Markus Gröninger, CEO CSC Schweiz: «Fokussieren heisst auch Verzichten»

Von Helmuth Fuchs

Herr Gröninger, die CSC hat vor allem auch in der Schweiz einen erstaunlichen Wandel hinter sich: Vom «Body-Leasing» (Mitarbeit für spezifische Aufgaben, zum Beispiel Programmierung, in Kundenprojekten) zum Outsourcer in multinationalen Projekten. Wie ist dieser Wandel zustande gekommen, was hat den Ausschlag dafür gegeben?

Markus Gröninger: CSC hat sich weltweit von einem Konglomerat von vielen, unabhängigen Firmen zu einem integrierten, globalen Konzern gewandelt. Dies ist eine notwendige Voraussetzung für das, was wir als eine unserer Kernkompetenzen betrachten, nämlich das Umgehen mit Komplexität, sei das in grösseren Projektvorhaben oder im Outsourcingmarkt. Genau dies sind die Fähigkeiten, die heute am Markt von immer anspruchsvolleren Kunden gefragt werden. In diesem Sinne hat CSC Schweiz einen Wandel hinter sich, indem wir uns stärker in das globale CSC Netzwerk integriert haben und somit besser von den Stärken der globalen CSC profitieren können.

Sie fokussieren sich in der Schweiz sehr bewusst auf wenige Grosskunden, die selbst international tätig sind und für Outsourcing Projekte in Frage kommen. Das heisst, dass der gesamte KMU Markt ausgelassen wird. Wie wirkt sich das auf die Verkaufszyklen und das Risikomanagement aus?

CSC verfolgt die Strategie, sich primär auf grosse Organisationen und global tätige Unternehmen zu fokussieren, nicht zuletzt aus dem Grund, dass wir in diesem Umfeld unsere Stärken optimal nutzen können. Diese Fokussierung macht auch von Kundenseite her Sinn. Viele unserer Stärken bringen einer kleinen KMU ev. nur einen begrenzten Mehrnutzen. Grundsätzlich arbeiten auch von der Kultur her KMUs oft mit KMUs und global tätige Unternehmen vorzugsweise mit Firmen ähnlicher Ausrichtung und Grösse zusammen. Wir kennen unsere Stärke und wollen uns auch diese fokussieren. Und Fokussieren heisst auch Verzichten, so z. B. auf den für andere Marktteilnehmer durchaus attraktiven KMU Markt.

«Für die Schweiz bedeutet das selbstverständlich, dass es Veränderungen geben wird. Gewisse Tätigkeiten werden ins Ausland verlagert werden, ähnlich wie in der Fertigungsindustrie vor 20 Jahren. Der Megatrend war die Globalisierung in der Industrie. Ähnliches lässt sich auch für den Dienstleistungssektor prognostizieren.»  Markus Gröninger, CEO der CSC Schweiz 

Mit dem Application Outsourcing Abkommen im Umfang von 1.3 Milliarden Dollar mit der Zurich Financial Services haben Sie 2004 eines der weltweit meist beachteten und prestigeträchtigsten Projekte gewinnen können. Die Zurich übergibt Ihnen mit den Aufgaben auch gleich noch die Mitarbeiter und erhofft sich über die Zeit der Vereinbarung (7 Jahre) 20% Einsparungen. Wie können Sie mit den gleichen Mitarbeitern bessere Qualität zu tieferen Kosten liefern?

Der Nutzen einer solchen Vereinbarung besteht nicht ausschliesslich aus Kosteneinsparungen, sondern auch aus höherer Flexibilität resp. Agilität. Die Kosteneinsparung resultiert aus einer Kombination von verschiedenen Massnahmen. Die Zurich Financial Services profitieren von unserer Möglichkeit, effizient und global auf Nachfrageschwankungen bei Applikationsdienstleistungen zu reagieren.

Zudem haben wir durch die konsequente Standardisierung und unsere globale Marktposition Skalenvorteile. Globale Prozesse, die von über 45’000 Menschen innerhalb der CSC genutzt werden, das Aufbrechen der Wertschöpfungskette, vermehrte Automatisierung sowie standardisierte Prozesse erlauben uns ein effizienteres Arbeiten.

Die Fokussierung auf international tätige Kunden bedeutet auch, dass Sie in der Schweiz sehr auf die Zusammenarbeit mit Ihren ausländischen Kollegen angewiesen sind. Ihre Kunden haben zwar oft den Hauptsitz in der Schweiz, aber den gewichtigeren Teil der Operationstätigkeit im Ausland. Was bedeutet das bezüglich Entscheidungsfähigkeit und Kompetenzen für Sie als Länderverantwortlicher?

Es ist richtig, CSC Schweiz ist Teil des globalen Netzwerkes. Unsere globalen Kunden erwarten von uns, dass wir weltweit einheitlich und standardisiert funktionieren. Diesen Anspruch können wir nur mit teamorientierten und teamfähigen Mitarbeitern umsetzen, die in der Lage sind in internationalen Teams mitzuwirken und entsprechend auch übergeordnete Spielregeln zu akzeptieren. Dies gilt auch für den Markt der CSC Schweiz.

