Markus Naegeli, CEO Canon (Schweiz)

Von Jolanda Lucchini


Moneycab: Sie haben im  Dezember 2007 nach dem überraschenden Rücktritt Ihres Vorgängers die Funktion des  Präsidenten und CEOs von Canon (Schweiz) AG übernommen. Welches war das dringendste Problem, das es für Sie zu lösen galt?

Markus Naegeli: Nach einer kurzen Lagebeurteilung zusammen mit dem Management-Team setzte ich den Fokus darauf, Gutes pragmatisch weiter zu führen und Mitarbeitende und Führungsverantwortliche persönlich in die Verantwortung zu nehmen. In der Anfangszeit ging es darum, bei Kunden, Partnern, Mitarbeitenden und Lieferanten das Vertrauen zu sichern, um die anstehenden Aufgaben optimal anpacken zu können.

Im ersten Quartal haben wir die Organisation gestrafft und dynamisiert sowie die Führung durch die mittleren Kader weiter gestärkt. Durch persönliche «Fassbarkeit» und schnörkelloses Führen sind meine Führungskräfte heute daran, die vielfältigen Aufgaben schneller und besser zu erfüllen. Nach der erfolgreichen und wichtigen Umstellung auf das neue ERP (Enterprise Resource Planning) 2007 konnten wir in diesem Jahr unsere Energie und Aufmerksamkeit wieder stärker unseren Kunden und Partnern zuwenden. Als wichtigen Meilenstein gelang es uns im 1. Halbjahr 2008 unsere Kundenzufriedenheit im Service und Support im Geschäftsbereich Canon Business Solutions (CBS) auf ein Rekordhoch von über 91 Prozent zu steigern.



«Wir erwarten ein starkes Wachstum im Bereich der Managed Print Services. Canon übernimmt hier  Leistungen, die bis dato vom Personal des Kunden erbracht werden mussten. Etwa von dessen IT-Abteilung.» Markus Naegeli, CEO Canon (Schweiz)


Die  Canon-Firmenphilosophie Kyosei steht für «zusammen leben und arbeiten für das Wohl aller». Sie fokussiert auf das Gemeinwohl und strebt die Harmonie zwischen Mensch, Natur und Technik an. Was muss Canon investieren, um diese hohe Wertehaltung zu verwirklichen?

Ein globales Unternehmen wie Canon muss gute Beziehungen pflegen – nicht nur mit seinen Kunden und dem Umfeld, in welchem es tätig ist. Ein guter Dialog mit Akteuren aus dem Umweltbereich sowie mit staatlichen Instanzen ist für uns ebenfalls sehr wichtig. In verschiedenen Projekten ist Canon deshalb auf dem Weg, dem Ziel von Kyosei näher zu kommen. So unterstützt Canon unter anderem die Errichtung und Instandsetzung von Schulen in Vietnam oder setzt sich für die Erforschung und den Schutz von Eisbären in der Antarktis ein.

Kein System kann besser sein als die Menschen dahinter, das ist sich auch Canon bewusst.  Aus diesem Grund investiert unser Unternehmen weltweit bedeutende Summen in die Entwicklung und Schulung unserer Mitarbeitenden.


Canon (Schweiz) AG hat im Geschäftsjahr 2007 den Umsatz um 3 Prozent auf 233,5 Millionen Franken gesteigert, die Bruttomarge lag bei 44.7 Prozent. Trotzdem führten die Wechselkursbedingten Margen-Verschlechterung und unerwartet hohe Aufwendungen für ein ERP-System zu dem konsolidierten Jahresverlust von 3,8 Millionen Franken.  Welche Massnamen haben Sie ergriffen? Und welche Resultate hat das bereits gezeitigt? 

Die Geschäftszahlen des Jahres 2007 haben mich dazu bewogen, zusammen mit den Führungskräften der Canon (Schweiz) AG einen Massnahmenplan aufzustellen, welcher das Unternehmen schnellstmöglich wieder zurück in die Gewinnzone bringen soll. Dieser Plan fokussiert auf drei Hauptmassnahmen:












1. Durch eine gezielte Kunden- und Marktbearbeitung sind die jeweiligen Umsatz- und Profitziele in den Geschäftsbereichen zu erreichen.
2. Durch eine konsequente Kostenkontrolle sowie gestärkte persönliche Kostenverantwortung ist die Ertragslage nachhaltig zu verbessern.
3. Durch gezielte Prozess- und Ressourcen-Anpassungen sind die Effizienz und die Effektivität zu verbessern.

