Im 19. Jahrhundert war das Weltbild der Naturwissenschaft geprägt vom Materialismus, in dem es überall Substanz, massereiche Materie gab. Der Mensch wurde als eine in sich geschlossene Entität gesehen, ein autonomes Selbst, der mit der Fähigkeit seines Geistes auf die Welt als etwas Äusseres, als etwas von ihm Getrenntes, blickt. Die Erkenntnisse der Naturwissenschaft, aber auch der Neurobiologie und Psychologie seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts lassen ein vollkommen neues Weltbild entstehen. Der Materialismus und die Welt der Objektivierungen werden von schwingungsreichen Quanten, von einem imma-teriellen, nicht auftrennbaren Weltbild abgelöst. Materie ist im Grunde keine Materie mehr.
Kimsooja, A Needle Woman, Kitakyushu, 1999
Die duale Erfahrung von Welt, Subjekt und Objekt, Geist und Materie, deren Charakteristik von der ,trennenden› Materie mitbestimmt war, wird fragwürdig. Nach Joseph Beuys liegt der wesentliche Beitrag des bis heute dominierenden Materialismus in der Wandlung vom Kollektiv zur Freiheit des Individuums. Die Gefahr allerdings liege in der Isolation des ein-zelnen Menschen, deren positiver Gegenpol das zu entwickelnde Soziale ist.
Die Ausstellung «Knockin› on Heaven’s Door» spürt heutigen künstlerischen Darstellungen von Leib und Seele, Körper und Geist, Materie und Bewusstsein nach. Sie zeigt auf, wie sich Künstler/innen seit den 1960-er Jahren intensiv mit der Körperlichkeit beschäftigen, die Grenze zwischen dem Ich und der Welt, dem Einzelnen und dem Sozialen untersuchen und die Konstruktionen von Wirklichkeiten befragen. Gezeigt werden Arbeiten von Marina Abramovic/Ulay, Absalon, Samuel Beckett, Joseph Beuys, Andrea Fraser, Felix Gonzalez-Torres, Dan Graham, Kimsooja, Korpys/Löffler, Thomas Lehnerer, Matt Mullican, Bruce Nauman, Gabriel Orozco, Kristine Oßwald und Gina Pane.
Parallel zur Ausstellung zeigt Matt Mullican eine Installation in der Johanniterkirche, Feldkirch. (km/mc/th)