Moneycab: Herr Tavernier, gegenüber den eher schwachen Vorjahren hat sich die wirtschaftliche Lage der schweizerischen Aluminiumindustrie im letzten Jahr besser entwickelt. Wie schätzen Sie das Resultat ein?
Bei der Halbzeugproduktion sprechen wir mit 192’000 Tonnen von einem Rekordjahr. Dies entspricht einer Zunahme von 2.7 Prozent. Wir müssen jedoch auch festhalten, dass in Europa gesamthaft eine Steigerung um 6% erzielt wurde.
Der Netto-Aluminium-Einsatz in der Schweiz lag bei 172’600 Tonnen oder einer Pro-Kopf-Nutzung von 23,6 Kilo (+ 12,4) Prozent. Welches sind die bedeutendsten Einsatzgebiete?
Mit jeweils rund 18% sind der Transport und der Bausektor die wichtigsten Absatzmärkte, gefolgt von der Verpackung und dem Industriebereich mit je 15%.
«Der Rückgang bei den Inlandablieferungen ist vor allem auf Importe aus dem asiatischen Raum für weniger anspruchsvolle Teile zurück zu führen, wie zum Beispiel Vorhangschienen, Duschtrennwände, etc. Da hat es die Schweizer Industrie schwer, konkurrenzfähige Preise anzubieten.» Markus Tavernier, Präsident Aluminium-Verband Schweiz
Der Transportsektor und die Industrie profitierten von guten Export-Resultaten. Die schweizerischen Halbzeugwerke lieferten 192’000 Tonnen, wovon rund 80 % ins Ausland geliefert wurden. Mit dem diesem Resultat dürften Sie zufrieden sein, nicht aber mit den Inlandablieferungen, die noch leicht tiefer waren als 2003?
Unsere Industrie ist traditionell eine Export orientierte Industrie. Viele Abnehmermärkte wie beispielsweise der Automobilbau liegen im nahen Ausland. Das erklärt den hohen Exportanteil. Der Rückgang bei den Inlandablieferungen ist vor allem auf Importe aus dem asiatischen Raum für weniger anspruchsvolle Teile zurück zu führen, wie zum Beispiel Vorhangschienen, Duschtrennwände, etc. Da hat es die Schweizer Industrie schwer, konkurrenzfähige Preise anzubieten.
Innerhalb des Transportsektors hat sich vor allem der Automobilbau weiter entwickelt. Wo liegen die Gründe für das Wachstum in diesem Bereich?
Nebst dem Mengenwachstum von Gussteilen und Strangpressprodukten konnte vor allem auf der Einsatz von Aluminium-Karosserieblechen um 20 Prozent zulegen. Immer mehr Automobilhersteller setzen auch bei der Karosserie auf das Leichtmetall Aluminium – und dies nicht mehr nur im höheren Preissegment.
Grösstes Sorgenkind der Aluminiumindustrie bleibt das Bauwesen. Wie war hier die Entwicklung im vergangenen Jahr?
Grosse Bauvorhaben fehlten im vergangenen Jahr und einige wichtige Projekte wurden zu Tiefstpreisen vergeben.
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Haben Sie Hoffnung, dass sich die Lage in diesem Bereich bald bessern wird?
Im Jahre 2005 sind einige wichtige Projekte in der Realisationsphase und werden zu einer vorübergehenden Mengensteigerung führen. Leider können zurzeit die Margen diesem Trend nicht folgen, da die Verkaufspreise weiterhin stark unter Druck sind. Langfristig betrachtet wird die heimische Aluminiumindustrie in Zukunft noch stärker gefordert sein. Doch rechnen wir damit, dass die Nachfrage nach leichten, einfach zu verarbeitenden und rasch zu montierenden Konstruktionen weiter steigen werden. Gerade in diesem Umfeld kann Aluminium seine Stärken ausspielen.
Der Rohmetallausstoss in der einzigen Aluminiumhütte der Schweiz bei Alcan in Steg/VS erhöhte sich im vergangenen Jahr um 2,3 % auf 44’900 Tonnen. Weltweit stieg die Produktion um 3 %, die weltweite Nachfrage schnellte hingegen um 9,5 % in die Höhe. Wie konnte die Differenz gedeckt werden?