Einige dieser eingeleiteten gewichtigen Massnahmen wirken natürlich erst mittelfristig, das heisst in einem Zeithorizont von 12 bis 24 Monaten. Insgesamt geht es aber bei allen Massnahmen darum, die Veränderungsfähigkeit unserer Organisation zu verstärken. Unser Ziel ist es, eine Flexibilität zu erreichen, welche uns marktfähig hält.


Anfang Mai 2008 vermeldete Canon (Schweiz) AG, dass der Geschäftsbereich Canon Business Solution (CBS) seine führende Marktposition dank der starken Nachfrage nach Farbgeräten und Erfolg versprechenden Produktneuheiten im professionellen Druckbereich ausbauen konnte. Was heisst dies in Zahlen?

Gegenüber dem ersten Halbjahr 2007 konnten wir in der gleichen Periode dieses Jahres schweizweit fast 400 Farbgeräte mehr im Markt platzieren. Dies bedeutet einen Marktanteils-Anstieg von 21.6 Prozent auf 22.1 Prozent. Canon wuchs um 5.9 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode während  der gesamte Multifunktionsmarkt in der Schweiz im gleichen Zeitraum lediglich um 0.5 Prozent zunahm. Vor allem die neuen Farb-Produktionsmaschinen im Professional-Print-Bereich – beispielsweise unsere imagePressC 6000VP – und die Auffrischung unserer äusserst erfolgreichen Office-Farbgeräte der iRC-Serie haben dazu beigetragen, dass wir unsere Position im Markt festigen konnten.


Wo liegen – auf den Markt Schweiz bezogen – Ihrer Meinung nach zukünftig Canons Stärken im Geschäftsbereich Business Solutions?

Wir erwarten ein starkes Wachstum im Bereich der Managed Print Services. Canon übernimmt hier  Leistungen, die bis dato vom Personal des Kunden erbracht werden mussten. Etwa von dessen IT-Abteilung. Canon kann beispielsweise direkt vor Ort das Management der gesamten Drucker und Scannerflotte steuern. Weiter sehen wir unsere Stärken in den Bereichen Data Capturing und Archivierung. Um in Betrieben die täglich anfallenden Geschäftsdokumente erfassen und rechtskonform ablegen zu können, ist ein hoher Aufwand an Ressourcen nötig. Der Ansatz von Canon automatisiert diese Abläufe.

Ich gehe davon aus, dass sich zentrale, im Netzwerk eingebundene Multifunktionssysteme weiter etablieren werden. Mit solchen Lösungen können Mitarbeitende von jedem Netzwerk-PC aus unter Berücksichtigung der höchsten Sicherheitsstandards (Security) persönlich an jedem System im Netzwerk (Follow-me-Printing) ihren Druckjob abholen. Solche Systeme arbeiten wesentlich wirtschaftlicher und umweltfreundlicher als ein Maschinenpark mit vielen einzelnen Druckern, Scannern und Faxgeräten. 



«Trotz kurzfristigem Wachstumspotential gehe ich jedoch davon aus, dass der Markt für digitale Spiegelreflexkameras in den nächsten 3 bis 5 Jahren ebenfalls eine Tendenz der Sättigung aufweisen wird.»


$$PAGE$$


Seite 2


Der Geschäftsbereich Canon Consumer Imaging (CCI) verzeichnete 2007 eine flache Umsatzentwicklung.  Einer der Gründe sind die  Sättigungstendenzen im Segment der kompakten Digitalkameras und bei den Druckern. Wie stellt sich die Situation heute in Zahlen dar? Welche Chancen und Gefahren sehen Sie für die Zukunft?

Im Bereich Canon Consumer Imaging spüren wir in diesem Jahr tatsächlich einen besonders hart geführten Kampf um Marktanteile. Dies hat unter anderem damit zu tun, dass die meisten Märkte, in welchen wir tätig sind, bereits gesättigt sind oder zumindest eine Tendenz zur allmählichen Sättigung aufweisen. Potential sehen wir jedoch auch weiterhin bei digitalen Spiegelreflexkameras, High Definition Videokameras sowie bei Laser-Multifunktionsgeräten.