Im internationalen Outsourcing gibt es einen unverkennbaren Trend zu so genannten «Billig-Lohn Ländern» wie zum Beispiel Indien oder ehemalige Ostblockländer. Gerade in einem internationalen Konzern wie der CSC wird es möglich sein, praktisch alle Leistungen zu den weltweit attraktivsten Konditionen zu beziehen (Offshore-, Nearshore-Development). Welche Möglichkeiten sehen Sie hier für die Schweiz mitzuhalten? Was können wir tun, um auch in Zukunft noch Informatik-Arbeitsplätze anbieten zu können?

Die globale Zusammenarbeit und die ganze Industrialisierung unserer Branche sind ein absolutes Muss. Um Prozesse stärker zu industrialisieren, brauchen wir die Aufteilung der Wertschöpfungsketten. Je besser die Prozesse trennbar sind, desto unabhängiger sind wir in der Entscheidung, wo einzelne Dienstleistungen verrichtet werden.
Für die Schweiz bedeutet das selbstverständlich, dass es Veränderungen geben wird. Gewisse Tätigkeiten werden ins Ausland verlagert werden, ähnlich wie in der Fertigungsindustrie vor 20 Jahren. Der Megatrend war die Globalisierung in der Industrie. Ähnliches lässt sich auch für den Dienstleistungssektor prognostizieren.


Andererseits entstehen auch wieder neue Chancen, neues Know-how und Arbeitsplätze aufzubauen, vor allem in kundennahen aber auch branchenspezifischen Bereichen. Die Perspektiven in der Schweiz liegen in anspruchsvollen Tätigkeiten, die Kundennähe beinhalten oder sich technologisch an vorderster Front bewegen, wie z. B. die Umsetzung von Business Process Management (BPM) oder von serviceorientierten Architekturen (SOA) in die Praxis.

In Zusammenarbeit mit der Zuger Kantonalbank haben Sie in der Schweiz auf Basis von SAP Software eine Retail-Bankenplattform, die Swiss Banking Platform, entwickelt. Wie strategisch ist diese Entwicklung im Vergleich mit Ihrem Fokus auf das Outsourcing Geschäft und wie wollen Sie sich in diesem spezialisierten Markt gegen Anbieter wie zum Beispiel Finnova und Avaloq durchsetzen?

Das Lösungsgeschäft ist weltweit innerhalb der CSC strategisch, insbesondere im Finanzbereich. Die Bankenindustrie steht an der Schwelle zur Industrialisierung. In diesem Zusammenhang wird das Aufbrechen der Wertschöpfungskette immer aktueller, was heute als Value Net Banking bezeichnet wird, wie zum Beispiel das Auslagern der Wertschriften oder das Fokussieren als Vertriebsbank. Und genau hier unterscheidet sich unser Angebot von traditionellen Lösungsansätzen. Die Swiss Banking Platform basiert auf der globalen CSC e4-Architektur und ist speziell für diese zukunftsgerichtete Art des Bankings entwickelt worden.

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In der neuesten Entwicklung im Outsourcing werden Teile oder ganze Bereiche von Geschäftsprozessen ausgegliedert. So wickeln Sie für die Swiss Re Life & Health die komplette Bearbeitung der Policen sowie einen Teil der Akquisition ab. Faktisch wird die CSC somit zum Versicherer. Was ist die Strategie dahinter und wie gross ist hier das Risiko der Verzettelung der Kräfte?

Der Outsourcingmarkt kann heute in drei Segmente gegliedert werden:
Erstens das Infrastruktur Outsourcing, in dem das IT-Outsourcing seinen Ursprung hat.

Zweitens das Applikations-Outsourcing, in diesem Segment wird ein hohes Wachstum erwartet.

Drittens das Outsourcing von ganzen Geschäftsprozessen. Diese Domäne verfügt über ein enormes Potential und ist für CSC ein interessanter Zielmarkt. CSC hat sich neben dem traditionellen IT-Outsourcing bewusst auch in Richtung Applikations-Outsourcing und Prozess-Outsourcing bewegt und diese Ausrichtung ermöglicht künftig in diesen Märkten ein nachhaltiges Wachstum.


Die Neuausrichtung in der Schweiz ist geglückt, in Europa gewinnen Sie fast einen Viertel aller Outsourcing Aufträge, die Strategie der CSC ist weltweit erfolgreich. Was sind Ihre nächsten Ziele mit der CSC in der Schweiz und wo sehen Sie die CSC in fünf Jahren

Bei der Entwicklung der CSC Schweiz müssen wir berücksichtigen, dass CSC ein Teil des globalen CSC-Netzwerkes ist. Im IT-Markt wird es eine Konsolidierung geben, insbesondere in Europa, wo der Markt noch stärker fragmentiert ist als beispielsweise in den USA. Eine solche Konsolidierung auf europäischem oder globalem Niveau kann auch einen Einfluss auf die Entwicklung der CSC und somit auch von uns in der Schweiz haben.

