Die Ausstellung greift einige typische Anker-Themen auf und verdeutlich, dass Anker ein brillanter Maler war. Ergänzt wird die Präsentation mit Videoarbeiten der Berner Performance- und Medienkünstlerin Chantal Michel. Ausgangspunkt der Ausstellung ist die Anker-Schau, die das Kunstmuseum Bern 2007-2008 für vier japanische Museen veranstaltet hat und die dort einen grossen Erfolg verzeichnete. Zu sehen sind Gemälde, Zeichnungen, Aquarelle und Fayencen. Die Ausstellung ist zweifellos ein Höhepunkt im Jahr der Feierlichkeiten rund um den 100. Todestag von Anker.
Photographische Präzision
Anker stellte die Welt mit photographischer Präzision dar. Als Maler war er Zeuge der sozialen Veränderungen seiner Zeit. Ins, ein Ort im Seeland, der im 19. Jahrhundert grosse Entwicklungen durchmachte, war Ankers Heimatdorf. Zeitlebens hat er aktiv am Dorfleben teilgenommen, auch wenn er lange im Winterhalbjahr jeweils in Paris lebte und arbeitete. Häufig dokumentierte er Momente des unbeschwerten Zusammenlebens unterschiedlicher Generationen in der Dorfgemeinschaft. Viele seiner Gemälde zeigen Kinder in der Schule, auf Schulausflügen, beim Lernen oder Spielen. Als Sekretär der Schulkommission in Ins war er mit dem Bildungswesen vertraut. So widerspiegeln seine Gemälde die Entwicklung des Schulwesens der Schweiz und vermitteln ein damals neues Verständnis von Kindererziehung, Bildung und spielerischem Lernen.
Der Mensch im ländlichen Alltag
Anker hat mit viel Empathie Bildnisse der Leute geschaffen, die ihn seinem ländlichen Alltag umgaben. Vor allem seine Kinderdarstellungen sind einzigartig in der Kunst des 19. Jahrhunderts. Anker erfasste das Kind als kleine Persönlichkeit, unabhängig von der Rolle innerhalb seiner sozialen Schicht, Alter und Geschlecht. Die menschliche Präsenz ist auch in seinen Stillleben spürbar u. a. weil die dargestellten Gegenstände vom Gebrauch gezeichnet sind. Ankers Darstellungen sind glaubwürdig und wirken vertraut. Wahrheit und Schönheit stehen bei ihm nicht im Widerspruch. Sein intimer und lichterfüllter Realismus berührt noch heute dank seiner Nähe zum Menschen.
Zeitgenössischer Traum von Chantal Michel
Die Brücke in die Gegenwart wird von Chantal Michel geschlagen. Die Berner Performance- und Medienkünstlerin stellt sich der Herausforderung, eine angemessene zeitgenössische Antwort auf einen Altmeister der Schweizer Kunstgeschichte zu formulieren. Chantal Michel beschäftigt sich schon lange und intensiv mit Anker. Sie selbst begreift ihre Videoinstallation, die sie eigens für die Ausstellung geschaffen hat, als «zeitgenössischen Traum in Ankers Bildwelt». Ihre Arbeit umfasst sechs Projektionen von insgesamt vierzig verschiedenen Videofilmsequenzen.(kmb/mc/th)