Von Radovan Milanovic
Moneycab: Im vergangenen Geschäftsjahr haben der Immobilienwert Ihres Portfolios um 113,5% auf 8,082 Mrd. CHF und die Anzahl der Liegenschaften um 109,1% auf 230 zugenommen. Dabei hat sich auch die vermietbare Fläche um 109,1% auf 1.531 Mio. m2 erhöht. Dies ist ein sehr grosser Wachstumsschub. Mit welchen Wachstumsraten gehen Sie für 2010 aus?
Markus Graf: Diese Zunahmen sind durch die Akquisition der Jelmoli-Gruppe entstanden. Aufgrund der Devestitionen im laufenden Jahr werden die von Ihnen genannten Grössen tendenziell wieder abnehmen. Der Mietertrag dürfte sich jedoch 2010 von CHF 251.7 Mio. auf über CHF 435 Mio. erhöhen. Dieser Anstieg ist u.a. damit zu erklären, dass die Mieterträge aus dem Jelmoli-Portfolio im 2009 nur mit rund zwei Monaten in die Erfolgsrechnung eingeflossen sind.
In Anbetracht der Zusammensetzung Ihres Liegenschaftenportfolios mit hauptsächlich gewerblichen Liegenschaften, ist die relativ tiefe Leerstandsrate ? auch im Hinblick auf die Rezession ? besonders eindrücklich. Diese ist im Rezessionsjahr 2009 gar von 4,5% auf 4.0% gefallen. Was ist Ihr Geheimnis dieses Erfolges?
Es gibt kein Geheimnis, nur eine bewährte Strategie, die wir konsequent umsetzen. Sie lässt sich mit unserem Claim «Picking the Real Value» zusammenfassen und besagt, dass unser Portolio auf erstklassige, renditestarke Immobilien an besten städtischen Lagen baut. Investiert wird nur, wenn die Rentabilität stimmt und ein Cash-flow generiert werden kann, der eine attraktive und stetige Ausschüttung an die Aktionäre ermöglicht.
22% Ihres Portfolios liegen in Genf, wo Sie sehr erfolgreich sind, 38% in Zürich und noch 7% halten Sie in Bern. Können Sie unseren Lesern die Unterschiede des gewerblichen Immobilienmarktes dieser drei wichtigen Schweizer Städte aufzeigen?&
Zürich ist und bleibt das führende Wirtschaftszentrum der Schweiz. Auch wenn der schwächere Finanzsektor und der allgemeine Trend zu Kostensenkungen den Druck auf die Mietpreise erhöht haben, behält das urbane Zürich eine hohe Anziehungskraft. Dies zeigt sich im Tertiärsektor und insbesondere auch im Ausbildungsbereich. Bern zeichnet sich durch eine hohe Kontinuität aus. Der Bund und staatsnahe Betriebe wie Post, Swisscom und SBB sorgen für einen stabilen Flächenbedarf. Genf ist die mit Abstand internationalste Stadt der Schweiz. Etwa 44% der Bevölkerung besteht aus Ausländern, die gut ausgebildet sind und über eine hohe Kaufkraft verfügen. Dazu tragen die vielen internationalen Organisationen wesentlich bei. In der Agglomeration wohnen etwa 470’000 Menschen. Der flächenmässigen Expansion sind jedoch geografisch und politisch enge Grenzen gesetzt, was das Angebot knapp und das Preisniveau hoch hält. Allen Städten gemeinsam sind erstklassige Standorte von Swiss Prime Site.
Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass Prime Site, vorausschauend den Anteil Büronutzungsarten von 57% auf 36% durch Verkäufe reduziert hat. Ist dies Teil einer langfristig neuen Portfolio Allokation?
Der reduzierte Anteil der Büroliegenschaften hat sich vor allem aus der Akquisition der Jelmoli-Gruppe ergeben. Mit Nutzungsanteilen von 41% für Verkauf und 36% für Büro fühlen wir uns sehr wohl, obgleich diese Aufteilung nicht in Stein gemeisselt ist.
Wie flexibel können Sie bei Ihren Entscheidungen auf Wirtschaftszyklen reagieren?
