Klar sei auch, dass die Schweiz nicht allzu lange zuwarten könne. Gerade deshalb sei es aber wichtig, die Optionen sauber abzuklären. Darüber, was alles zur Diskussion steht, wollte sich Leuthard nicht äussern. Sie kritisierte Spekulationen bezüglich des von der EU geforderten automatischen Informationsaustauschs zwischen Steuerbehörden und Banken.
«Es wäre unseriös, wenn der Bundesrat darüber nicht sprechen würde», sagte Leuthard. Daraus sei aber nicht zu schliessen, dass der Bundesrat den automatischen Informationsaustausch befürworte.
Schweiz wird möglicherweise Kopie verlangen
Leuthard liess durchblicken, dass die Schweiz möglicherweise von Deutschland eine Kopie der CD mit den gestohlenen Daten verlangt. Ob sie dies schon getan hat oder gar bereits im Besitz einer Kopie ist, wollte sie nicht sagen. Die Bundespräsidentin erklärte aber, eine Kopie der Daten würde der Schweiz ermöglichen, in den betreffenden Fällen keine Amtshilfe zu leisten. Diese Lösung hatte die Schweiz bereits mit Frankreich ausgehandelt. Sie erhielt im Rahmen eines Rechtshilfeverfahrens eine Kopie der Daten, die bei der HSBC-Bank gestohlen worden waren.
Gegen Täter wird Verfahren eröffnet
In der Schweiz soll gegen den Daten-Dieb ein Verfahren eröffnet werden, wenn seine Identität bekannt wird, wie Leuthard weiter sagte. Datendiebstahl sei strafbar und werde von Amtes wegen verfolgt.
Wenig Kritik – Einigkeit im Bundesrat
In Bezug auf Kritik an Deutschland zeigte sich Leuthard zurückhaltend – wie schon Finanzminister Hans-Rudolf Merz am Mittwoch. Deutschland müsse den Kauf verantworten, sowohl moralisch als auch rechtlich. Im Bundesrat herrsche Einigkeit über das Vorgehen, betonte die Bundespräsidentin. Es werde «alles versucht, um den Bundesrat auseinanderzudividieren», doch es gebe keine Differenzen und keine Verletzungen des Kollegialitätsprinzips.
Äusserungen von Calmy Rey nicht korrekt widergegeben?
Dies trifft laut Leuthard auch auf Bundesrätin Micheline Calmy-Rey zu, die kritisiert worden war, weil sie Verständnis für Deutschlands Bemühungen um Steuerfluchtgelder geäussert hatte. Die Äusserungen seien auf deutsch nicht korrekt widergegeben worden, sagte Leuthard. Hans Grunder (BDP/BE), der als Vertreter der Bundesratsparteien über die Von-Wattenwyl-Gespräche informierte, machte deutlich, dass die Parteispitzen dies etwas anders sehen. Der Bundesrat habe nicht immer ein gutes Bild abgegeben, sagte er. Die Parteien erwarteten, dass der Bundesrat seine Strategie schnell sichtbar mache und umsetze.
Leuthard erinnerte daran, dass der Bundesrat den OECD-Standard akzeptiert hat, wonach nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei Steuerhinterziehung Amtshilfe geleistet wird. Der Ball zur raschen Umsetzung der neuen Doppelbesteuerungsabkommen liege nun beim Parlament. Was bis zur in Kraft Setzung der neuen Regeln mit den unversteuerten Geldern geschehe, sei primär Sache der betroffenen Staaten. Italien etwa habe sich für eine Steueramnestie entschieden. (awp/mc/pg/27)