Von Gérard Al-Fil
Herr Al Malek, von führenden ICT-Konzernen wie IBM, Dell, Alcatel-Lucent war auf dem CIO Summit in Dubai zu hören, dass sie für das laufende Jahr nur ein leicht schwächeres Wachstum im Mittleren Osten erwarten. Wie sind Sie persönlich für Ihre Freihandelszone Dubai Internet City für das Jahr 2009 gestimmt?
Wir haben in den drei Jahren letzten 25 Prozent per Annum Wachstum erzielt, das heisst, seit 2006 stieg die Zahl der Firmen, die sich in der Dubai Internet City (DIC) niederliessen, jedes Jahr um ein Viertel. Wir sind zuversichtlich, dieses Wachstum auch in 2009 fortzuführen, auch wenn sich die Aussichten infolge der Finanzkrise eingetrübt haben. Wir schätzen das Marktvolumen bei Ausgaben im ICT-Bereich in den arabischen Golfstaaten auf 13 Mrd. Dollar. Wir möchten aber nicht nur die Zahl der Firmen steigern. Vielmehr wollen wir die Art der Produkte und Dienstleistungen erweitern. Wir würden gerne neben den zahlreichen Vertriebsspezialisten mehr Unternehmen mit Schwerpunkt Forschung und Entwicklung gewinnen.
Warum entscheiden sich IT-Unternehmen gerade für die Dubai Internet City?
In der DIC haben sich seit dessen Gründung im Jahr 2000 über 1200 Firmen angesiedelt. Wer durch die DIC spazieren geht, glaubt, er laufe kreuz und quer über den Kurszettel der amerikanischen Technologie-Börse NASDAQ. Bedeutdende Marktteilnehmer wie Microsoft, Cisco Systems, Intel und zuletzt Google und British Telecom unterhalten bei uns ihren Mittelost-Hauptstandort. Warum? Weil sie in der DIC als grössten ICT-«Cluster» im Mittleren Osten einmalige Vorzüge geniessen wie 100-prozentige Steuerfreiheit, freie Kapitalrepatriierung ins Ausland, eine moderne Infrastruktur, freie Wahl der Mitarbeiter unabhängig von deren Nationalität und nicht zuletzt die unbürokratische Arbeit unseres Leitungsgremium.
Was meinen Sie damit genau?
Wir bezeichnen unsere lizenzierten Unternehmen als «Business Partner» und in diesem Sinne behandeln wird sie auch. Wir begleiten alle Firmen von Tag eins an, von der Formulierung des Lizenzgesuchs bis zur Ingangsetzung des Geschäfts und stehen ihnen mit festen Ansprechpartnern beratend zur Seite. Wir bringen die Business Partner zusammen, vermitteln so Geschäftskontakte zu potenziellen Partnern und Abnehmern. Am 15. Februar haben wir zudem in Zusammenarbeit mit der Dubai Export Development Corporation (DEDC) unsere jüngste Inititative ins Leben gerufen, die IT-Firmen aus den Emiraten Geschäftsmöglichkeiten in Indien aufzeigen soll. Indiens Wirtschaft ist seit zwei Jahrzehnten konstant gewachsen. Für 2009 erwartet man trotz der weltweit wirtschaftlich angespannten Lage sieben Prozent Wachstum.
«In der DIC haben sich seit dessen Gründung im Jahr 2000 über 1200 Firmen angesiedelt. Wer durch die DIC spazieren geht, glaubt, er laufe kreuz und quer über den Kurszettel der amerikanischen Technologie-Börse NASDAQ.»
Für die 25?000 Menschen, die in der DIC arbeiten, bieten wir mit der lockeren Atmosphäre mit Park und Seenlandschaft zudem eine hohe Lebensqualität, ein integriertes Konzept, und schaffen damit eine eigene IT-Community, ein Hauch von Silicon Valley. Zudem hat sich Dubai mit der DIC eine führende Rolle als ICT-Zentrum nicht nur in den VAE, sondern in allen GCC-Staaen (Saudiarabien, Kuwait, Bahrain, Katar, VAE und Oman) erkämpft. Ausserdem stammen 31 Prozent der 13 Mrd. Dollar ICT-Ausgaben aus den Emiraten. Die Zahl der Lizenzanträge ist konstant hoch.
Andere «Free Zones» in Dubai verzeichnen aufgrund der Finanzkrise Abwanderungen, wie beispielsweise die Bankenzone DIFC. Sie auch?