In unserem Geschäft kann man kaum kurzfristig auf Wirtschaftszyklen reagieren. Bei Swiss Prime Site hatten 2009 etwa 66% der Mietverhältnisse eine Vertragsdauer von drei Jahren oder länger. Der Anteil der 10-jährigen Mietverträge belief sich auf 29.3%. Die unterjährigen Mietverhältnisse machten nur 12.5% aus. Die meisten Verträge sind zudem indexgebunden. Allerdings muss ein Immobilieninvestor versuchen, die Zyklen zu antizipieren und zu seinen Gunsten zu nutzen. Ein gutes Beispiel ist Sihlcity in Zürich.
«2009 konnten über 6 Mio. Besucher in Sihlcity, Zürich registriert werden, was einem Tagesdurchschnitt von über 19’000 Personen entspricht. Nach einer Zunahme von 5 % gegenüber dem Vorjahr erreichte der Umsatz 2009 CHF 341 Mio.» Markus Graf, CEO Swiss Prime Site
Nach der Eröffnung von Sihlcity, an dem Swiss Prime Site mit 24,2% und die Credit Suisse mit ihren Immobilienanlagegefässen mit 75,85 beteiligt ist, zeigten sich die Detailhänder mit den Umsätzen unzufrieden. In unserem letzten Interview mit moneycab.com vom Mai 2008 zeigten Sie sich jedoch optimistisch und verweisen auf das neuartige Konzept: Sihlcity als Shopping Center, als ein Urban Entertainment Center mit Angeboten für Gastronomie, Unterhaltung, Fitness, Wellness. Wie haben sich Ihre Erwartungen bezüglich der Umsätze und Erträge entwickelt?
Sieben Jahre nach dem Investitionsentscheid von Swiss Prime Site und drei Jahre nach der Eröffnung hat sich Sihlcity etabliert. Die Positionierung als Urban Entertainment Center ist vollauf gelungen. Mieter und Kunde haben das multifunktionale Konzept verstanden und es auch schätzen gelernt. 2009 konnten über 6 Mio. Besucher registriert werden, was einem Tagesdurchschnitt von über 19’000 Personen entspricht. Nach einer Zunahme von 5 % gegenüber dem Vorjahr erreichte der Umsatz 2009 CHF 341 Mio. und lag damit im Rahmen der mittelfristigen Erwartungen. Mit diesen Ergebnissen sind wir sehr zufrieden. In den ersten drei Monaten 2010 sind ie Umsätze im Vergleich zum Vorjahr um 15% gestiegen.
Mittelfristig gingen Sie davon aus, dass sich der Trend nach Spezialobjekten fortsetzen wird. Also nur Shopping Centers mit Erlebnischarakter und Freizeitcenters?
So einschränkend würde ich das nicht sagen. In unserem Portfolio hat es auch Platz für konventionelle Einkaufszentren wie das Volkiland in Volketswil oder das im September 2009 eingeweihte Stücki in Basel, wenn die Lage, das Einzugsgebiet, die Architektur, das Betriebskonzept, der Mietermix usw. stimmen. Beide Zentren sind praktisch voll vermietet. Umgekehrt werden Zentren, die es verpasst haben, sich durch Revitalisierungs- und Modernisierungs¬massnahmen auf das Verhalten und die Wünsche der Verbraucher auszurichten, einen schweren Stand haben.
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In der Zwischenzeit haben Sie das Projekt Prime Tower in Zürich West, dem In-Quartier in Zürich in Angriff genommen. In der Presse war zu vernehmen, dass Sie den jährlichen Mietpreis für das zuoberst angesiedelte Restaurant von CHF 1, Mio. auf «fast die Hälfte» gesenkt hätten. Doch auch diese Miete scheint auch für Gastronomen wie Rudolf Bindella zu hoch zu sein. Anscheinend laufen Verhandlungen mit potentiellen Mietern wie den SV Schweiz. Mussten beim Prime Tower erheblich ? konjunkturbedingte ? Mietzinskonzessionen im Vergleich zu den geplanten Erträgen eingegangen werden?
