von Gérard Al-Fil
Herr Giebel, die Nachrichtenlage im Immobilienbereich in Dubai verheisst nichts Gutes: Ihre Mitbewerber, die Immobilienentwickler Nakheel, Damac und Omnyat, entlassen plötzlich Mitarbeiter. Die Preise für Wohn- und Büroraum fallen rasant. Steht der Immobilienmarkt in Dubai vor einem Crash?
Da gibt es keine allgemeine Beurteilung. Das muss man für jede Firma individuell beurteilen. Bei uns gibt es keine Entlassungen. Unsere Expansionsstragie bleibt intakt. Wir haben eine solide Kapitalbasis. Viele Leute sind keine vier Jahre am Golf und nur an gute Zeiten gewöhnt. Für sie ist die Umstellung auf eine Zeit, in der ein überhitzter Markt auf ein gesundes Niveau zurückkommt viel grösser als für Seasoned Manager, die schon lange in Dubai und international am Ruder sind. Nehmen Sie das Platzen der Telekomblase im Jahr 2000. Ich war damals Vice President bei Corning Cable Systems in den USA. Corning war Weltmarktführer im Glasfaserbereich, zeichnete für 50 Prozent der Glasfaserkabel global verantwortlich. Da verloren wir innerhalb von drei Monaten 40 Prozent unserer Kunden. Mit einer solchen Erfahrung ist man auch für schwierige Zeiten gewappnet. Nochmals: bei uns gibt es keine Entlassungen.
Deyaar ist in Europa noch nicht so recht bekannt. Wer ist ihre Firma?
Wir sind ein börsenkotiertes Unternehmen mit ca. 80’000 Aktionären. Deyaar entstand aus einem Spinoff der Dubai Islamic Bank, als aus deren Immobilienarm eine eigenständige Firma gegründet wurde. Wir operieren auf rein Scharia-konformer Basis. Die Dubai Islamic Bank ist heute grösster Aktionär mit 42 Prozent, daher haben wir eine Verbindung zur Regierung von Dubai. Ausserdem ist Deyaar die am schnellsten wachsende Real Estate Firma an der lokalen Börse DFM.
Welche Produkte bieten Sie an?
Deyaar hat sich auf den Bau von Einzel-Towern konzentriert. In Dubai arbeiten wir derzeit an über 30 Projekten, quer über das Emirat verstreut. Darunter sind exklusive Adressen wie die Hafenpromenade Dubai Marina oder die Business Bay im Herzen der Stadt. In letzter Zeit haben wir unser Spektrum erweitert, bieten auch Master Developments (zusammenhängende Siedlungen) sowie Iconic Projects an. Unser erstes Iconic Project ist der Michael Schumacher World Championship Tower in Abu Dhabi. Deyaar ist dessen exklusiver Vertriebspartner. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir auch weiter expandieren können. Wir haben jüngst Projekte in Kasachstan, Libanon und in der Türkei lanciert. Derzeit studieren wir ein Master Development in Saudiarabien. Wenn wir in Märkte ausserhalb der Golf-Emirate gehen, dann legen wir zwei Kriterien an: Erstens: Ist die Investition sicher? Und zweitens: Ist die Investion im Preis reduziert? Im Fall Saudiarabien kann man Punkt eins jedenfalls mit , Ja› beantworten und in Punkt zwei ist es eine Frage der Verhandlung mit dem Geschäftspartner.
«Deutschland empfinde ich schon als etwas beengend. Die Innnovationsfreundlichkeit ist hier am Golf viel höher als in er Heimat. Deshalb fühle ich mich hier auch wohler.»
Kommen wir zurück auf Dubai. Was kostet so ein Drei-Zimmer-Apartment in der Dubai Marina City?
Das sind sehr unterschiedliche Preise, das können wir nicht über einen Kamm scheren. Es gibt eine Spannweite zwischen 1’200 Dirham (rund 350 Franken, d. Red.) pro Quadratfuss und 3’000 Dirham (877 Franken) pro Quadratfuss. Deyaar hat in der Qualität hohe Ansprüche. Deshalb liegen unsere Preise auch in einem höheren Segment. Wir sprechen den gehobenen Mittelstand und vermögende Kunden an.
