Die ersten aufgezeichneten Projekte des Luzerners Aldo Walker entstehen 1964. |
Aldo Walker und die Schweiz Er stellt in Harald Szeemanns Ausstellung «When attitudes become form» 1969 in der Kunsthalle Bern aus, die im Jahr nach den Studentenunruhen die Prozesshaftigkeit der amerikanischen und europäischen Nachkriegskunst thematisiert. Im folgenden Jahr beteiligt er sich mit einer grossen Gruppe plastischer, installativer Arbeiten an der Ausstellung «Visualisierte Denkprozesse» im Kunstmuseum Luzern. Walker steht in den achtziger Jahren auf der Höhe seines Erfolgs: Zusammen mit John Armleder vertritt er 1986 die Schweiz an der Biennale von Venedig und im Aargauer Kunsthaus ist in jenem Jahr die erste Retrospektive zu sehen. Er ist nun ein in seiner Heimat bekannter Künstler, dem allerdings wie den meisten seiner Schweizer Kollegen der internationale Durchbruch verwehrt bleiben sollte. Walker übernimmt 1987 eine Dozentur an der Höheren Schule für Gestaltung in Zürich. 1989 kuratiert er im Helmhaus Zürich die Ausstellung «Lettre d?images par Aldo Walker». Im selben Jahr zeigt das Kunstmuseum Luzern die letzte Einzelausstellung zu Lebzeiten. | Ohne Titel, 1985 |
Vom Leben mit der Kunst
Aldo Walker hat ein gut überblickbares, bis zuletzt experimentelles und stets mit den Grenzen der Kunst befasstes Werk hinterlassen, zu dem auch kunsttheoretische Schriften gehören. Das Verhältnis des Künstlerischen zu lebensweltlichen Fragen hat in seinem Werk einen hohen Stellenwert. Wie systematisch hat Kunst zu sein, um als solche wahrgenommen zu werden, und umgekehrt, wie kann der Künstler der Gefahr der Hermetik entgehen?
Zugleich Präsenz und Absenz: aber immer da!
Walkers Schaffen umkreist diese für ihn zentrale Frage bis zum Schluss. Sein Werk erzeugt selber jene schlängelnde Bewegung, die er als Lineatur in seiner Malerei der achtziger Jahre auf unnachahmliche Art ins Bild gesetzt hat. Eine Bewegung, die gleichermassen Präsenz und Absenz erzeugt, Bedeutung und reine Information, aber auch ? und dies gerade in der Malerei ? Schönheit formuliert, gerade so, wie er es an der Ornamentik des Jugendstils bewundert.
Die Retrospektive mit viel Identität
Die Retrospektive im Kunstmuseum Luzern gibt mit rund 70 Arbeiten einen Überblick über das Gesamtwerk Aldo Walkers. Neben den frühen Konzeptarbeiten umfasst die Ausstellung Objekte und Schriftbilder der siebziger Jahre sowie Gemälde aus den beiden letzten Lebensjahrzehnten. In der Luzerner Retrospektive sind zudem Konzepte, Pläne, Projekte und Performances zu sehen, die für diese Ausstellung von Studierenden der Kunst an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Basel erstmals realisiert oder aufgeführt werden. Es handelt sich um Arbeiten aus den Bereichen Audio, Video und Performance und damit aus einem Segment, in dem Aldo Walker zweifellos Pionierarbeit leistet, ohne dass diese Arbeiten zu seiner Zeit auch öffentlich sichtbar geworden wären. Die posthume Aufführung seiner Performances und die erstmalige Ausführung einiger seiner Projekte für TV-Skulpturen und Klangräume sind im Werkbegriff des Künstlers begründet. Jeder Kunstvorschlag, schreibt Aldo Walker, sei an die Zeit seiner Geburt gebunden, deshalb dürfe «die Priorität nicht seiner morphologischen Individualität gelten». In seinem Fall sind es die späten sechziger Jahre, eine Zeit, in der die Künstler die individuelle Autorschaft in Frage stellen und damit auch die Vorstellung, ein Kunstwerk sei das Produkt einer individuellen Tätigkeit. Die für diese Retrospektive ausgeführten Konzepte Aldo Walkers sind keine Repliken, da sie nicht ein verlorenes Werk nachbilden, sondern Ideen visualisieren, die der Künstler in den sechziger und siebziger Jahren auch zum Zweck einer möglichen späteren Aus- oder Aufführung aufzeichnete. (kml/mc/th)