Liechtenstein bietet Informationen bei Steuerdelikten an – Andorra hebt Bankgeheimnis auf

Die Regierung in Vaduz veröffentlichte am Donnerstag eine Erklärung, wonach sie die OECD-Standards für Transparenz und Informationsaustausch in Steuerfragen akzeptiert und die internationalen Massnahmen gegen die Nichteinhaltung von Steuergesetzen unterstützt. Die Erklärung wird vom Fürstenhaus unterstützt. Zudem ist sie mit allen wichtigen Vertretern der liechtensteinischen Politik und Wirtschaft abgesprochen worden, wie die Stabstelle für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit mitteilte.


Abkommen über die OPEC-Standards hinaus
Die geplanten bilateralen Abkommen zur Bekämpfung von Steuerbetrug und -hinterziehung sollen sogar über den OECD-Standard hinausgehen. Mit einzelnen Staaten wurden bereits Gespräche über solche Verträge geführt.


Bankkundengeheimnis bleibt
Die Öffnung soll nicht auf Kosten des Bankgeheimnisses gehen. Das Bankkundengeheimnis darf laut Regierungschef Otmar Hasler aber nicht zur Unterstützung von Steuerkriminalität missbraucht werden. «Mit der heutigen Erklärung leisten wir unseren Beitrag zu einer gemeinsamen Lösung, die eine effektive Durchsetzung ausländischer Steueransprüche möglich macht und gleichzeitig die legitimen Interessen der Kunden unseres Finanzplatzes berücksichtigt», wird Hasler in der Mitteilung zitiert.


Informationsaustausch-Abkommen mit den USA
Ein Abkommen über den Informationsaustausch in Steuerfragen hat das «Ländle» bereits mit den USA abgeschlossen. Es tritt 2010 in Kraft und regelt die Amts- und Rechtshilfe bei Steuerbetrug und -hinterziehung ab dem laufenden Jahr.


Regierungschef Tschütscher will Erklärung umsetzen
Der designierte Liechtensteiner Regierungschef Klaus Tschütscher will die in der Erklärung formulierte Politik nach seiner Vereidigung Ende März mit konkreten Massnahmen umsetzen. Tschütscher kündigte bereits im Februar an, es sei absolut nötig, vom Image der unkooperativen Steueroase wegzukommen.


Andorra will Bankgeheimnis im November aufheben
Liechtenstein figuriert seit Juni 2000 auf der OECD-Liste der Steueroasen. Auf dieser schwarzen Liste zu finden sind derzeit auch Monaco und Andorra, das aber am Donnerstag eine Aufhebung des Bankgeheimnisses angekündigt hat. Der Pyrenäen-Kleinstaat will damit erreichen, von der schwarzen Liste gestrichen zu werden. Wie die Regierung mitteilte, hatte Ministerpräsident Albert Pintat am Vortag in Paris eine entsprechende Erklärung unterzeichnet. Danach verpflichtet sich das Fürstentum dazu, bis November dieses Jahres ein Gesetz zur Aufhebung des Bankgeheimnisses zu verabschieden. Nach der geplanten Neuregelung will Andorra anderen Ländern im Rahmen bilateraler Abkommen steuerlich relevante Informationen zukommen lassen.


Bankiervereinigung zeigt sich nicht beunruhigt
Dass Liechtenstein bei Steuerdelikten Drittstaaten nach OECD-Standards informieren will, hat in der Schweiz wenig Wellen geworfen. Bundesrat Hans-Rudolf Merz analysiert den Entscheid des Fürstentums. Zur Lockerung des liechtensteinischen Bankgeheimnisses selbst mochte sich Merz nicht äussern. Es sei möglich, dass die Situation für die Schweiz schwieriger werde, sagte er am Westschweizer Fernsehen TSR. Für weiteres verwies er auf die Bundesratssitzung vom morgigen Freitag.


Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) kommentierte das Liechtensteiner Vorgehen ebenfalls zurückhaltend. Ihr Sprecher James Nason erklärte zum Druck auf das Bankgeheimnis, die Bankiers erwarteten vom Bundesrat, dass die Schweiz als souveräner Rechtsstaat ihre Prinzipien verteidigt.


Andere Ausgangslage
Für den Wirtschaftsdachverband economiesuisse unterscheidet sich die Ausgangslage des Fürstentums von jener der Schweiz. Liechtenstein stehe bei der OECD auf der «schwarzen Liste» der Steueroasen, die Schweiz nicht. Die Eidgenossenschaft kooperiere bei Steuerbetrug und prüfe weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit, erklärte economiesuisse-Geschäftsleitungsmitglied Thomas Pletscher. Ob der Druck aufs Schweizer Bankgeheimnis nun zunehme, lasse sich in der derzeit sehr bewegten Situation kaum abschätzen. Das Bankgeheimnis müsse im Gesamtkomplex der Finanzplätze gesehen werden. Auch Massnahmen gegen die Geldwäscherei müssten in diese Betrachtungsweise mit einfliessen.


Der Liechtensteinische Bankenverband begrüsste den Regierungsentscheid. Das Bankgeheimnis bleibe erhalten. Entsprechende Abkommen aufgrund des OECD-Standards mit Informationsaustausch auf Anfrage müssten rasch geschlossen werden. Mit der EU sei ein Betrugsabkommen zu vereinbaren.


Beim automatischen Austausch hörts auf
Unisono und energisch widersetzen sich der Liechtensteiner Verband, die Schweizerische Bankiervereinigung und economiesuisse einem automatischen Informationsaustausch, wie ihn etwa der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück verlangt. «Phishing Expeditions» nach Bankkundendaten widersprechen für den Liechtensteiner Branchenverband der Philosophie der Banken und dem Schutz der Privatsphäre. Für econimiesuisse-Vertreter Pletscher hört das Entgegenkommen dort auf, wo der finanziell gläserne Mensch beginnt. Die SBVg bekräftigte ebenfalls ihren Widerstand gegen entsprechende Ansinnen.  (awp/mc/pg/07)

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