Kurt Fisch, Gründer von Fisch Asset Management

Von Alexander Saheb


Herr Fisch, was ist eigentlich eine Wandelobligation?


Wandelanleihen sind eine Kombination aus einer festverzinslichen Anleihe (Obligation) und einem Wandlungsrecht (Option). Investoren können nach ihrer Wahl die Anleihe jederzeit in eine vorher festgelegte Anzahl Aktien tauschen. Damit besitzt das Papier einen hybriden Charakter. Einerseits erhält der Investor regelmässig einen Coupon und bei Verfall wird die Anleihe zurückgezahlt. Anderseits kann er von einer positiven Entwicklung der unterliegenden Aktie profitieren.


Wie kann man von dieser speziellen Wertpapiercharakteristik profitieren?


Der Anleger in Wandelanleihen besitzt eine Option auf eine gute Aktienentwicklung und ein Auffangnetz durch die feste Rückzahlung. Im Falle steigender Aktien beschleunigt sich die Aufwärtsbeteiligung und bei fallenden Aktienkursen nimmt die Abwärtsbeteiligung immer mehr ab. Mit einer klassischen Wandelanleihe macht man zirka zwei Drittel der Aufwärtsbewegung und einen Drittel der Abwärtsbewegung der unterliegenden Aktie mit.


Welchen Risiken setzt man sich mit dem Kauf von Wandelobligationen aus?


Der Investor in Wandelanleihen ist vier unterschiedlichen Risiken ausgesetzt. Die wichtigste Komponente ist die unterliegende Aktie. Sie hat den grössten Einfluss auf die Kursentwicklung der Wandelanleihe. Vor allem in letzter Zeit hat auch die Entwicklung der Schuldnerqualität einen entscheidenden Einfluss auf die Bewertung der Wandelanleihe. Dieser Einfluss wird umso bedeutender, je tiefer man in der Qualitätsleiter nach unten steigt. Ein weiteres Risiko stellt das Zinsniveau dar. Allerdings ist dieser Einfluss bei Wandelanleihen deutlich geringer als bei normalen Obligationen. Und schliesslich hat auch die Volatilität der unterliegenden Aktie einen wichtigen Einfluss auf die Bewertung der Wandelanleihe. Je höher die Schwankungen der Aktie, in die die Anleihe getauscht werden kann, umso grösser ist der Wert des Wandelrechts.


«Rund die Hälfte des globalen Wandelanleihenmarktes weist ein Rating im Bereich von Investmentgrade auf.»


Wandelobligationen werden nur von Unternehmen genutzt. Sind das eher Blue Chips oder kleinere Firmen?
 
Die Unternehmen, die Wandelanleihen emittieren, kommen aus allen Bereichen: Grosse und kleine Unternehmen, Blue Chips und High Yield Firmen und aus allen möglichen Branchen. Rund die Hälfte des globalen Wandelanleihenmarktes weist ein Rating im Bereich von Investmentgrade auf. Allerdings emittieren auch sehr viele Wachstumsunternehmen Wandelanleihen. Zudem sind es oft Unternehmen, die einen hohen Finanzierungsbedarf aufweisen. Mit der Option auf einen Eintausch in die Aktien bieten diese Unternehmen den Investoren einen Anreiz, der sie eher zu einer Anlage veranlasst.


Wie beliebt sind Wandelobligationen als Finanzierungsinstrument im Vergleich zu Aktien oder Obligationen?


So explizit lässt sich dies nicht beantworten, da es immer davon abhängt, welche Strategie ein Investor mit seinen Anlagen verfolgt. Mit einer Wandelanleihe kann ein Unternehmen günstiger Geld aufnehmen, da der Coupon tiefer ist als bei einer normalen Anleihe. Zudem kann das Unternehmen die Aktien mit einer Prämie zum gegenwärtigen Kurs verkaufen, was ebenfalls sehr interessant ist. Und schliesslich wird nur neues Eigenkapital emittiert, wenn die Kursentwicklung der Aktien positiv ist.


Können Sie etwas zu den Emissionsvolumen (in der Schweiz) sagen, dass man eine Vorstellung von der Marktgrösse hat?


Der globale Wandelanleihenmarkt hat gegenwärtig ein Volumen von rund 550 Milliarden US Dollar. Das Emissionsvolumen im laufenden Jahr bis Ende September betrug 62 Milliarden US Dollar. Der Anteil Europas belief sich auf über 40 Prozent. Der Schweizer Anteil liegt dabei aber sehr tief.


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Welche Faktoren muss man bei der Auswahl von Wandelobligation für die Kapitalanlage berücksichtigen?


Wie bereits erwähnt sind unterliegende Aktie, Schuldnerqualität des Emittenten, Veränderungen des Zinsniveaus und die Volatilität der unterliegenden Aktie die kursbestimmenden Faktoren. Eine optimale Investition wird die Wandelanleihe so auswählen, dass die einzelnen Faktoren optimal gespielt werden können. Im Verlauf eines Wirtschaftszyklus können somit gänzlich unterschiedliche Wandelanleihen bevorzugt werden.


Was sind Ihre momentan massgebenden Kriterien?