Es stimmt, dass Verhandlungen mit verschiedenen Interessenten laufen. Sie verstehen aber sicher, dass wir darüber keine Auskunft geben können. Uns ist wichtig, dass eine Gastronomie angeboten wird, die der Leuchtturmfunktion des Prime Towers gerecht wird. Der künftige Gastronomiepartner muss zum Prime Tower, zu seinen Mietern und zu Zürich-West passen. Er muss in der Lage sein, das einmalige Potenzial dieses Standorts zu nutzen. Wir sind überzeugt, dass sich hier Frequenzen und Umsätze erzielen lassen, die Mieteinnahmen im Rahmen unserer Erwartungen ermöglichen.
Im Übringen sind von den Neubauten auf dem Maag-Areal, d.h. dem Prime Tower und den Gebäuden Cubus, Diagonal und Platform bereits 68% vermietet. Im Prime Tower sind derzeit nur noch sieben zusammenhängende Geschosse frei.
Für das laufende Jahr wollen Sie Ihr Portfolio weiter straffen und planen Käufe, bzw. Investitionen von CHF 250 bis 300 Mio. CHF bei voraussichtlichen Verkäufen von CHF 300 bis 400 Mio. CHF. Wie sieht Ihr optimales Portfolio aus?nbsp;
Das qualitative Ziel ist uns wichtiger als das quantitative. Wir peilen nicht eine bestimmte Portfoliogrösse an, sondern sind bestrebt, die Qualität und das Ertragspotenzial unserer Liegenschaften laufend zu optimieren. Dabei sind wir flexibel genug, um ? als Käufer oder Verkäufer ? sich bietende Marktopportunitäten zu ergreifen.
Im September 2009 konnten Sie mit der Arealüberbauung Stücki in Basel das Einkaufszentrum und das Hotel eröffnen und verbuchen einen Vermietungsstand von 95%. Die Realisierung der fünften und letzten Etappe ist angelaufen und dürfte Mitte 2011 abgeschlossen sein. Ende 2009 betrug der Vermietungsstand 53%. Welche Ziele setzen Sie in dieses Projekt?
Wir glauben an die Lage und an das Potenzial des Stücki Business Park. Nach Fertigstellung der fünften und letzten Etappe Mitte 2011 werden 37’000 m2 Gewerbe- und Büroflächen zur Verfügung stehen. Sie eignen sich für Firmen, für welche die Nähe zum Forschungs- und Wissensstandort Basel oder zum Pharmasektor wichtig ist. Es ist kein Zufall, dass die weltweit aktive Medartis AG, die auf hochpräzise Implantate spezialisiert ist, im Business Park ihren Hauptsitz eingerichtet hat. Der Business Park liegt im Dreiländereck Schweiz-Deutschland-Frankreich, ist über die nahe Autobahn sehr leicht erreichbar und gut ans öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Die Nachbarschaft zum Stücki Einkaufszentrum garantiert zudem eine hohe Visibilität.
«Indem Swiss Prime Site an ihren strengen Anlagekriterien und Renditevorgaben festhält, beugt sie einer Renditenerosion vor. Da unser Immobilienbestand eine ideale Grössenordnung erreicht hat, stehen wir nicht unter einem Ausbaudruck.»
Obwohl in der Schweiz kein Immobilien-Bubble besteht, sind sowohl Pensionskassen, als auch Immobiliengesellschaften in einem Anlagenotstand, was sich einem Kaufdruck auf dem aktuellen Immobilienmarkt niederschlägt. Führt dieser Anlagenotstand nicht auf eine Verwässerung Ihrer aktuellen Portfolio-Rendite?
Indem Swiss Prime Site an ihren strengen Anlagekriterien und Renditevorgaben festhält, beugt sie einer Renditenerosion vor. Da unser Immobilienbestand eine ideale Grössenordnung erreicht hat, stehen wir nicht unter einem Ausbaudruck. Trotzdem halten wir die Augen für Zukäufe offen. Zudem werden wir uns verstärkt in der Immobilienentwicklung engagieren, wo das Renditegefüge noch weitgehend intakt ist.