Chancen sehe ich für Canon insgesamt auch im Bereich von Nischenprodukten. Unser Unternehmen setzt alles daran, Trends frühzeitig zu erkennen und diese auf der technologischen Ebene qualitativ hochwertig umzusetzen. Unser Ziel ist es, auch weiterhin im vordersten Feld der technologischen Spitzenreiter einen wichtigen Platz einzunehmen.


Erfreulich muss für Sie die nach wie vor steigende Nachfrage nach digitalen Spiegelreflexkameras sein. Eben ist ihre EOS 5D Mark II auf den Markt gekommen, eine 21 MP-Pixel-Kamera mit Full-HD-Video für 4000 Franken. Anders als bei Kompaktkameras wird der Kunde ein solch hochwertiges Gerät nicht so schnell ersetzen.  Wie schätzen Sie die Marktsättigungsentwicklung im Bereich der Spiegelreflexkameras für die nächsten 3 bis 5 Jahre ein?

Es ist für Canon tatsächlich ein erfreulicher Trend. Man muss die Entwicklungen im Spiegelreflex-Bereich jedoch differenziert betrachten. Die Angebote der Hersteller entwickeln sich nämlich dahingehend, dass sie sich immer feiner auf die Bedürfnisse von spezifischen Marktsegmenten ausrichten. Neben der Canon EOS 1000D und EOS 450D, welche die Ansprüche der meisten Fotografen abdecken, wenden sich die EOS 50D und die von Ihnen erwähnte EOS 5D Mark II an ein Kundensegment mit gehobenen Ansprüchen. Trotz kurzfristigem Wachstumspotential gehe ich jedoch davon aus, dass der Markt für digitale Spiegelreflexkameras in den nächsten 3 bis 5 Jahren ebenfalls eine Tendenz der Sättigung aufweisen wird.


Canon Europa erzielt die höchsten Verkaufserlöse innerhalb der Canon Group – sie steuert insgesamt etwa einen Drittel des Gesamtumsatzes bei. Was ist das Erfolgsgeheimnis der Europäer?

Canon hat in Europa eine optimale Zusammenführung von europäischen Werten sowie der Canon Philosophie erreicht. Die lokale Verankerung unserer Ländergesellschaften wird von unseren Kunden sehr geschätzt. In meiner früheren Position als europäischer Verantwortlicher für Services und Support im Geschäftsbereich Canon Business Solutions konnte ich diese europäische Stärke bei vielen Kunden- und Händlergesprächen unmittelbar erfahren.

Die gute allgemeine Wirtschaftslage  in Westeuropa und die Wachstumsmärkte in Osteuropa sowie der Türkei haben sicherlich ebenfalls dazu beigetragen, dass sich der Umsatz von Canon Europa (Canon EMEA) positiv entwickelt hat. Im Jahr 2007 konnte Canon Europa seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 14.1 Prozent steigern. Obwohl die regionalen Auswirkungen der aktuellen Finanzkrise noch schwierig  abzuschätzen  sind, wird Canon Europa im Bezug auf den Umsatz innerhalb der Canon Gruppe auch weiterhin eine sehr starke Umsatzregion bleiben.


Der Produkte-Lebenszyklus wird im Digitalbereich wegen des rasanten technischen Fortschrittes  immer kürzer. Und die Konkurrenz ist gross. Welche strategischen Konsequenzen ziehen Sie daraus?

War früher eine analoge Kamera während 3-5 Jahren im Verkauf, so werden digitale Modelle heute oft bereits schon nach 6-12 Monaten durch ein noch besseres Nachfolgeprodukt abgelöst. Diese Beschleunigung des Geschäfts stellt für Hersteller wie auch Handel eine grosse Herausforderung dar. So nehmen die Planung sowie die Logistik einen immer höheren Stellenwert bei der Lancierung eines neuen Produktes ein. Zusammen mit dem hohen Preis- und Margendruck führt dies zu einem Verdrängungskampf. Canon ist mit seiner Produktpalette gut aufgestellt, um in diesem sehr kompetitiven Umfeld zu den Gewinnern zu gehören. Für mich ist deshalb entscheidend, dass Produkte mit zukunftsfähigen Konzepten und Dienstleistungen auf den Markt gebracht werden.


