Kunstmuseum Bern: Egbert Moehsnang

Es sind grossformatige Drucke, deren Hell-Dunkel-Abstufungen geheimnisvolle Tiefen offenbaren. Überraschend ist die Tatsache, dass die Arbeiten am Computer entstanden sind. Erst vor 6 Jahren, durch Zufall, hat Egbert Moehsnang die digitale Bildbearbeitung und deren Umsetzung in den Tiefdruck entdeckt.
Die unerwartete Affinität zur digitalen Technik – der Künstler verwendet den Computer im Alltag nicht – eröffnet ihm ein geradezu genealogisches Experimentierfeld auf der Suche nach seiner Bilderwelt.


Alle Farben – Moehsnangs graphisches Alterswerk
In seiner neuesten schwarz weissen Werkgruppe geht der Künstler Egbert Moehsnang, der am 9. Dezember seinen 80. Geburtstag feiern wird, inhaltlich neue Wege. Dass ein Maler der delikaten Handschriftlichkeit, der bereits ein beachtliches Lebenswerk geschaffen hat, den Pinsel mit der Computertastatur vertauscht, also den physischen Kontakt mit Farbe und Papier preisgibt, ist wohl singulär. Moehsnang lernte, den PC als Medium einzusetzen, um seine Erinnerungsbilder aus dem Schattenreich der Kindheit ans Licht zurückzuzaubern. Er «malt» nicht mehr, er erzeugt im Gegensatz von Schwarz und Weiss plastische Realitäten. Den Computer gebraucht er wie ein Bildhauer Hammer und Meissel. Nur dass der Block, aus dem er seine Formvision herauslöst, kein Stein sondern eine Fotografie ist. Als Fotograf spioniert Moehsnang heute den geheimnisvollen Erscheinung an sich banaler Gegenstände nach. beispielsweise einem «Bananenschäler» in Form eines Dämons. Das eingescannte Bild unterwirft er in unermüdlichen Exerzitien radikalen Umkehrprozessen, Vervielfachungen und Spiegelungen. Auch Formauflösung und neue Materialisierungen lässt Moehsnang seine wenigen Ursprungsbilder durchlaufen. Das Bild auf dem Bildschirm wird zum «Haus» der Erinnerung, in dem Moehsnang ein- und ausgeht. Die Grunderfahrungen seiner Kindheit – Geborgenheit und Verlorensein in der Heimatlosigkeit – durchdringen sich in der spannungsgeladenen und doch harmonischen Altersgraphik. Seine suggestiven, schwarz-weissen Bilder sind abstrakte «Carceri», Moehsnang ein wiedergeborener Piranesi. Wie bei diesem sind seine Blätter Kupferstiche. Die komplizierte Übertragung des Computerbildes in vielen Arbeitsschritten auf die Platte kommt einer Erweiterung der graphischen Künste gleich. Die subtilen Hell-Dunkel-Abstufungen leuchten und glühen wie Farben in schwarzer Nacht.
Bereits aus dem Haus der Kindheit ausgeschlossen, wollte der Sohn von seinem Vater wissen, welche Farben das Meer habe. «Alle Farben», antwortete der Vater – er hatte das Meer noch nie gesehen. Auf die Frage, welche Farben Moehsnangs neue Kupferstiche haben, gibt es nur eine Antwort: Alle Farben. (BF/mc/th)

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