Im gegenwärtigen Umfeld bevorzugen wir Wandelanleihen mit einer hohen Sensitivität auf die unterliegende Aktie und mit hohem Potential für Kreditspread Tightening, weil wir mit einem positiven Marktumfeld rechnen. Weniger im Vordergrund stehen gegenwärtig Zins- und Volatilitätssensitivität.


Wo kann man Informationen zu bestehenden oder neu aufgelegten Wandelobligationen bekommen?


Diese erhält man von den bekannten Informationssystemen wie Reuters und Bloomberg oder bei den grossen und bekannten Investmentbanken.


Sollte man direkt in einzelne Obligationen investieren oder gibt es auch auf Wandelobligationen spezialisierte Investmentfonds?


Direktanlagen in Wandelanleihen erfordern vom Investor ein fundiertes Know-how. Insbesondere die genaue Bewertung einer Wandelanleihe verlangt ein breites Finanzwissen. Ausserdem sind die konkreten Ausgestaltungen der Wandelanleihen vielfältig, was die Sache nicht erleichtert. Schliesslich ist die Wandelanleihe ein sehr dynamisches Instrument, das die Charakteristik je nach Entwicklung der Märkte markant verändert. Wenn der Investor die typisch positiven Eigenschaften der Wandelanleihe zu jeder Zeit in seinem Portefeuille vorfinden will, dann verlangt dies ein sehr aktives Management. Und zu guter Letzt stellt die Stückelung der Wandelanleihen, die zuweilen bis auf 500’000 US-Dollar lauten kann, eine sehr hohe Hürde für Einzelinvestitionen dar. Diese Faktoren sprechen ganz klar für eine Investition in einen Fonds, der die vom Investor gewünschte Strategie verfolgt. Von denen gibt es eine sehr grosse Auswahl.


«Die Bewertung des Wandelanleihenmarktes war zu Beginn des Jahres auf einem historisch einmalig tiefen Niveau. Mittlerweile ist nach einer rasanten Erholung des Marktes eine Normalisierung eingetreten.»


Sind Wandelobligationen etwas für eine Buy and Hold Strategie oder sollte man die Kurse börsentäglich verfolgen, um optimal aussteigen zu können?


Wandelanleihen eignen sich aus den oben erwähnten Gründen nicht für eine Buy and Hold Strategie.


Aktiv gemanagte Aktienfonds erreichen mehrheitlich nicht die Performance des Benchmarks, weshalb ETFs sehr beliebt sind. Woran messen Wandelobligationen-Fonds ihre Performance?


Mittlerweile gibt es auch für Wandelanleihen eine Reihe von Indices, an denen die Performance gemessen werden kann. Allerdings ist die Bandbreite der möglichen und tatsächlich verfolgten Strategien bei Wandelanleihenfonds enorm gross. Eine sinnvolle Bewertung der Managerleistung im Bereich Wandelanleihen ist daher eine ausserordentlich anspruchsvolle Aufgabe.


Die Aktienmärkte haben sich im bisherigen Jahresverlauf stark erholt. Sind Wandelobligationen jetzt nicht teuer, bzw. muss man in nächster Zeit nicht mit Kursrückschlägen rechnen?


Die Bewertung des Wandelanleihenmarktes war zu Beginn des Jahres auf einem historisch einmalig tiefen Niveau. Mittlerweile ist nach einer rasanten Erholung des Marktes eine Normalisierung eingetreten. Im langfristigen Vergleich stufen wir die gegenwärtige Bewertung als durchschnittlich ein. Das ist insofern sehr interessant für den Investor, als üblicherweise der Wandelanleihenmarkt am Ende einer Rezession, wo wir uns heute befinden, sehr teuer bewertet ist.





Der Gesprächspartner:
Kurt Fisch ist Absolvent der Uni St. Gallen. Nach dem Studium startete er als Wirtschaftsredaktor bei der «Finanz und Wirtschaft». Diese führte ihn 1980 bis 1982 als Korrespondent nach New York. Während dieser Zeit entdeckte er seine Leidenschaft für die Vermögensverwaltung. Es folgten fünf Jahre Portfolio-Management bei der Schweizerischen Kreditanstalt mit Schwergewicht Aktien und Wandelanleihen sowie fünf Jahre in der Leitung der Privatbank Lips AG.


Das Unternehmen:
Fisch Asset Management wurde 1994 von Kurt und Dr. Pius Fisch gegründet und verwaltet mit 39 Mitarbeitenden ein Kundenvermögen von rund CHF 3.5 Mia. Fisch ist als Effektenhändlerin zugelassen und untersteht der Eidg. Finanzmarktaufsicht (FINMA). Die Produktpalette erstreckt sich über die traditionellen Anlageklassen von Renten (Obligationen Schweiz oder High Yield), balanced oder klassischen hybriden Ansätze (Wandelobligationen Global, Europa oder Asien, sowie Nachhaltigkeit), bis hin zu Aktien-Strategien (Aktien Japan). Fisch konzentriert sich auf die Institutionelle Kundschaft wie Versicherungen Pensionskassen, Banken, Vermögensverwalter, Family Offices und Corporates. Seit Juni 2009 können Wandelanleihenfonds von Fisch auch auf der Plattform Fund Lab (www.fundlab.com) gefunden werden.

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