Kunstmuseum Luzern: Leon Kossoff
Leon Kossoff, 1926 in London geboren und dort als Sohn russischer Emigranten aufgewachsen, gilt als einer der bedeutendsten englischen Künstler des 20. Jahrhunderts. Zusammen mit seinen fast gleichaltrigen Künstlerkollegen Francis Bacon, Lucian Freud, Frank Auerbach wird er meist zur so genannten «School of London» gezählt, zu den Künstlern, die sich nach dem Krieg nicht der abstrakten Malerei widmeten, sondern zur Figuration zurückkehrten und so ein lange gültiges typisches Merkmal der englischen Malerei begründeten. Die in Zusammenarbeit mit dem Louisiana Museum of Modern Art konzipierte Ausstellung will jedoch nicht ein weiterer Versuch sein, Kossoffs Kunst in den Kontext der englischen Malerei nach 1945 zu stellen. Vielmehr soll seiner Malerei eine Plattform gegeben werden, sich in ihrer Einmaligkeit zu präsentieren. Es gibt noch einiges zu entdecken Unspektakuläres des Alltages
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Der Mensch im Mittelpunkt Andererseits, und ebenso eindringlich, dreht sich sein Werk um das Motiv des Menschen. Sei dies als Akt oder Porträt, die Personen, die er dabei malt, sind immer wieder dieselben, und wie bei den Stadtansichten hat er zu diesen Menschen eine enge persönliche Beziehung aufgebaut. Neben seinen Eltern und Brüdern ist eines seiner frühesten Modelle die Schriftstellerin M.N. Seedo, deren Antlitz er in mehreren Gemälden festgehalten hat. Head of Seedo lautet der lapidare Titel des Gemäldes aus dem Jahre 1959 und zeigt das Gesicht der Schriftstellerin im Dreiviertelprofil mit geschlossenen Augen. Es ist kein ebenmässiges Gesicht, die Züge sind hart, der Mund geschlossen mit leicht nach unten gezogen Mundwinkeln, das Kinn eckig. Zudem ist die Ausführung alles andere als geschliffen, sondern eher krud, steht aber stellvertretend für die Malweise aller seiner Bilder: die Farbe ist so dick und pastos aufgetragen, dass man durchaus das Gefühl bekommen könnte, es eher mit einem dreidimensionalen Objekt als mit einem flachen Bild zu tun zu haben. Diese heftige Materialität der Farbe erzeugt einerseits eine Oberflächenstruktur, die sich in permanenter Veränderung befindet, je nachdem wie das Licht auf sie fällt, andererseits verbildlicht sie das konstanten Ringen des Künstlers mit dem Gesehenen und dessen Umsetzung in eine für ihn gültige Bildhaftigkeit. Eine Beziehung zwischen der Farbe und dem, was er sieht und wahrnimmt herzustellen ist, was Leon Kossoff anstrebt. Er arbeitet so lange an einem Bild, bis er dieses Ziel erreicht hat, ist dies nicht der Fall ? und das kommt oft vor ? schabt er die Farbe von der Bildfläche und beginnt von Neuem. «I know that there is no arrival, there?s only starting again, drawing and re-drawing?», schreibt Kossoff. Das einzige was er machen kann, ist weiter zu suchen, weiter zu malen. Die Gemälde, die dabei entstehen strahlen eine überwältigende Intensität und Dringlichkeit aus und sprechen von einer unprätentiösen künstlerischen Grandiosität. (kml/mc/th) | Leon Kossoff, Willesden Junction, Summer No. 1, 1966 (Kreuzung von Willesden, Sommer Nr. 1) Öl auf Hartfaser, 91×152 cm |