Kunstmuseum Bern: Ferdinand Hodler
Mit dem Namen Ferdinand Hodler verbindet sich für so manchen Schweizer die Assozioation des fahnentragenden Helvetier, der durch die Wuchtigkeit seiner Gliedmassen die unschlagbare Kraft der Eidgenossen unterstreicht. Doch hinter den mit akzentuierten Strichen hervorgehobenen Zeichnungen im Dienste der Malerei verbirgt sich weit mehr.
Valentine Godé-Darel im Krankenbett, 1914 | |
Thunersee mit Stockhornkette, 1904 |
Die sterbende Geliebte
Wer sie schon mal mit Ruhe und Feingefühl betrachtet hat, der wird die Bilder der sterbenden Geliebten Valentine Godé-Darel nicht so leicht vergessen. Von Bild zu Bild sinkt die kranke Frau tiefer in die Laken bis sie gänzlich in der Horizontalen entschläft. Diese eindrücklichen Bilder des Unausweichlichen sind das «Memento mori», welches weit über das 21. Jahrhundert hinaus seine Kraft hat. Das Stoische einer starken Frau steht zu Beginn wie ein Felsen in der Brandung, stark, überzeugend und mächtig – doch dann sinkt mit der Zeit die Silhouette der Sterbenden – was bleibt ist das Gefühl einer körperlichen Hülle, die immer noch gleich daliegt. Und bei eingehenderem Betrachten der linearen Komposition entsteht eine Ähnlichkeit zu den weit hinten im Bild liegenden Stockhorn-Felsketten. Die Mächtigkeit des Bergs begegnet formal der Mächtigkeit des Todes, der nur noch die Hülle der Seele übrig lässt.
Hodler ging bei seiner ganzen Arbeit vom symbolistischen Ansatz von der Einheit von Mensch und Natur aus. Dieses zentrale Weltgefühl der kosmischen Einheit nährt die ganze Ausstellung und gibt jedem Bild die Möglichkeit seinen Teilaspekt zum Ganzen beizutragen.
Die Frage nach dem, was hinter dem Bild steht
Hodler malte nie dein Ding an sich – immer ging er in seiner Arbeit der Frage nach dem Wesentlichen nach. Dazu hat er die Wirklichkeitswiedergabe in den Dienst des Symbolischen gestellt. Das Symbolische hat er, wie einen Kern aus seiner Arbeit herausgeschält, und den Betrachter über die oftmals immer gleichen Motive, die er auf unterschiedliche Weise darzustellen versuchte, so dem Wesentlichen näher bringen können. Auf diese Weise gelang es ihm allgemeingültige Gefühle in uns anzusprechen. Er stellte die Empfindungen symbolisch dar. Um das Gefühl des Seins noch einen Schritt weiter zu treiben siedelt er seine Szenen oft unter freiem Himmel an, sich dem Erhabenen nähernd.
Nun aber bleiben Liebe, Glaube, Hoffnung
Diese drei göttlichen Tugenden des Christentums sind auch für Hodler das, was die Verfassung für den Staat ist. Er sucht in diesen Grundthemen nach Gesetzmässigkeiten und Strukturen. Dies geschieht sowohl inhaltlich als auch formal. Auffallend sind bei ihm die parallelen Linien in der Bildkomposition. Damit gibt er dem Betrachter Ruhe und paralysiert den Betrachter, nimmt ihn im innersten gefangen. Verstärkt wird dieses «Gefangennehmen» im Bild durch Wiederholungen mit Variationen, die somit zu einem genaueren Hinsehen auffordern. Aber auch Spiegelungen, die man überprüfen muss, um den wahren Kern des Bildes zu erfassen nehmen gefangen, so wie es systematische Verschiebungen tun.