Kunstmuseum Liechtenstein: Monika Sosnowska. Loop
Monika Sosnowska untersucht die Grundbedingungen von Architektur und ihre Wirkung sowohl auf den Menschen als auch auf die Umgebung. Die polni-sche Künstlerin (*1972) arbeitet mit ihren Installationen das Potential und die Eigenschaften von Räumen heraus.
Das Kunstmuseum Liechtenstein besitzt eine Architektur hoher Komplexität und diskreter Einfachheit. Das Architektenteam Meinrad Morger und Heinrich Degelo mit Christian Kerez hat mit dem Kunstmuseum Liechtenstein einen klar gestalteten schwarzen Kubus geschaffen. In seinem Inneren besteht er aus neutralen weissen Raumkörpern. Die Dimensionen des Aussenbaus entsprechen nahezu vollständig den für die Besucher erschlossenen Räumen. Das Haus ist überschaubar und doch grosszügig. Eine breite, sanft ansteigende Treppe führt die Besucher das Obergeschoss und damit in den ersten der vier klaren, durch Oberlichter ideal beleuchteten Räume. Doch wohin führt diese Treppe jetzt? Statt eines Ausstellungsraumes schliesst sich ein niedrigerer weisser Korridor an. Es gibt keine Hinweise auf den Ort, keine Fenster und Durchgänge, kein Ende der Korridore – «Loop» ist eine Endlosschleife.
Keinen Verweis auf die Funktion
Monika Sosnowska hat den Innen- und Aussenbau des Museums zusammen mit Christian Kerez untersucht, analysiert und daraus eine das gesamte Obergeschoss besetzende Installation erarbeitet. Sie hat Aspekte der Architektur aufgenommen, umgedeutet und aufs Drastischste verschärft. Der Bau der Architekten Morger, Degelo und Kerez orientiert sich an der Formensprache der Klassischen Moderne. Diese geometrisch klare und nüchterne Formensprache wird zu einem expressionistischen Grundriss mit spitzen Winkeln und scharfkantigen Ecken gesteigert. Der ungewöhnlichen Rundlauf von windmühlenflügelartig angeordneten Räumen im Obergeschoss wird in einen endlosen Kreislauf verwandelt. Die Neutralität der Räume übersetzt Sosnowska in den Korridoren in eine verwirrende Gleichförmigkeit. Der Betrachter erhält keinen Verweis auf die Funktion der eingebauten Architektur, ihren Zweck, nicht einmal auf ihre Gestalt oder ihre eigentliche Dimension. Die Installation und ihre verwirrende, weil nicht mit den herkömmlichen Interpretationsmustern für Architektur deutbare Präsenz dominiert das gesamte Museum.
Erst auf den zweiten Blick offenbart sich, dass nicht nur die Architektur, sondern auch das Museale, die Auseinandersetzung mit dem Museum und seiner Sammlung Bedingung und Grundlage der Arbeit ist.
In Gedanken-, Gefühls- und Traumwelten
Keine Anknüpfung an Bekanntes
Die Künstlerin konstruiert eine zwar physisch reale Situation, die jedoch unabhängig ist von gewohnten, alltäglichen Raumerlebnissen. Der Betrachter kann an nichts Bekanntes anknüpfen und konzentriert sich dadurch auf seine sinnliche Wahrnehmung. Er ist aufgefordert zu ergrün-den: Wie fühle ich mich in diesem Raum? Wie ergeht es mir beim Gehen? Welche Erwartun-gen habe ich von dem anschliessenden Raum, wenn ich um eine Ecke biege? Was fühle ich angesichts eines weiteren Korridores? Woran erinnern mich diese Korridore? Wie ergeht es mir, wenn ich das Gefühl eines endlosen Rundganges habe, wenn ich bereits passierte Ecken zum wiederholten Mal antreffe? Wie plane ich den Abschluss des Rundganges? Die Bewe-gung im dreidimensionalen Raum wird zur Bewegung in geistig, emotionalen Räumen. «Loop» von Monika Sosnowska sensibilisiert den Betrachter, seine Umgebung bewusst zu erfahren und damit auch das eigene Raumbefinden zu erspüren. (kml/mc/th)