Diese höhere Nachfrage gegenüber der Produktion konnte durch eine Verringerung der Lagerbestände sowie durch Recyclingaluminium gedeckt werden.
Der Aluminium-Verband der Schweiz schätzt die Perspektiven für das laufende Jahr positiv ein. Was für Wachstumszahlen erwarten Sie und worauf beruht Ihre Zuversicht
Gemäss einer kürzlichen Umfrage bei den drei Schweizer Presswerken lag der Bestellungseingang bei guter Kapazitätsauslastung 3.5% über dem Vorjahr. Der Trend zur Leichtbauweise wird auch in den kommenden Jahren anhalten. Und da bietet der Werkstoff Aluminium mit seinen hervorragenden Eigenschaften viel Potential.
Sie sind nicht nur Präsident des Aluminium-Verbandes Schweiz, sondern auch Geschäftsleiter der IGORA-Genossenschaft für Alu-Recycling. Aluminium gehört zu den wichtigsten Werkstoffen, die immer wieder in den Stoffkreislauf zurückkommen. Wie sah beim Recycling die Entwicklung im letzten Jahr aus?
Rund 9 von 10 Getränkedosen gehen ins Recycling, bei den Tierfutterschalen aus Aluminium sind es 80%, bei den Tuben und den Kaffekapseln sind es rund die Hälfte. Im Transportbereich liegt die Recyclingquote bei 90%. Eine neue Studie der European Aluminium Association zeigt auf, dass Aluminium aus dem Bauwesen zu über 90% recycelt wird.
Letzte Frage: Neben Getränkedosen, Tierfutterschalen und Tuben sind in den letzten Jahren vermehrt auch Kaffeekapseln aus Aluminium zu Recycling-Thema geworden. Im November letzten Jahres hat die IGORA mit Nespresso eine verstärkte Partnerschaft beim Sammeln der gebrauchten Kapseln vereinbart. Wie sehen die ersten Erfahrungen aus?
Auch hier können wir eine sehr positive Bilanz ziehen. Die Zusammenarbeit funktioniert hervorragend. Wir unterstützen Nespresso in der Recycling-Kommunikation und sind bestrebt, zusammen mit Nespresso, das Sammelnetz insbesondere in überwachten Gemeindesammelstellen auszuweiten. Das gemeinsame Ziel ist, die Recyclingquoten auch in diesem Bereich zu erhöhen.
Markus Tavernier
Präsident Aluminium-Verband Schweiz
Verheiratet, eine Tochter
Beruflicher Werdegang:
Markus Tavernier studierte an der Uni Zürich Betriebswirtschaft.
1980 trat er in die Unternehmsgruppe Alusuisse-Lonza ein. Tätig war er dort in den Sparten Controlling und Administration, später arbeitete er als Assistent des geschäftsführenden Ausschusses.
Seit 1989 ist Markus Tavernier Geschäftsleiter der IGORA-Genossenschaft für Alu-Recycling und seit 1994 Präsident des Aluminiumverbandes Schweiz. Zudem ist er Mitglied im Vorstand des Schweizerischen Vereins für umweltgerechte Getränkeverpackung (SVUG), des Schweizerischen Verpackungsinstitutes (SVI) sowie des Vereins Swiss Recycling.
Der Aluminium-Verband Schweiz
Der Aluminium-Verband mit Sitz in Zürich ist der Branchenverband der schweizerischen Aluminiumindustrie.
Als deren Interessengemeinschaft setzt er sich zur Förderung der Produktion, Verarbeitung, Veredelung, Verwendung und Wiederverwertung sowie des Handels mit Aluminium und seinen Fabrikaten ein.
Die ökologischen, ökonomischen und technischen Vorteile des Werkstoffes Aluminium werden durch eine aktive und permanente Öffentlichkeitsarbeit kommuniziert.
Als Informations- und Dokumentationsstelle vertritt der Verband die Interessen einer leistungsfähigen schweizerischen Aluminiumindustrie und deren Arbeitsplätze.