Libyen: Max Göldi verlässt Botschaft und geht ins Gefängnis

Göldi trat am Montagmittag aus der Schweizer Botschaft in Tripolis und wurde zu einem Zivilfahrzeug gebracht, wie die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP berichteten. Ein Polizist legte ihm Handschellen an, das davonfahrende Auto wurde von mehreren Polizeiautos begleitet. Göldi befinde sich in Gewahrsam der zuständigen libyschen Behörden, teilte das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) gegen Abend mit.


Begnadigungs-Gesuch soll eingereicht werden
Nach Angaben seines Anwalts Salah Zahaf sollte Göldi in das Gefängnis Aïn Zara gebracht werden, wo er eine viermonatige Haftstrafe wegen Visavergehen absitzen muss. Er könne dort Besuch empfangen, einen Übersetzer in Anspruch nehmen und sich medizinisch behandeln lassen. Einmal im Gefängnis wollen Göldi und sein Anwalt ein Gesuch um Begnadigung einreichen.


Hamdami vor der Ausreise
Der freigesprochene Rachid Hamdani bereitete sich derweil auf seine Ausreise vor. Am frühen Abend befand er sich laut Angaben seiner Frau Bruna Hamdani noch in Tripolis, wie sie gegenüber dem Westschweizer Radio berichtete. Er könne aber bald abfahren. Auch Amnesty-International-Sprecher Daniel Graf war zuversichtlich, dass der schweizerisch-tunesische Doppelbürger Hamdani noch am Montagabend Tripolis verlassen werde. Hamdani wollte per Auto nach Tunesien gelangen.


Libyen hatte der Schweizer Botschaft laut der amtlichen Nachrichtenagentur Jana zuvor ein Ultimatum bis Montagmittag gestellt, um Göldi den libyschen Behördem zu übergeben. Andernfalls werde Libyen «Massnahmen» ergreifen.


Solidarität von EU-Botschaftern
Dutzende Polizisten umstellten die Schweizer Vertretung. Bereits in der Nacht war die Lage beinahe eskaliert: Libyen habe mit der Erstürmung der Botschaft gedroht, sagte der österreichische Aussenminister Michael Spindelegger. Viele EU-Botschafter seien daraufhin aus Solidarität mit der Schweiz in die Botschaft gekommen, um das zu verhindern. Es sei auf diese Weise gelungen, eine Eskalation zu vermeiden.


Wichtige Vermittlerrolle Deutschlands
Deutschland habe in dem Konflikt eine wichtige Vermittlerrolle gespielt, sagte er weiter. Auch Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hatte sich eingeschaltet und mit Libyens Machthaber Muammar Gaddafi gesprochen.


Solidarität aber auch Kritik aus Brüssel
Das EDA in Bern seinerseits kündigte am Montag an, weiter an einer Lösung zu arbeiten. In Brüssel brachten die EU-Aussenminister mehrheitlich ihre Solidarität mit der Schweiz zum Ausdruck. Wegen der Schweizer Liste von unerwünschten Personen aus Libyen kam Bern am Montag in Brüssel aber nicht ohne Kritik weg. Die Schweiz hätte ihre Schengen-Partner vorher konsultieren sollen, hiess es. Die EU-Innenminister werden sich am Donnerstag mit Schengen- und Visa-Regeln befassen. Die EU war vor rund einer Woche in den Konflikt gezogen worden, als Libyen Bürgern aus Schengen-Ländern keine Visa mehr ausstellte.


Seit Monaten in der Schweizer Vertretung
Göldi und Hamdani hielten sich während Monaten aus Furcht vor libyschen Repressalien in der Schweizer Vertretung auf. Der für ABB in Libyen tätige Göldi wurde wegen illegalen Aufenthalts in einem Revisionsverfahren verurteilt. Hamdani hingegen wurde vom Vorwurf des illegalen Aufenthalts und illegaler wirtschaftlicher Tätigkeiten freigesprochen. Die beiden Männer waren im Juli 2008 in Libyen festgenommen und an der Ausreise gehindert worden.


Die Verfahren gegen die Schweizer galten als Reaktion auf die kurzzeitige Festnahme von Hannibal Gaddafi, einem Sohn des libyschen Machthabers, im Sommer 2008 in Genf. Dem Gaddafi-Sohn und seiner ebenfalls festgenommenen Frau war damals vorgeworfen worden, zwei Hausangestellte misshandelt zu haben.  (awp/mc/pg/05)

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