Listen zusammengestellt habe. Die OECD hatte jüngst auf Drängen der grossen Industrie- und Schwellenländer (G20) eine Schwarze, eine Graue und eine Weisse Liste veröffentlicht. Der Schweiz drohte, auf der Schwarzen Liste aufgeführt zu werden. Nachdem sie noch vor dem G20-Treffen in London von letzter Woche zusicherte, künftig die OECD-Standards anzuwenden, landete sie auf der Grauen Liste.
Neben der Schweiz figurieren auch die EU-Länder Luxemburg, Österreich und Belgien sowie Liechtenstein auf dieser Liste. Sie umfasst ingsgesamt 42 Staaten.
Kritik auch von Aussenministerin Calmy-Rey
Kritik an den Listen der OECD übte am Dienstag auch Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Sie seien nach rein politischen Kriterien zusammengestellt worden. Die Schweiz müsse nun ihre weitere Strategie mit Ländern wie Österreich und Luxemburg abstimmen. Für die Schweiz sei es wichtig, dass für alle Länder die gleichen Kriterien gälten, sagte Calmy-Rey an einem Medienanlass in Bern. «Die Kriterien der OECD sind politisch, man kann das anschauen wie man will. Es gibt keine qualitativen Kriterien», sagte Calmy-Rey.
SECO sperrt Gelder
Die Schweiz lässt die OECD ihren Unmut auch materiell spüren: Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) hat für die Organisation budgetierte Gelder gesperrt. Dies sagte SECO-Chef Jean-Daniel Gerber gegenüber der Onlinepublikation «cash», wie SECO-Sprecherin Rita Baldegger auf Anfrage bestätigte. Der Budgetposten von 136 000 Euro sei für die Förderung der Zusammenarbeit zwischen der OECD und der G20 vorgesehen gewesen.
«Gewichtige symbolische Geste»
An einer OECD-Ratssitzung vom Dienstag hätten die Schweizer Vertreter OECD-Sekretär Angel Gurría harsch kritisiert. Zusammen mit Österreich, Belgien und Luxemburg habe die Schweiz schliesslich das Veto gegen den Budgetposten eingereicht, sagte Gerber. Es handle sich dabei um eine «gewichtige symbolische Geste».
Das Veto kann laut Gerber zurückgezogen werden. Jedoch erst, wenn der Generalsekretär versichere, dass er die Schweiz informiert, wenn er der G20 Dokumente aushändigt. Gurría habe sich aber bisher «uneinsichtig» gezeigt, sagte Baldegger. (awp/mc/pg/32)