Kunstmuseum Winterthur: John Chamberlain – Papier Paradisio

Aus diesen Begegnungen in New York Erfahrungen gelangte er 1957 dazu, eine erste Skulptur aus farbigen Autoblechen zusammenzuschweissen, und schuf mit Arbeiten dieser Art einen der stärksten Beiträge zur neueren amerikanischen Kunst. Weniger bekannt ist, dass Chamberlain sich verschiedenste Arbeitsbereiche erschloss, indem er auch Filme drehte, Photographien aufnahm, neue Techniken für die Malerei erprobte, Radierungen und Monotypien druckte und Zeichnungen und andere Arbeiten auf Papier hervorbrachte. Die Aufteilung in einzelne Medien wird Chamberlains Arbeit allerdings nicht gerecht, da es für ihn keine Grenzen gibt und da aus seiner Sicht nur Intensität und visuelle Qualität eines Werks zählen. Wie der vom Künstler erdachte, sprachenübergreifende Titel der Ausstellung unterstreicht, eröffnet für ihn die Arbeit auf Papier indes ein paradiesisches Gebiet.



Kaum geplante Kalligraphie


In diesem Gebiet sind nur wenige klassische Zeichnungen zu finden wie die frühen, von fernöstlicher Kalligraphie beeinflussten Werke. Auch gibt es kaum Bildhauerzeichnungen, also Studien für Skulpturen, denn in Chamberlains Arbeit wird kaum geplant, es dominiert die spontane Entscheidung in der Konfrontation mit dem jeweiligen Material ? seien dies nun Autobleche oder Papiere. So finden sich hauptsächlich bildhafte farbige Arbeiten, die mit verschiedensten Mitteln geschaffen wurden ? neben den zarten Ölmalereien von 1970 zahlreiche Werke mit leuchtenden Lackfarben aus der Spraypistole. Um die Offenheit von Chamberlains Kompositionsweise zu veranschaulichen, sind die Collagen und Reliefs einbezogen, die er zu Beginn der sechziger Jahre aus bemalten und unbemalten Papieren, Metallteilen, Textilien kurz entschlossen wunderbaren Miniaturen zusammenfügte. Streng konzipiert sind dagegen die in Lackfarben gemalten Rock?n?Roll-Bilder von 1963 ? 1965 und eine zweite Bildserie von 1970, die anschaulich machen, wie undogmatisch sich Chamberlain in seiner Arbeit von den Eigenschaften des Materials leiten lässt, um zu überraschenden Ergebnissen zu gelangen. Aus den achtziger Jahren stammt eine Fülle von Filzstiftzeichnungen von stupender Lebendigkeit. Die Ausstellung beschliesst ein Raum mit einer dreissigteiligen grossformatigen Werkgruppe, eine jüngst entstandene Hommage an die Frauen in Chamberlains Leben. Dank der Unterstützung des Künstlers, der zahlreiche Leihgaben aus seinem Atelier zur Verfügung stellte, kommen in dieser Ausstellung über hundert Werke aus einem halben Jahrhundert zusammen, die grösstenteils kaum oder nie zu sehen waren, ergänzt durch eine Gruppe von Skulpturen.
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