Josef Reinhard ist in erster Linie als Trachtenmaler bekannt. Dies war schon zu seinen Lebzeiten der Fall, fanden doch seine Trachtenzyklen als Umrissradierungen weite Verbreitung. Die Geschichtsschreibung hat ihn stets auch als hervorragenden Porträtisten gewürdigt und in den Trachtenzyklen die wirklichkeitsnahe Wiedergabe seiner Landsleute hervorgehoben. In der Porträtmalerei erreichte Reinhard denn auch eine grosse Meisterschaft und Eigenwilligkeit. Er entwickelte insbesondere einen charakteristischen, die Gesichtszüge stark betonenden Ausdruck. Reinhard hatte die Gabe, das Wesen der Menschen, die er malte, genau zu erfassen. Seine Porträts erweisen sich als Menschenbilder, die des Künstlers Freude an seinen Mitmenschen zu vermitteln vermögen und von grossem Respekt getragen sind.
Im Auftrage der Kirche und des Staats Josef Reinhard |
Die grosse Übersicht
Die Tracht ist oftmals das zweite Gesicht
Natürlich fehlen auch die berühmten Trachtenbilder nicht. Den ersten der beiden bedeutenden Trachtenzyklen schuf Reinhard im Auftrag des Aargauer Politikers und Kartographen Johann Rudolf Meyer. Der zweite entstand auf eigene Initiative des Künstlers, der ihn in seinem Haus in Luzern ab ca. 1802 öffentlich ausstellte, was sich als grosse Attraktion erwies. Von diesem, ursprünglich rund 46 Gemälde umfassenden Zyklus befinden sich 31 Werke in der Sammlung des Kunstmuseums Luzern. Zum ersten Mal werden in der Ausstellung nun sämtliche 39 bekannten und erhalten gebliebenen Tafeln präsentiert. Vom ersten Zyklus, heute grösstenteils in der Sammlung des Bernischen Historischen Museums, sind einige Vergleichsbilder zu sehen.
Die Tochter in den Fussstapfen des Vaters
Die Ausstellung bietet schliesslich die einmalige Gelegenheit, rund 90 Zeichnungen von Josef Reinhard und seiner ebenfalls künstlerisch tätigen Tochter Clara zu sehen. Sie zeigen, wie der in der Schweiz umher reisende Künstler seine Motive gesammelt hat und wie er sie mit klassischen Themen, die er aus seiner Lehrzeit in Italien kannte, verknüpfte. Die Präsentation einer Auswahl aus dem mehrere hundert Zeichnungsblätter umfassenden Konvolut von Clara Reinhard, das seit über 150 Jahren im Depot der Sammlung des Kunstmuseums Luzern geschlummert hat, erlaubt darüber hinaus eine erste zaghafte Annäherung an eine bislang nahezu unbekannte Künstlerin und wird hoffentlich der kunsthistorischen Forschung ein neues Feld bereiten.
(Christoph Lichtin/mc/th)