«Was für ein Gefühl es wohl sein muss, als Sportler ganz oben zu stehen, als Sieger gefeiert und geliebt zu werden. Was für ein Gefühl es aber auch sein muss, wenn der Erfolg ausbleibt, wenn andere plötzlich schneller und besser sind.» Mit diesen Worten begrüsste Rudolf Fehlmann, CEO der Bison Schweiz AG, gestern Abend in Sursee rund 120 Gäste aus Politik und Wirtschaft zum «Bison Montagsgespräch». Er umschrieb damit in wenigen Worten das Wechselbad der Gefühle, dem jeder Profisportler tagtäglich ausgesetzt ist.
«Wirklich etwas gelernt habe ich nur aus meinen Niederlagen»
So, wie es auch Ex-Skistar Marco Büchel in seiner fast 20-jährigen Karriere immer wieder erlebt hat, wie er bestätigte: «Wirklich etwas gelernt habe ich jedoch nur aus meinen Niederlagen. Die Siege geniesst Du einfach, die dunklen Momente hingegen lassen dich reifen», so Büchel. Der Liechtensteiner, der am 11. März 2010 sein letztes Weltcup-Rennen fuhr, erzählte offen und ehrlich, wie schwer es ihm manchmal fiel, genügend Motivation zu finden: «Nach einem verpatzen Rennen schloss ich mich jeweils in meinem Hotelzimmer ein ? und selbst meine Frau wusste dann, dass es besser ist, mich in Ruhe zu lassen.».
«Schliesslich steht er ganz alleine oben am Start»
In solchen Momenten können die Sportler auf die Unterstützung ihrer Mentaltrainer zählen. «Mein Job ist es», so Sportpsychologe Hanspeter Gubelmann, «auch einfach mal da zu sein, damit ein Sportler all seinen Frust und Ballast abwerfen kann.» Denn im Sport sei derart viel Leidenschaft drin, dass «selbst gestandene Männer bei Niederlagen manchmal von ihren Emotionen überrannt werden.» Gubelmann, der seit 12 Jahren die Schweizer Skispringer betreut und Simon Ammann in Vancouver bei seinem Doppelolympia-Sieg begleitete, will seine Arbeit aber nicht überbewerten: «Im Endeffekt liegt es nicht in den Händen von uns Trainern, Psychologen oder Betreuern, ob ein Sportler erfolgreich ist. Schliesslich steht er ganz alleine oben am Start.»
Co-Kommentator beim ZDF
Was für ein enormer Druck das sein muss, konnten die gebannt zuhörenden Gäste nur erahnen. Marco Büchel jedenfalls geniesst es sichtlich, dass für ihn nun ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Wenngleich es ihn beim Saisonstart am 23./24. Oktober in Sölden ganz sicher enorm kribbeln werde. «Zum Glück habe ich dann meinen ersten Einsatz als Co-Kommentator beim ZDF. So bleibt mir ein gewisser Kick erhalten.» Büchel, der als Liechtensteiner der Schweizer Ski-Nati angehörte, hofft im Hinblick auf seine neue Arbeit natürlich, dass auch die deutschen Fahrer eine gute Saison abliefern werden: «Sie dürfen hinter Didier Couche und Carlo Janka durchaus auch mal aufs Podest fahren», so Büchel schmunzelnd.
Mit Simon Ammann ist weiterhin zu rechnen
Mit Podest-Rängen sei auch bei den Schweizer Skispringern wieder zu rechnen, zeigte sich Hanspeter Gubelmann überzeugt. «Simon Ammann ist wiederum in einer bestechenden Form und kaum zu bremsen.» Doch auch für Andreas Küttel sieht Gubelmann Licht am Ende des Tunnels: «Er hat tatsächlich eine schwierige Zeit hinter sich, doch wir haben nun einige Änderungen vorgenommen was das Material und Training angeht. So denke ich wirklich, dass auch Andreas wieder ganz vorne mitreden kann.» Eine positivere Prognose hätte es zum Abschluss des «Bison Montagsgespräch» nicht geben können. (bison/mc/ps)