Einerseits werden wir unser ambitiöses Wachstum mit starkem Fokus auf komplexe Vorhaben in den Bereichen Consulting und Systemintegration sowie Outsourcing anstreben, primär fokussiert auf grosse Unternehmen und Organisationen. Andererseits wird unsere Entwicklung auch von der Entwicklung des globalen IT- Marktes beeinflusst.


In der Schweiz wird die Debatte um eine Annäherung an die EU sehr emotional geführt. In Ihrer Funktion arbeiten Sie in allen Projekten mit Kollegen aus aller Welt zusammen. Wie beurteilen Sie den Weg der Schweiz, soll oder muss er in die EU führen, oder ist die Alternative des Alleingangs attraktiver? 

Faktum ist, dass die Schweiz bezüglich sämtlicher Indikatoren einem negativen Trend folgt. Konkret gesprochen ist die Schweiz z.B. das einzige OECD-Land, dessen Bruttosozialprodukt in den neunziger Jahren nicht gewachsen ist. Zudem ist unsere Staatsquote überproportional gewachsen. Eines der Kernprobleme ist, dass wir uns in vielen Beziehungen in einem geschützten Binnenmarkt bewegen. Aus dieser Abschottung heraus ist der notwendige Druck für eine umfassende Strukturbereinigung noch nicht im notwendigen Masse vorhanden. Eine Öffnung der Märkte durch die Annäherung an Europa wird diesen Druck verstärken.

In den Outsourcing Projekten sind sowohl die Entwicklung der Informations-Technologie als auch die Neugestaltung von Geschäftsprozessen für den Erfolg entscheidend. Wo sehen Sie die wichtigsten Trends der kommenden Jahre für das Geschäft der CSC?

Viele Märkte und Industriezweige, gerade auch im Bereich der Dienstleistungen wie Banken und Versicherungen stehen an der Schwelle zur Industrialisierung. Globale Prozesse, das Aufbrechen der Wertschöpfungskette sowie Reduktion der Fertigungstiefe werden immer mehr zur normalen Praxis. Dies stellt neue Anforderungen an das Zusammenspiel von Business und IT: Hier haben sich entscheidende Technologien wie Business Process Management (BPM) oder serviceorientierte Architekturen (SOA) zur Marktreife entwickelt, die sowohl den Anwendermärkten als auch dem IT-Markt neue Impulse und Dynamik geben werden. Der Outsourcingmarkt wird von dieser Entwicklung profitieren und in den nächsten Jahren nachhaltig wachsen.

Sie haben zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?

Erstens hoffe ich, dass es die Schweiz schafft, trotz dem veränderungsresistenten politischen System, die dringend notwendigen Reformen anzugehen und umzusetzen, um schliesslich wieder auf den Erfolgskurs zurückzukehren. Zweitens hoffe ich, dass wir es mit diesen Veränderungen auch einen Beitrag an die Lebensqualität leisten können, indem wir bewusst mit dem Thema Worklife-Balance umgehen.





Markus Gröninger

47, ist seit dem 1. April 2002 CEO
von CSC Switzerland GmbH.


Markus Gröninger hat an der ETH in Zürich studiert und dort das Diplom als diplomierter Elektroingenieur ETH sowie ein Nachdiplom in Betriebswissenschaften erworben. Zusätzlich hat er ein Executive-Programm an der INSEAD, Fontainebleau (F) absolviert.


Markus Gröninger kann auf eine breite Erfahrung in der IT Branche und im Speziellen im Bereich Professional Services vorweisen. Vor seiner Tätigkeit bei CSC war er im Sales und in verschiedenen Managementfunktionen bei Digital Equipment Corporation (DEC) tätig. Er war Leiter Applications Divisions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Systor, war als Partner am Aufbau eines Start-up-Unternehmens beteiligt und danach General Manager und Delegierter des Verwaltungsrates der Integris Suisse AG (vormals Bull Schweiz AG). Dort war er ebenfalls als General Manager und Vorstandsvorsitzender der Integris AG in Österreich tätig und war verantwortlich für deren Geschäftsentwicklung.


CSC
Die deutschsprachigen Gesellschaften CSC Austria AG, CSC Ploenzke AG (Deutschland) und CSC Switzerland GmbH bilden gemeinsam die grösste kontinentaleuropäische Tochter des weltweit tätigen Konzerns Computer Sciences Corporation, El Segundo/USA. Vertreten an rund 30 Standorten im deutschsprachigen Raum.
CSC Switzerland ist eine GmbH und wurde 1978 gegründet. Die CSC Switzerland GmbH ist zertifiziert nach ISO 9001: 2000.

Mitarbeiter:

CSC Switzerland: 750
(Stand: 31. Dezember 2004)

CSC in Central Europe*): rund 5.000
(Stand: 31. Dezember 2004)

CSC weltweit: rund 79.000 in laufenden Geschäftstätigkeiten
(Stand: 31. Dezember 2004)

Umsatz:

CSC in Central Europe*): 575 Millionen Euro
(Geschäftsjahr 2003/2004)

CSC weltweit: 13,9 Mrd. US-$ aus laufenden Geschäftstätigkeiten
(zum 31. Dezember 2004)

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