Der Erfindergeist der Canon-Ingenieure  hat allein  in Europa zur Anmeldung von über 600 Patenten geführt. Wie viel investiert Canon jährlich in die Forschung? In welche Richtung geht sie?  Welche bahnbrechende Erfindung ist in näherer Zukunft zu erwarten?

Canon möchte auch zukünftig ein nachhaltiges Wachstum gewährleisten können. Dazu intensiviert das Unternehmen seine Forschung, um neue Technologien zu finden und neue Geschäftszweige zu entwickeln. Die Investitionen von Canon in den Bereich Forschung und Entwicklung haben sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt. Im Jahr 2007 gab unser Unternehmen weltweit umgerechnet rund CHF 3,6 Milliarden für die Forschung aus. Dies entspricht rund 8 Prozent unseres globalen Umsatzes. Neben dem Engagement in der Basisforschung und der Entwicklung modernster Techniken in Bereichen wie medizinischer Bildgebung, Robotik für Fabrikautomatisierung und Produktsicherheit, bauen wir auch unsere Zusammenarbeit mit international führenden Forschungsinstituten und Universitäten kontinuierlich aus und konzentrieren uns auf die Entwicklung von Spitzentechnologien.

Der Trend in der Forschung wird zukünftig noch vermehrt in die Richtung energieeffizienterer und umweltschonenderer Technologien gehen. Kopierer und Laserdrucker von Canon sind beispielsweise bereits heute mit integrierten energiesparenden Technologien ausgestattet, welche den Wärmebedarf im Standby-Modus eliminieren und die Aufwärmzeit stark verkürzen. Nach unseren Berechnungen konnten allein dadurch in den Jahren 2000 bis 2007 CO2-Emissionen im Umfang von rund 8 Millionen Tonnen reduziert werden. Canon setzt zudem auch alles daran, dass die Produkte nachhaltig entsorgt werden können.


Sie sind jetzt 10 Monate im Amt. Welches Fazit ziehen Sie? 

Meine Arbeit macht mir grossen Spass, denn meine Mitarbeitenden packen die vielen, vielfach auch grossen Herausforderungen motiviert an. Die positiven Feedbacks von Mitarbeitenden, Kollegen, Partnern und Kunden spornen mich zusätzlich an. Besonders freut mich, dass sich die Canon Mitarbeitenden und insbesondere auch die Kader zunehmend als tragenden Teil der Veränderung sehen und die Führungskultur aktiv mitgestalten. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um Canon als Arbeitgeber attraktiv zu machen, damit wir Talente gewinnen, entwickeln und halten können.







Der Gesprächspartner: 
Der Schweizer Markus Naegeli, 42, studierte an der ETH Zürich Naturwissenschaften und schloss mit dem Doktorat ab. Erste Berufserfahrungen erwarb er sich an der Arizona State University (USA). Anschliessend arbeitete er mehrere Jahre als Businessberater bei verschiedenen Unternehmen der IT- und High-Tech-Industrie. Seine Kernaufgaben umfassten Strategisches Management, Marketing und Supply Chain Management. Es folgte eine mehrjährige Tätigkeit als Channel Operations Director Canon (Schweiz) AG.
Danach wurde Markus Naegeli als European Services & Support Director und Mitglied des European Canon Business Solutions (CBS) Management Team zu Canon Europa nach England geholt.
 
Nach zwei Jahren kehrte er wiederum in seine Heimat zurück: Im Dezember 2007 wurde er CEO und Präsident von Canon (Schweiz) AG.


Das Unternehmen:
Nach der Firmengründung im Jahr 1937 entwickelte sich Canon zu einem weltweit aktiven und in den verschiedensten Märkten engagierten Unternehmen: Business Solutions, Consumer Imaging, Broadcast & Communications, Medical Systems und Industrial Products. Mit einem jährlichen Nettoumsatz von 3,467 Billionen Yen und mit weltweit 118.000 Mitarbeitern in fast 200 Unternehmen ist Canon eine der namhaftesten und angesehensten Unternehmensgruppen der Welt.

Schreibe einen Kommentar