Kunstmuseum Winterthur: Deutsche Arbeiten auf Papier seit 1960 aus der Sammlung

Die Ausstellung setzt mit Werken einer Künstlergeneration an, die ihr Hauptwerk in der Nachkriegszeit schuf: Julius Bissier und Emil Schumacher, die mit ihrem Interesse einerseits am Zeichenhaften und andererseits an der Farbmaterie eigenständige Beiträge zum europäischen Informel leisteten, sowie Adolf Fleischmann mit seinen geometrisierenden, rhythmische Vibrationen erzeugenden Collagen.







Das Gewicht der Ausstellung liegt jedoch auf einer neuen Generation
Konzeptuelle Aspekte der Zeichnung zeigen die Konstruktionen von Hanne Darboven, die vom Zeichnen ins Schreiben führen, aber auch die lapidaren Arbeiten von Reiner Ruthenbeck, die Aufzeichnungen seiner plastischen Vorstellungen sind, sich aber dennoch auf das konkrete Verhältnis von Material und Form beziehen. Wie Ruthenbeck vertritt auch Ulrich Rückriem seit den sechziger Jahren ein neues Verständnis von Skulptur. Neben vorbereitenden Studien für seine skulpturalen Werke finden sich auch «autonome Graphitzeichnungen», wie der Künstler sie selbst nennt. Eine andere Beziehung zur bildhauerischen Arbeit zeigen die Malereien auf Papier von Isa Genzken, die die bildhafte Wirkung ihrer architektonischen Gebilde hervorheben.


Die Burg, 1989. Bleistift, Markierungsstift und Lackfarben auf Papier
Thomas Schütte, Die Burg, 1989.
Bleistift, Markierungsstift und Lackfarben auf Papier, 100 x 70 cm









Gerhard Richters exemplarisches Schaffen
Einen aussergewöhnlichen Schwerpunkt setzt Gerhard Richter, von dem das Kunstmuseum Winterthur eine umfangreiche und reichhaltige Werkgruppe besitzt. Neben Zeichnungen und Aquarellen sind auch Ölmalereien auf Papier und auf Photographie aus über dreissig Schaffensjahren vorhanden. Es sind jedoch nicht vorbereitende Studien für seine Gemälde, sondern bildhafte Werke, die parallel zu seinen gemalten Bildern entstehen. Mit der Winterthurer Retrospektive seiner Zeichnungen 1999 wurden die vielfältigen Bezüge zwischen diesen Arbeiten und seiner Malerei sichtbar gemacht. Im Unterschied zu Richter, der das Arbeiten auf Papier in unregelmässigen Abständen aufgreift, ist das Zeichnen für Thomas Schütte eine kontinuierliche Praxis neben seinen Werken aus Bronze, Keramik und anderen Materialien.


In den Zeichnungen nach dem Wesentlichen geforscht
Einerseits stellen die zu Papier gebrachten Einfälle den Fundus für seine Skulpturen und Architekturmodelle dar, andererseits entstehen sie tagebuchartig in nächtlichen Sitzungen. Dabei dient ihm oft das Nächstliegende: Blumen, Gemüse, aber auch sein eigenes im Spiegel gesehenes Gesicht. Eine andere Rolle spielt die Zeichnung für Thomas Scheibitz, den jüngsten Künstler in der Ausstellung: er hält neben seinen Gedanken auch gesichtete Motive in Skizzen und Zeichnungen fest, die oft als Ausgangspunkt für seine Gemälde dienen. Seltener bedient sich Andreas Slominski des Mediums der Zeichnung, mit seinen Fallenstellern liefert er jedoch einen ironischen Beitrag. (kmw/mc/th)

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