Wieso wurden gerade Sie als deutscher Immobilienexperte im Sommer 2008 zum CEO von Deyaar berufen?
Ich arbeite jetzt seit vielen Jahren in Dubai, seit 2003, um genau zu sein. Ich habe hier meine eigene Investment-Boutique. Daraus haben sich über die Jahre eine Reihe von Kontakten geknüpft, die dann zu meiner Nominierung geführt haben.
War es ein schwieriger Start für Sie, nachdem gegen Ihren Vorgänger wegen Betrugs ermittelt wurde?
Nein – eine Firma wie Deyaar zu übernehmen ist generell schwierig.
Kann ich als Schweizer Investor Deyaar-Aktien kaufen?
Leider noch nicht, weil unsere Aktien noch nicht für den ausländischen Markt geöffnet sind. Bislang können nur GCC-Investoren Deyaar-Papiere erwerben. Es sind aber intern Diskussionen ins Rollen gekommen, ob wir einen solchen Schritt gehen sollen. Deyaar ist übrigens weit weniger gefallen als der Markt.
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Welche Projekte bieten Sie für den Privatinvestor?
Die meisten unserer Projekte (soweit nicht ausverkauft – über 85% sind schon verkauft) können von Privatinvestoren erworben werden.
Sie pflegen mit Deyaar ein sehr exklusives Image. Ihre Werbetafeln sind vor dem Burj Al Arab und in der Luxusmeile der Dubai Marina zu finden.
Ja, wir haben seit sechs Monaten unsere Aussenwerbung intensiviert, um das Corporate Image zu verbessern. Auch die Standorte unserer Werbetafeln wurden penibel ausgewählt: Jumeira, Dubai Marina und Sheikh Zyed Road, um nur einige zu nennen.
Wo liegt die Herausforderung für Sie als Deutscher an der Spitze eines lokalen Unternehmens in Dubai?
Nun, Deutschland empfinde ich schon als etwas beengend. Die Innnovationsfreundlichkeit ist hier am Golf viel höher als in der Heimat. Deshalb fühle ich mich hier auch wohler. Flexibilität habe ich in meiner Zeit in Amerika auch sehr geschätzt. Emotional ist natürlich die Bindungskraft in meine Heimat da. Ich kann aber nur an die Entscheidungsträger in Europa appellieren, einfach auch mal aus den eigenen vier Wänden herauszutreten und etwas Neues auszuprobieren. Man wird überrascht sein, was man dort vorfindet.
Wo muss Dubai noch zulegen?
Dubai steht am Wendepunkt zu einer Matured Economy. Auf der Ebene der Rechtssicherheit wurden schon die meisten Schritte getan. Im Grossen und Ganzen muss ich aber sagen: Dubai hat in den letzten zehn Jahren enorm viel an Aufbauarbeit geleistet. Das ist schon phänomenal.
Herrscht in Dubai nicht auch ein phänomenaler Wettbewerb?
Der war in den letzten 10 Jahren praktisch nicht vorhanden. Aber der Wettbewerbsdruck wird sich jetzt allmählich entwickeln. Das wird auf dem Weg zu einer Matured Economy zwangsläufig so sein.
Zur Person:
Marcus Alexander Giebel ist seit August 2008 CEO des Immobilienentwicklers Deyaar Properties PJSC in Dubai. Deyaar (das arabische Wort bedeutet Häuser) entstand aus einem Spin-off der Dubai Islamic Bank und operiert auch heute ausschliesslich auf der Grundlage des Islamischen Rechts (Scharia). Markus Giebel lebt seit fünf Jahren im Golf-Emirat Dubai und war zuvor CEO der von ihm gegründeten Vedera Capital, über die er Immobilien-Investments in Höhe von mehreren Milliarden Dollar tätigte. Er ist auch Gründer des islamischen Immobilien-Fonds Merasi. Der gebürtige Münchner war zur Jahrtausendwende Vice President Europa und Mittlerer Osten beim US-Kabelspezialisten Corning. Giebel hat im Laufe seiner Karriere 30 Patente ,und er wurde mit dem Business Award des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft ausgezeichnet. Er hält einen MBA der Switzerland Business School und ein Diplom in Ingenieurswesen der Technischen Universität München.