Kudelski: Wachstumstitel sind derzeit nicht gefragt – Bilanz ist aber sauber
Die Kudelski-Aktien brechen auch heute Dienstag ein. Die Bilanz scheint zwar in Ordnung zu sein, bei den derzeitigen Kaufkriterien schneidet der Titel aber relativ schlecht ab.
Von Harry Büsser
Der Patron (Foto: Keystone)
Kudelski kommt auch heute Dienstag wieder unter die Räder. Gestern hatte Goldman Sachs in einer Studie Bedenken zur Buchhaltungspraxis von Kudelski geäussert: Diese wurde als aggressiv bezeichnet. Daniele Tedesco, Analyst bei der ZKB, sieht das allerdings nicht so: «Kudelski bilanziert korrekt nach der Schweizer Buchhaltungsrichtlinie FER.» Es sei aber schon so, dass FER zum Teil etwas aggressivere Buchhaltungssätze zulasse als die anderen Buchhaltungsrichtlinien wie IAS und US GAAP, ergänzt Tedesco. Beispielsweise ist es nach FER möglich, Goodwill direkt über das Eigenkapital abzuschreiben, ohne es in der Erfolgsrechnung als Aufwand verbuchen zu müssen. «Dass Kudelski das so gemacht hat, hat die Firma aber offengelegt», sagt Tedesco gegenüber Moneycab.
Bilanz: Kein Anlass zum UnmutAn Bilanz und Erfolgsrechnung von Kudelski lässt sich wenig bemängeln. Das Unternehmen weist eine solide Wachstumsperformance aus. Die Warenvorräte haben sich zwar im letzten Jahr erhöht (+ 20 Mio. Franken), gleichzeitig sind auch die Debitoren angestiegen (+100 Mio. Franken). Dies deutet darauf hin, dass die Geschäfte bei Kudelski auch schon besser liefen – oder zumindest im 2001 weniger gut liefen, als Ende 2000 geplant. Die Verbindlichkeiten des Unternehmens haben sich zwar mehr als verdoppelt (Ende 2001 waren es 340 Mio. Franken), dies stellt aber für ein Unternehmen mit liquiden Mitteln von 415 Millionen Franken kein Problem dar.
Höhere Risikoprämie lässt Kurs schmelzenDie Kursflaute bei Kudelski ist eher darauf zurückzuführen, dass derzeit eine höhere Risikoprämie auf Aktien -insbesondere Technologieaktein – verlangt wird. Zudem ist das wichtigste Geschäftsfeld Kudelskis – Digital-TV – nach diversen Pleiten bei den Anlegern alles andere als in. «Wachstumsaktien sind derzeit einfach nicht gefragt», erklärt Tedesco. Kudelski will zudem noch Akquisitionen tätigen: «Dies wird vom Markt derzeit gar nicht goutiert, wie auch Pfizer gestern feststellen musste», beschreibt Tedesco die Lage.
Wachstumstitel auf Verkaufen
Die Investoren wollen derzeit vor allem defensive Aktien mit tiefen Kurs/Gewinn-Verhältnissen (KGV) und hohen Dividendenrenditen. Als defensiv kann Kudelski mit einem Beta von 1,31 nicht bezeichnet werden. Diese Kennzahl bedeutet nämlich, dass die Aktie von Kudelski historisch etwa 1,31 Prozent verliert, wenn der SMI um 1 Prozent sinkt – im Fall eines Anstiegs des SMI gilt dies natürlich genauso.
Tiefes KGV auf GewinnprognosenAls Wachstumstitel glänzt Kudelski normalerweise nicht mit einem tiefen KGV: Derzeit wird die Firma aber auf Basis des diesjährigen Gewinns mit einem geschätzten KGV von nur 15,94 gehandelt. Dies ist für einen Wachstumstitel sehr wenig. Allerdings werden immer wieder Zweifel an den Ertrags- und Gewinnprognosen von Kudelski laut, obschon das Unternehmen die Prognosen erst gestern Montag wieder bestätigt hat. Falls diese nicht erreicht werden könnten, dann wäre das KGV natürlich sofort wieder einiges höher. Eine Stagnation auf den Gewinnen des letzten Jahres würde beispielsweise ein KGV von 26 bedeuten.
Dividendenrendite gleich NullDerzeit sind Aktien mit hohen Dividendenrenditen gesucht. Kudelski kann auch hier nicht mithalten: Das Unternehmen reinvestiert normalerweise den gesamten Gewinn und schüttet keine Dividende an die Aktionäre aus. Dafür haben sie bisher von steuereffizienten Kursgewinnen profitiert – zumindest bis 2002. Seit Anfang Jahr haben die Aktien nämlich rund 60 Prozent verloren. Trotzdem wird Kudelski wohl auch dieses Jahr keine Dividende bezahlen. Darüber bestimmen nämlich ausschliesslich die Kudelskis, die über 64 Prozent der Stimmen verfügen – und die Familie hat eine Dividende wohl kaum nötig.