KV Schweiz: Internationale Anerkennung der Berufsabschlüsse drängt

Die Berufsbildung, insbesondere die Höhere Berufsbildung (HBB) mit Berufs- und Höheren Fachprüfungen («Meisterprüfungen») sowie den Höheren Fachschulen ist eine Schweizer Erfolgsgeschichte. Sie leistet einen wesentlichen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. Ihre Absolventen sind hoch qualifizierte und in der Wirtschaft gefragte Fach- undFührungskräfte. Doch ihr Wert gerät im Rahmen der Internationalisierung von Bildungslandschaft und Arbeitsmarkt unter Druck: Berufsbildung gilt im Ausland oft als minderwertige Alternative zum Hochschulstudium, kein anderes Land kennt höhere Qualifikationen auf dem berufsbildenden Weg, wie das in der Schweiz der Fall ist.


Schweizer Qualität transparent machen
Die Qualität der Schweizer Berufsabschlüsse wird deshalb verkannt: Ein Bachelor in Business and Administration ist international verständlicher und einfacher einzuordnen als eine dipl. Betriebswirtschafterin HF, ein eidg. dipl. Experte in Rechnungslegung und Controlling. Mit besonderer Schärfe besteht dieses Problem im kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Bereich, weil hier im Ausland Titel und Qualifikationen praktisch nur auf akademischem Weg erworben werden können und eine hochwertige Berufsbildung nicht existiert.


Heimische Arbeitskräfte stärken
Das führt für Inhaber eines HBB-Abschlusses insgesamt zu Benachteiligungen im Ausland, zunehmend aber auch auf dem heimischen Markt: Gerade in internationalen Konzernen fällen zusehends ausländische, akademische geprägte HR- und Linien-Verantwortliche die Personalentscheide. Was nicht den Titel Bachelor oder Master trägt, ist für sie nichts wert.


Kochlehre à l’américaine
Wenn der Schweiz ihre Berufsbildung so viel wert ist, wie aktuell allseits betont wird, ist rasch eine einfache, international verständliche Lösung zu finden. Der KV Schweiz fordert darum:



Titel der höheren Berufsbildung umgehend ins Bachelor-/Master-System übersetzen. Für den internationalen Rahmen braucht es ? ergänzend zu den bewährten schweizerischen Bezeichnungen ? allgemein verständliche Titel. Die Schweiz braucht den Vergleich nicht zu scheuen: unsere Abschlüsse sind niveaumässig problemlos vergleichbar mit den meisten ausländischen Abschlüssen, die unter «Bachelor» und «Master» fungieren. Wenn ein Amerikaner «in culinary Arts» graduiert, so ist dies nichts anderes als unsere Kochlehre, einfach auf schulischem Weg.


«Diploma Supplement» mit Hochdruck vorantreiben. Ein griffiger Titel muss in einem standardisierten Diplomzusatz mit einem klaren Qualifikationsprofil unterlegt werden, das die Lernergebnisse zeigt ? was jemand wirklich kann. Hier hat die Schweizer Berufsbildung entschieden ihre Stärken zu präsentieren.


Unverzüglich einen gemeinsamen Qualifikationsrahmen für alle Abschlüsse erarbeiten. Ein solcher Rahmen erlaubt die einheitliche Einordnung aller Qualifikationen des Schweizer Bildungssystems und den internationalen Vergleich über das European Qualification Framework (EQF). Dieser Rahmen muss berufliche wie akademische Abschlüsse als gleichwertig, aber andersartig umfassen.


Hausaufgaben zu Durchlässigkeit im Bildungssystem konsequent anpacken. Art. 61 der Bundesverfassung fordert eine hohe Durchlässigkeit des Bildungsraums Schweiz. Darauf warten die Absolvent/innen der Höheren Berufsbildung bislang vergeblich. Der Bund ist gefordert, den Zugang zum Hochschulbereich und zu Nachdiplomstudien systematisch (und nicht fallweise «sur dossier») sicherzustellen und der Erfahrung damit einen Wert zu geben. Die Messbarkeit beruflicher Erfahrung und praktisch erworbener Kompetenzen ist bislang ein blinder Fleck unseres Bildungssystems, den die Schweiz ganz ohne Blick aufs Ausland anpacken kann und muss.


Der Kaufmännische Verband wehrt sich entschieden dagegen, dass die Schweiz den Zug verpasst, ihre Berufsabschlüsse international anschlussfähig zu machen. Ebenso klar setzt er sich seit Jahren für gleichlange Spiesse zwischen Berufsbildung und Hochschulen ein ? auch finanziell. Sonst droht eine Akademisierung der heutigen Berufsqualifikationen und damit der Verlust einer Bildungsperle, die ihre Qualität gerade aus dem starken Praxisbezug zieht und um die uns Experten aus dem Ausland zunehmend beneiden. (kv schweiz/mc/ps)

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