Es gibt eine natürliche Abwanderungsrate von Firmen, die aber im Fall der DIC unbedeutend klein geblieben ist. Wir verzeichnen keinen bedeutenden Einfluss der Finanzkrise auf den ICT-Sektor. Allein im vierten Quartal 2008 konnten wir in der DIC 50 neue Business Partner begrüssen. Das waren doppelt so viele wie im gleichen Quartal des Vorjahres.
Kann es jedoch sein, dass sich zwar die Zahl der Firmen erweitert hat, bestehende Unternehmen innerhalb der DIC aber massiv Stellen abbauen?
Wie kommen Sie darauf?
Weil sich die sonst chronische Parkplatznot in der DIC fast in Luft aufgelöst hat. Plötzlich findet man in Ihrer Free Zone zu jeder Tageszeit einen Stellplatz.
Es freut mich zu hören. Denn dies beweist nur, dass unsere Bemühungen, mehr Parkraum zur Verfügung zu stellen endlich Früchte trägt. Wir haben das Angebot an PKW-Stellplätzen nämlich ständig erweitert, damit die Mitarbeiter pünktlich zur Arbeit finden und nicht kostbare Zeit mit der Parkplatzsuche vergeuden.
$$PAGE$$
Eine andere Freihandelzzone, die Dubai Outsource Zone, hat nach Angaben ihres Chairman Ismal Naqui mehrere indische Programmierer und Call Center-Spezialisten verloren, weil sie von den hohen Lebenshaltungskosten in Dubai abgeschreckt und von besseren Konditionen in ihrer Heimat zurückgelockt wurden. Ist dieses Phänomen auch bei Ihnen vorhanden?
Das können wir für die DIC nicht bestätigen. Das Outsourcing-Modell ist auch nicht wirklich mit dem intergrierten ICT-Konzept, auf das wir abzielen, vergleichbar. Ein Call Center-Agent ist auf eher auf der unteren Gehaltsskala anzusiedeln, ein IT-Engineer verdient eher auf der oberen Skala.
Die DIC wurde vor acht Jahren gegründet. Im Jahr 2000 war das Internet noch relativ jung, heute sind der Gebrauch von E-Mails und des WorlWideWebs aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ist der Name Internet City damit nicht obsolet?
Das würden wir nicht so sehen. Nehmen Sie die Elektrizität. Ist sie auch obsolet, nur weil sie im Jahr 1780 zufällig entdeckt wurde? Die Internet City ist eine Marke, an der jeder sofort erkennen soll, welche Art von Unternehmen vor Ort sind. Deshalb schwebt uns auch keine Namensänderung vor.
Das Konzept der integrierten Free Zones ist so erfolgreich, dass sie es sogar unter dem Namen SmartCity exportieren wollen?
Ja, auf der Mittelmeerinsel Malta und im südindischen Kochi werden die ersten «Exportversion» der DIC entstehen, die als integrierte Hightech-Stadt Technologiefirmen und IT-Spezialisten sowohl eine moderne Arbeitswelt als auch ein Zuhause mit hoher Lebensqualität bietet. Wir stehen dem Projekt beratend zur Seite. Die Realisierung wird aber von einer eigens geschaffenen Smart-City-Gesellschaft geleitet. Aus diesem Grund können noch nicht sagen, in welche weiteren Regionen wir expandieren werden. Aber vielleicht gibt es ja auch eines Tages eine SmartCity in der Schweiz.
Herr Al-Malek, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.
Der Gesprächspartner:
Malek Sulatan Al-Malek wurde am ersten April 2008 zum Executive Director der Dubai Internet City (DIC) berufen, die zum Portfolio der Technologie-Freihandelszone Tecom gehört. Die Tecom ist eine Tochtergesellschaft der staatlichen Dubai Holding, hinter der die Herrscherfamilie Al-Maktoum von Dubai steht. Zur im Jahr 2000 gegründeten DIC gehört Al Malek seit 2001. Der Emirati stiess damals als Partner Relations Manager hinzu und engagierte sich auch in Initiativen ausserhalb seines Bereichs, etwa von 2003 bis 2005 bei der Planung des jährlich stattfindenden Dubai Shopping Festivals (DSF). Er hält einen MBA der der Bardford University. Um von Bits und Bytes, Einsen und Nullen abschalten zu können, widmet sich Al Al-Malek in seiner Freizeit arabischer Poesie und dem Fussball.