Der renomierte Immobilien Consulting Gesellschaft Wüest & Partner weist darauf hin, dass schweizweit die Anträge auf Baubewilligungen im vergangenen Jahr um 25%, in den fünf grössten Städten gar um 90% gefallen sind. Anderseits zeigt sich der Trend, dass grössere Projekte in Gebieten realisiert werden, die günstiger zu stehen kommen. Also nicht mehr in Städten, sondern in Agglomerationen oder gar auf dem Land. Sie hingegen konzentrieren Ihre Investitionen auf Ballungsgebiete, ja Stadtzentren.
Daran wird sich nichts ändern. Unser Fokus liegt auf Prime Sites. Die Anleger sind damit gut gefahren. Dies zeigt sich auch an der Ausschüttung von CHF 3.50 für das Geschäftsjahr 2009. Sie erfolgt wiederum über eine Nennwertreduktion und ergibt eine Barrendite von 6.0% auf den Jahresschlusskurs von CHF 58.00.
Bezüglich der Übernahme der Jelmoli-Gruppe durch Swiss Prime Site hört man keine euphorischen Kommentare, sondern eine nüchterne Berichterstattung. Auch ist die Konsoliderung per 31. März 2010 abgeschlossen. Sind Sie wirklich glücklich mit der Jelmoli Gruppe?
Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir die Zahlen sprechen lassen können. Der im November 2009 gestartete Prozess zur Integration der Jelmoli-Gruppe und ihrer 130 Immobilien wurde termingerecht abgeschlossen. Auch die Planung für die steuerlichen und rechtlichen Strukturanpassungen sind abgechlossen. Seit April 2010 sind alle Jelmoli-Liegenschaften im bewährten Management- und Reportingsystem von Swiss Prime Site erfasst. Erstklassige Leistungen sind uns wichtiger als euphorische Kommentare.
Der Gesprächspartner
Markus Graf ist diplomierter Architekt HTL/STV. Nach Führungsaufgaben in mehreren Bau- und Immobilienunternehmen nahm Graf 1995 seine leitende Tätigkeit bei Credit Suisse AG, Real Estate Asset Management, Zürich, auf (Managing Director). Seit 1.12.2000 ist er Geschäftsführer von Swiss Prime Site.
Markus Graf ist Präsident des Verwaltungsrats folgender Gesellschaften der Swiss Prime Site-Gruppe: SPS Immobilien AG, Olten, SPS Immobilien Residenz AG, Olten, Société Immobilière Rue Céard No. 14, Olten, SPS Beiligungen Alpha AG, Olten, SPS Beteiligungen Beta AG, Olten, und SPS Beteiligungen Gamma AG, Olten. Er hat Verwaltungsratsmandate bei der Wincasa AG, Winterthur, der Société Internationale de Placements, Basel, und ist Aufsichtsrat bei der Credit Suisse Asset Management Immobilien Kapitalanlagegesellschaft mbH, Frankfurt am Main. Zudem ist er Mitglied des Stiftungsrats der Credit Suisse Anlagestiftung, Zürich.
Im Schweizerischen Anlagefondsverband (Swiss Funds Association) ist er seit 2002 Vorsitzender des Fachausschusses «Immobilienanlagefonds». Ferner ist er Beirat des CUREM (Center for Urban & Real Estate Management), Zürich.
Das Unternehmen
Swiss Prime Site ist das führende Schweizer Unternehmen für Immobilienanlagen. Die Unternehmung ist seit April 2000 an der SIX Swiss Exchange kotiert. Ihr Portfolio hat einen Wert von rund 8,1 Mrd. CHF und besteht primär aus Detailhandels- und Geschäftsimmobilien an bevorzugten schweizerischen Wirtschaftsstandorten.
Mit ihrem hochwertigen Immobilienportfolio, dem effizienten Geschäftsmodell sowie der risikooptimierten Anlagestrategie hat die Gesellschaft nicht nur in der Schweiz neue Standards gesetzt. Swiss Prime Site investiert konsequent in Qualitätsimmobilien, die strengen Anlagekriterien genügen. Aus der nachhaltigen Umsetzung dieser Strategie ist in wenigen Jahren eines der ausgewogensten Immobilienportfolios der Schweiz entstanden. Es enthält Immobilien an bevorzugten Lagen in Schweizer Wirtschaftszentren, vorab in Zürich, Genf und Basel. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Geschäfts- und Retailimmobilien.