Marius Müller-Westernhagen ? «Nahaufnahme»

Die Zeiten von «Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz» oder rotzfrechen Texten wie bei «Dicke» scheinen bei Westernhagen definitiv vorbei zu sein. Auf seinem neusten Werk dominieren ruhige Töne, besinnliche Momente, musikalische Experimentierfreudigkeit und teilweise auch reichlich Altmeisterlichkeit.

Musikalische Vielfalt
Das Eröffnungsstück «Versuch Dich Zu Erinnern» besticht mit Jazzgitarre und setzt die Akzente mit zurückhaltenden Trompetenklängen. «Alles ist möglich» ist musikalisch irgendwo zwischen Liebes- und Schlaflied angesiedelt. «Du entkommst mir nicht» droht Westernhagen als Verlassener zwischen Tränen und Zorn ? unterlegt von sanften Saxofon-Klängen. Die musikalische Vielfalt findet ihre Fortsetzung mit verrauchtem Barjazz bei «Schweige Still». Im Walzertakt wird ein Versager mit Namen «Georgie» zu Grabe getragen, «Eins», «Gejammer» oder «Willst Du Tanzen» überzeugen mit Bluegrass und Südstaatenflair.

Viel Westcoast- und Südstaatenflair
Die obligate Hühnerhaut-Ballade heisst auf diesem Album «Mit dem Rücken zur Wand». Überzeugend und nicht minder bewegend sind das Pianospiel von Friso Lücht und die warmen Klänge des Flügelhorns. Einen kleinen «Rückfall» in alte Zeiten ist das Stück «Daneben», danach klingt das Album mit weiteren Songs mit Westcoast- und Südstaaten-Flair aus. Überzeugend und inspiriert tritt Westernhagens Band auf. Sie schafft mit Rhythm-Section, akustischer Gitarre, Piano und Flügelhorn eine wunderbar temperierte Stimmung.

Langsamer Rückzug?
Alles in allem erscheint «Nahaufnahme» wie ein weiteres Stück des langsamen Rückzugs. Nachdem er vor Jahren versprochen hatte, er werde nie mehr in einem grossen Stadion auftreten, dürfen es bei der diesjährigen Tournee Westernhagens «nur» noch die grossen Hallen sein. Die Musik des neuen Albums würde jedoch eher in Clubs oder kleine, intime Musiklokale passen ? aber was nicht ist, kann ja bekanntlich immer noch werden. (mc/cki)

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