Martin Kall: «Der Kurs der Tamedia-Aktie wird wieder steigen»


Wie alle Verlage leidet auch die Tamedia unter dem scharfen Rückgang des Inserategeschäfts. Das Zürcher Verlagshaus stehe aber finanziell sehr solide da, sagt CEO Martin Kall im Moneycab-Interview.

Von David Strohm


Bietet «20 Minuten» die Stirn: CEO Martin Kall (keystone)
Moneycab: Herr Kall, Sie sind nun fast ein Jahr im Amt, haben in der Tamedia umgebaut und abgebaut. Was haben Sie persönlich erreicht, und was nicht?
Martin Kall: Ich konnte mich einarbeiten in die Materie und einfügen in das Team. Gemeinsam mit dem Verwaltungsrat habe ich die Spitze des Unternehmens personell und organisatorisch erneuert. Zudem ist die Strategie, die wir verfolgen, bestätigt und ergänzt worden. Und wir haben im dem für uns wichtigen Zeitungsbereich einen neuen Titel angekündigt. Jetzt muss ich mich persönlich und das Unternehmen als Ganzes an dem messen lassen, was wir tatsächlich leisten.


Das Branchenumfeld bleibt auch in diesem Jahr rauh, die Aussichten trübe. Welche Massnahmen werden Sie in den nächsten Monaten treffen, um die Erträge zu sichern?
Die kurzfristig und verhältnismässig einfach umzusetzenden Massnahmen haben wir in den letzten 18 Monaten bereits angepackt, etwa die Schliessung von TV3. Jetzt werden wir uns auf diejenigen Bereiche konzentrieren, wo wir mit der Rendite nicht zufrieden sind. Dies kann aber sowohl durch Einsparungen als auch durch Investitionen geschehen. Bei Tamedia gehtes jetzt um die langfristig bedeutenden Vorhaben.

Nächste Wochen startet die neue Pendlerzeitung «Express». Sie haben heute viel moderater von ihrem Mitbewerber «20 Minuten» gesprochen als noch vor einigen Wochen. Warum waren Sie bei der Ankündigung so aggressiv?
Wir können durchaus leise und still ein Vorhaben realisieren, ein Beispiel war der Verlauf unserer 5-Prozent-Beteiligung an der LZ Medien-Gruppe. Wenn uns aber jemand in unserem Heimmarkt die Stellung streitig macht, und uns dort nicht zur Kenntnis nehmen will, dann kann ich auch sehr klare Äusserungen verwenden. Die Wortwahl war auch auf die angelsächsischen und skandinavischen Investoren gerichtet. Die sind sich einen schärferen Ton gewöhnt. Und ich wollte die Branche ein wenig aufrütteln. Die Ankündigung von „Express“ hat Wirkung gezeigt: Tamedia meint es ernst mit diesem Projekt.

Der Bereich Zeitschriften gilt als Sorgenkind innerhalb der Gruppe. Sie erwägen sogar, die sich aus dem Akzidenzdruck zurückzuziehen und die Druckaufträge auszulagern. Wie wollen Sie diese Sparte sanieren?
Das können wir nur tun, indem wir jeden einzelnen Titel anschauen. Unser Portfolio ist sehr heterogen. Wir haben eine breite Palette – von der Jugend- und Frauenzeitschrift, über die Kultur- bis hin zur Familienzeitschrift.Hier gibt es keine einfachen Lösungen. Möglich ist, in weniger Titel zu investieren, oder aber das Gegenteil – viele kleine, spezialisierte Titel zu pflegen. Das ist noch nicht entschieden.

Die Tamedia-Aktie hat sich seit dem Börsengang vor 2 Jahren enttäuschend entwickelt, die Börse bleibt skeptisch. Wo müsste Ihrer Meinung nach der Kurs stehen?
Unsere Hoffnung ist, dass die Investoren eine langfristige Perspektive besitzen. Das Unternehmen wurde in der Vergangenheit vielleicht als überbewertet taxiert. Es wird aber der Zeitpunkt kommen, an dem die Anleger das Unternehmen Tamedia als unterbewert ansehen und zugreifen. Die Substanz hat sich nicht verändert. Die Bilanz ist kerngesund. Die Marge und unsere Reserven sind im Branchenvergleich beachtlich. Solange die Pessimisten die Überhand haben, bleibt die Bewertung tief. Ich selbst bin ein Optimist. Der Kurs wird steigen, aber ich kann Ihnen nicht vorhersagen, wie schnell und wie hoch.

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