Kudelski: Der Börsenstar braucht Ideen, damit er weiter wachsen kann
Kudelski kämpft mit dem Umbruch in der Medienlandschaft. Doch der Aufschwung im Pay-TV und damit für seine Systeme soll kommen. Hören und sehen Sie André Kudelski auch im Moneycab-Video-Interview.
Von Markus Schär
(Foto: Keystone)
«Der Fortschritt beim Umsatz war offensichtlich weniger spektakulär als 2000», räumt Kudelski als Wachstumswunder der letzten Jahre selber ein. Der Umsatzzuwachs betrug 2001 nur noch 27 Prozent, gegenüber 67 Prozent im Vorjahr. Und Unternehmenschef André Kudelski gab offen zu, dass der zusätzliche Umsatz von den Akquisitionen, wie Ticket-Corner und SkiData, kam. Im bisher höchst erfolgreichen Kerngeschäft, mit Systemen und Smart Cards für Pay-TV, betrug das Wachstum «plus minus null».
Auf Umsatz mit Risiko verzichtetAber André Kudelski erklärte gleich, dass er auf 60 Millionen Franken Umsatz und damit auf die gewohnten Wachstumszahlen verzichtete, weil er auf Sicherheit und Gewinn setzte. Er schraubte das wenig profitable Systemgeschäft mit angeschlagenen Kunden zurück; der Absatz von Smart Cards für das Decodieren der TV-Signale, die fast keine Kosten verursachen und deshalb fette Gewinne einbringen, nahm aber weiter zu. Die Bruttomarge stieg deshalb kräftig an.
Europäische Landschaft wandelt sichAber 2001 war tatsächlich ein schwieriges Jahr, vor allem in Europa. «Es ist eigenartig», meinte André Kudelski, «in den USA finden Anschläge statt, und in Europa spüren wir die Auswirkungen.» Der europäische Markt des digitalen Fernsehens stecke derzeit in einer schwierigen Situation, weil die Anbieter unter ihrer Schuldenlast ächzen. Diese stammt auch davon her, dass sie Kunden mit teuren Subventionen kauften. Kudelski bietet ihnen deshalb Lösungen an, mit denen sie ihre Kosten senken und ihre Profitabilität verbessern können. Derzeit laufen wichtige Verhandlungen, nach einem «harten» ersten Semester erwartet das Unternehmen bei erfolgreichen Abschlüssen den Aufschwung im zweiten Halbjahr.
André Kudelski (Foto: pd)
Noch kann der Zusammenschluss scheitern
In den USA wartet Kudelski darauf, dass die Aufsichtsbehörde den Zusammenschluss ihres Grosskunden Echostar mit DirecTV bewilligt, die mit der Konkurrentin NDS zusammenarbeitet. «Und es ist nicht so, dass wir warten und zuschauen», betonte André Kudelski, «wir helfen mit, dass der Merger zustande kommt.» Deshalb sicherte Kudelski letztes Jahr eine Milliarde Dollar zu, um Echostar beim Kauf der grösseren Konkurrentin zu unterstützen. Dank einer Wandelanleihe flossen dem Unternehmen 325 Millionen Franken dafür zu, inzwischen verfügt es über 475 Millionen Cash zu diesem Zweck. Dieses Geld will Kudelski aber erst bezahlen, wenn das Timing und das Risiko stimmen. Der Merger könne noch scheitern, räumte André Kudelski ein, doch er könne auch in diesem Fall mit DirecTV ins Geschäft kommen.
Einstieg auch im Kabel-FernsehenEchostar und DirecTV beherrschen den Markt des Pay-TV via Satellit in den USA, viel grösser ist aber jener des Kabelfernsehens. Auch dafür will Kudelski Lösungen anbieten: Ab 4. Juli – «Ich liebe amerikanische Daten», grinste John Mackey als Verantwortlicher – laufen Feldversuche, bis zum Labor Day im Herbst sollen erste Verträge abgeschlossen sein. «Der Markt braucht Zeit, um unsere Lösungen zu akzeptieren», meinte John Mackey, «aber er ist bereit für fortgeschrittenere Technologie.»
Interaktives TV braucht mehr NutzenEin gutes Geschäft verspricht sich Kudelski vor allem vom interaktiven Fernsehen. Gegenwärtig hält sich allerdings die Marktpenetration noch auf einem ungenügenden Niveau, und für die rund 200 Dollar, die eine dafür ausgerüstete Set-Top-Box mehr kostet als die 100-Dollar-Geräte fürs gewöhnliche Pay-TV, können die Netzbetreiber ihren Kunden noch zu wenig an Leistungen bieten. Kudelski will deshalb mithelfen, neue Möglichkeiten der Interaktivität aufzuzeigen, dank denen für alle Beteiligten Mehrwert entsteht.
Die Akquisitionen wachsen zusammen
Wie dies gemeint ist, lässt sich ab 2003 in Genf besichtigen. Inzwischen zeigt sich, dass Kudelski die sechs Akquisitionen des letztes Jahres ganz gezielt machte, also vor allem Ticket Corner und SkiData, die den Eintritt in Sportstätten wie die Weisse Arena in Flims-Laax oder das Basler St. Jakobs-Stadion kontrolliert und damit auf dem Gebiet des «physischen Zugangs» zur Marktführerin aufgestiegen ist. Die Kompetenz der beiden Unternehmen lässt sich vereinen, wenn sie ab der nächsten Saison Billettreservation und -kontrolle für die Eishockeyspiele der Nationalliga A übernehmen.
Fussball-Tickets am Fernseher bezahlenNoch mehr Kompetenz von Kudelski kommt im neuen Genfer Fussball-Stadion dazu, wo am 14. März 2003 der erste Match stattfindet. Der Komplex umfasst nicht nur das Spielfeld samt 30’000 Plätzen, sondern auch ein Hotel, eine Shopping Mall und ein Leisure Center. Und Bargeld braucht darin niemand, denn überall wird mit Smart Cards von Kudelski abgerechnet und bezahlt. Selbst über das Fernseh-Gerät sollen sich beispielsweise Karten für Konzerte im Stadion bestellen oder Angebote aus seinen Läden einkaufen lassen – offensichtlich eines der Geschäfte, von denen sich André Kudelski langfristig ein grosses Wachstum verspricht.